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       # taz.de -- Abschied aus der Politik: Roth macht Schluss
       
       > Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Michael Roth (SPD) hört 2025
       > auf. Grund für seinen Entschluss ist auch die Entfremdung von seiner
       > Partei.
       
   IMG Bild: Michael Roth will nicht als Politiker in Rente gehen
       
       Berlin taz | Im Sitzungsaal des Auswärtigen Ausschusses hängen die Porträts
       aller ehemaligen Ausschussvorsitzenden. [1][Als die taz den amtierenden
       Vorsitzenden Michael Roth] im vergangenen Jahr begleitete, wies der
       SPD-Politiker auf die Galerie mit den Worten: „Irgendwann hängen sie mich
       dort auch auf.“ Irgendwann, das wird 2025 sein. Denn jetzt hat Michael Roth
       seinen Ausstieg aus der Politik bekannt gegeben.
       
       In einer der taz vorliegenden Erklärung [2][schreibt Roth, dass er im
       Herbst 2025] nicht noch einmal für den Bundestag kandidieren werde. „Ich
       strebe auch kein anderes politisches Amt oder Mandat mehr an.“ Er sei mit
       sich im Reinen und blicke mit Freude auf all das, „was ich bewegen, zum
       Besseren verändern und unterstützen durfte.“ Bis zum Herbst 2025 werde er
       seine Arbeit mit all seiner Kraft und Leidenschaft fortsetzen.
       
       Ganz überraschend kommt diese Ankündigung nicht. Der Außenpolitiker war
       einer der wenigen in der SPD, die von Anfang an und mit großer Vehemenz
       dafür geworben haben, die Ukraine mit Waffen, auch mit schwerem Gerät, zu
       unterstützen. Besonders beliebt ist diese Position bis heute nicht. Es wird
       wohl einer der Gründe gewesen sein, weshalb ihn die Delegierten auf dem
       [3][Parteitag im Dezember] durchfallen ließen, als Roth erneut für den
       Parteivorstand kandidierte.
       
       Zuletzt wurde es auch in der Bundestagsfraktion immer einsamer um Roth. Die
       Fraktion stellte sich lieber hinter Fraktionschef Rolf Mützenich, als der
       laut darüber nachdachte, ob man den Krieg in der Ukraine durch „Einfrieren“
       beenden sollte.
       
       ## Als steige er in einen „Kühlschrank“
       
       Im Interview mit dem Stern hat Roth diese Entfremdung öffentlich gemacht.
       Er habe im letzten Jahr gemerkt, „dass ich mit unseren Sitzungen immer mehr
       fremdele, dass mich die Gremien stören, die Stimmung darin. Wenn die Tür
       zum Fraktionssaal aufging, hatte ich zuletzt den Eindruck, ich steige in
       einen Kühlschrank.“ Dafür trage er eine Mitverantwortung. Er habe
       öffentlich stark für seine Haltungen geworben, das Gespräch mit Kollegen
       aber vernachlässigt.
       
       Roth macht im Stern-Interview kein Hehl aus dem aus seiner Sicht viel zu
       duldsamem Umgang von Fraktion und Partei mit Bundeskanzler Olaf Scholz.
       „Sowohl Partei als auch Fraktion haben sich ihm faktisch untergeordnet. Es
       hängt alles am Kanzler. Das ist in Zeiten, in denen man es nicht allen
       recht machen kann, schlicht eine Überforderung. Politik ist Teamspiel,
       keine One-Man-Show.“
       
       Seit 26 Jahren gehört Roth ununterbrochen dem Bundestag an und vertritt
       dort den hessischen Wahlkreis Hersfeld-Rotenburg. Der 53-Jährige gehört
       damit zu den dienstältesten Sozialdemokraten und Abgeordneten im Parlament.
       Roth, der als Teenager, 1987, in die SPD eintrat, war im Laufe seiner
       langen Parteikarriere auch hessischer Generalsekretär und von 2017 bis 2023
       Mitglied des Parteivorstands. Im Jahr 2019 bewarb er sich gemeinsam mit
       Christina Kampmann um den Posten des Parteichefs, scheiterte aber, genau
       wie Olaf Scholz.
       
       ## Will nicht als Politiker in Rente gehen
       
       In seiner Erklärung bedankt sich Roth dennoch bei der SPD. „Als Kind einer
       Bergarbeiterfamilie, das in Heringen (Werra) geboren wurde, als Erster in
       der Familie Abitur machen und studieren konnte, war mir diese politische
       Karriere alles andere als in die Wiege gelegt.“ Von seiner Partei, dem
       Bundestag und der Bundesregierung habe er viele wichtige Aufgaben
       übertragen bekommen, etwa die des Staatsministers für Europäische
       Angelegenheiten im Auswärtigen Amt von 2013 bis 2021.
       
       Vor zwei Jahren zog sich Roth schon einmal für einige Zeit aus der Politik
       zurück, machte damals seine mentale Krise öffentlich. Auch im
       Stern-Interview spricht er über die Härte des Politik-Betriebs. „Wenn man
       heute Spitzenpolitik betreibt, muss man sich fast komplett aufgeben. Das
       ist brutal. Spitzenpolitiker müssen heute jeden Tag einfach nur überleben.“
       
       Als die taz ihn vor einem Jahr fragte, ob er noch mal antreten werde, sagte
       er damals: „Für mich war immer klar, wenn man mit 28 in den Bundestag
       einzieht, dann wird man mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit nicht als
       Bundestagsabgeordneter in den Ruhestand gehen.“ In den Ruhestand, das
       machte Roth nun auch deutlich, wolle er noch nicht gehen. In seiner
       Erklärung schreibt er: „Ich werde weiterhin arbeiten, jedoch nicht mehr in
       der Politik. Damit ist dann Schluss.“
       
       26 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /25-Jahre-im-Bundestag/!5960837
   DIR [2] https://www.michaelroth.eu/
   DIR [3] /Parteitag-in-Berlin/!5975911
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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