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       # taz.de -- Luchse im Harz: Ein Waldbewohner, der Geduld lehrt
       
       > Urlaub im Harz. Schlechtes Wetter, keine Tiere und alles sieht so tot
       > aus. Aber dann wird doch noch alles anders.
       
   IMG Bild: Wenn der Luchs plötzlich auf dem Waldweg erscheint
       
       Urlaub im Harz, diesem eigenwilligen Gebirge fast genau in der Mitte des
       Landes. Düster war er einst, wie der Schwarzwald, Fichten dicht an dicht.
       Fichten gepflanzt von uns Menschen, weil sie schnell wuchsen und sich ihr
       Holz gut verkaufen ließ. Heute sieht es hier anders aus.
       
       Wir gehen auf eine Wanderung, mit leichtem Gepäck. Es ist Karsamstag, das
       ganze Land liegt unter einer Wolke Staub, den der Wind aus der Sahara
       Nordafrikas hierhergeblasen hat. Die Sonne scheint trüb wie durch eine
       Milchglasscheibe, es ist, als würde es für immer dämmern. Wir stellen uns
       vor, die Zivilisation sei ausgelöscht worden, mit ein paar Ausnahmen, zu
       denen wir gehören, und verlaufen uns.
       
       Wir biegen ein auf einen Rückeweg, der wenig später in einer steilen Fläche
       endet. Ein Schlachtfeld. Ein Harvester hat hier Hunderte Bäume gefällt.
       Fichten, überstürzt geerntet von uns Menschen, weil unsere Klimaerwärmung
       ihnen die Kraft nahm, sich gegen den [1][Borkenkäfer] zu behaupten. In
       Baumzeit gerechnet, starben sie alle auf einen Schlag.
       
       Wir kämpfen uns durch dorniges Brombeergestrüpp, laufen auf toten Ästen,
       lang und gebogen wie riesige Mammutstoßzähne. Nur vereinzelt ragen noch
       ergraute Stämme in den Himmel. Sieht so die Apokalypse aus? Wir stellen uns
       vor, wie wir auf Nahrungssuche gehen, und stellen – wieder einmal –
       enttäuscht fest, dass wir hier seit Jahren kein Wild mehr erspäht haben.
       
       ## Die größte Wildkatze Europas
       
       Wir erreichen einen Forstweg, ein paar Meter entfernt stehen in einem
       Polter zivilisiert gestapelt die Reste der Blitzernte. Abenteuer vorbei,
       denke ich. Doch dann bewegt sich da was. Wie versteinert bleiben wir
       stehen. Hinter dem Polter kommt ein großes Tier mit grau-beigem Fell
       hervor, gemächlich, geräuschlos bewegt es sich von uns weg. Ein Luchs, ein
       echter Luchs! Wir schauen uns entgeistert an. Wir können es nicht fassen.
       
       Plötzlich verändert sich der Blick auf die Welt, die uns da zu Füßen liegt.
       Der Luchs spaziert hier herum, weil wir Menschen eine Erkenntnis hatten.
       Dass es nicht richtig ist, dass der eurasische Luchs vor etwa 200 Jahren
       heimatlos wurde und starb wie heute die Fichten. Dass wir ihn brauchen für
       ein intaktes Ökosystem. Anfang der 2000er-Jahre startete das
       [2][Luchsprojekt im Harz], um die größte Wildkatze Europas wieder
       anzusiedeln. Es hatte Erfolg.
       
       Wir folgen dem Luchs, bis er vom Forstweg in den Wald hüpft und
       verschwindet. Ja, in den Wald. Hier stehen sie noch, die Fichten. Und wie
       wir so weiterwandern, fallen uns hier und da kleine Lichtungen auf, wo
       junge Bäume nachkommen. Fichten und auch Buchen. Da fällt mir ein, dass ich
       neulich eine gute Nachricht las: die Dürre im Land sei überwunden.
       
       9 Apr 2024
       
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       ## AUTOREN
       
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