# taz.de -- Karlsruher Urteil zur Vaterschaft: Aus zwei mach drei
> Das Bundesverfassungsgericht hält fest, dass mehr als nur zwei Eltern
> laut Gesetz möglich sind. Justizminister Buschmann geht das alles zu
> schnell.
IMG Bild: Mut zur Patchworkfamilie
Das Bundesverfassungsgericht zeigte Mut zur Patchworkfamilie. Während man
in der Lebensrealität schon lange viele Modelle von Elternschaft sieht –
mit drei, vier oder mehr sozialen Elternteilen –, war die juristische Lage
bisher strikt. Es konnte maximal nur zwei rechtliche Elternteile geben,
alle anderen Bezugspersonen des Kindes haben allenfalls ein Umgangsrecht.
Damit könnte nun aber Schluss sein. Karlsruhe hat noch einmal ins
Grundgesetz geschaut und erkannt, dass dort [1][keine Begrenzung der Zahl
der Elternteile] steht. Ab sofort könnte der Gesetzgeber auch drei
rechtliche Elternteile zulassen, zum Beispiel Mutter, leiblicher Vater und
der neue Freund der Mutter.
Doch Marco Buschmann, der Justizminister der angeblich „progressiven
Koalition“, hat bereits abgewunken. Er will von den neuen Möglichkeiten
keinen Gebrauch machen und nur die Karlsruher Minimalvorgabe – ein
verbessertes Vaterschaftsanfechtungsrecht für leibliche Väter – umsetzen.
Dabei hat die Sachverständigenanhörung im Bundesverfassungsgericht doch
ergeben, dass Kinder [2][durchaus mit mehr als zwei Bezugspersonen]
zurechtkommen, wenn sich alle Eltern liebevoll und verlässlich um sie
kümmern. Was Kindern nicht guttut, ist ständiger und fieser Streit zwischen
den Bezugspersonen. Und den gibt es bekanntermaßen auch bei klassischen
Elternpaaren.
Zwar könnte man vermuten, dass mehr mitspracheberechtigte Elternteile auch
die Wahrscheinlichkeit von Zerwürfnissen erhöht. Aber ist es wirklich für
den familiären Frieden aussichtsreicher, wenn es nur einen rechtlichen
Vater geben darf und der Streit dann vor Gericht ausgefochten wird?
Das Karlsruher Urteil ist jedenfalls klug. Es beseitigt überholte
Restriktionen, zwingt den Gesetzgeber aber nicht, von der neuen Freiheit
Gebrauch zu machen. So können sich Gesellschaft und Politik langsam daran
gewöhnen, dass es [3][auch drei rechtliche Elternteile] geben kann. Und
wenn der Gedanke erst mal kollektiv gereift ist, wird er dann umgesetzt,
vielleicht schon in zehn Jahren.
9 Apr 2024
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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