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       # taz.de -- Kommunalwahlen in der Türkei am Sonntag: Linken-Delegation beobachtet Wahlen
       
       > Die Linke will die Kommunalwahlen in der Türkei beobachten – damit sie
       > „demokratischer werden, als es zu erwarten ist“.
       
   IMG Bild: „Die Wahlen werden unter extrem undemokratischen Bedingungen abgehalten“
       
       Berlin taz | Die Linkspartei entsendet eine Delegation, um die
       Kommunalwahlen in der Türkei zu beobachten. Damit wolle man dazu beitragen,
       dass die für Sonntag angesetzten Wahlen „demokratischer werden, als es zu
       erwarten ist“, sagte Linken-Bundesgeschäftsführerin Katina Schubert der
       taz. In der Regierungszeit des autokratischen Staatspräsidenten Recep
       Tayyip Erdoğan und seiner islamistischen AK-Partei habe sich das Land „weit
       von demokratischen Verhältnissen entfernt“, kritisierte sie.
       
       Laut Schubert wird sich die Linken-Delegation auf die kurdischen Gebiete
       konzentrieren, weil hier die Bedingungen für Parteien, die in Opposition zu
       Erdoğan stehen, besonders schwierig seien. „Das Bedürfnis nach freien
       Wahlen ist groß und der Staat legt den Menschen so viele Steine wie möglich
       in den Weg“, so Schubert.
       
       Am 31. März werden in 82 Provinzen, 973 Landkreisen und 390 Gemeinden der
       Türkei insgesamt 1.393 Bürgermeister:innen und über 22.000
       Gemeinderäte neu gewählt. Aufgerufen zur Stimmabgabe sind rund 61,4
       Millionen Wahlberechtigte. Die Kommunalwahlen gelten als ein entscheidender
       Stimmungstest für Erdoğan, der seit über 20 Jahren zunehmend autoritär die
       Geschicke des Landes bestimmt.
       
       Der 70-jährige Erdoğan hat zwar angekündigt, sich nach Ende seiner
       aktuellen Amtszeit zurückzuziehen, Beobachter:innen bezweifeln aber,
       ob er das auch tatsächlich in die Tat umsetzen will. Ausschlaggebend dafür
       könnte sein, ob er sein erklärtes Ziel erreicht, die Rathäuser [1][in
       Großstädten wie Istanbul], [2][Ankara] oder Antalya zurückzuerobern, die
       seine islamistische AK-Partei bei den Wahlen 2019 an die
       kemalistisch-sozialdemokratische CHP verloren hatte.
       
       ## Gezielte Einschüchterung der Opposition
       
       Sie mache sich „Sorgen um die zunehmend schwindende Demokratie in der
       Türkei“, begründete die [3][Linken-Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut]
       gegenüber der taz, warum sie am morgigen Donnerstag als Wahlbeobachterin in
       das Land reisen will. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der
       Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe. „Die Wahlen werden unter extrem
       undemokratischen Bedingungen abgehalten“, sagte Akbulut. Deswegen sei es
       notwendig, sie „kritisch zu beobachten“.
       
       Eine ganz besondere Brisanz haben die Wahlen im kurdisch besiedelten
       Südosten des Landes. Denn dort siegte in zahlreichen Orten vor fünf Jahren
       die linke prokurdische HDP. Insgesamt wurden damals 67 HDP-Politiker:innen
       zu Bürgermeister:innen gewählt. Allerdings wurden 59 von ihnen in der
       Folgezeit von der Erdoğan-Regierung mit fadenscheinigen Begründungen wieder
       abgesetzt und durch staatliche Zwangsverwalter ersetzt.
       
       Immer wieder würden kurdische Politiker:innen auch gezielt mit
       juristischen Verfahren eingeschüchtert, so die Linken-Politikerin Akbulut.
       „Sie werden systematisch davon abgehalten, Politik zu machen“, kritisierte
       sie. Aufgrund eines [4][schwebenden Verbotsverfahrens] tritt die HDP
       diesmal nicht mehr an. Ihre Kandidat:innen gehen vielmehr für die
       neugegründete Partei DEM (Partei für Gleichberechtigung und Demokratie der
       Völker) ins Rennen.
       
       Wegen der prekären demokratischen Lage am Bosporus will nicht nur die
       deutsche Linkspartei Wahlbeobachter:innen in die Türkei schicken.
       Beispielsweise entsendet auch der Kongress der Gemeinden und Regionen des
       Europarates [5][eine zwanzigköpfige Delegation] zu den Kommunalwahlen. Die
       internationale Aufmerksamkeit sei wichtig, betont
       Linken-Bundesgeschäftsführerin Schubert. „Der Einsatz der
       Wahlbeobachter:innen aus aller Welt stärkt die Demokratie in der
       Türkei und zeigt der von Erdogan unterdrückten Opposition, dass Menschen an
       ihrer Seite stehen“, sagte sie.
       
       27 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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   DIR [5] https://www.coe.int/de/web/portal/-/congress-to-observe-local-elections-in-t%C3%BCrkiye
       
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   DIR Pascal Beucker
       
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