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       # taz.de -- Überwachung von Journalist:innen: Dicke Post aus Bayern
       
       > Die Generalstaatsanwaltschaft München hat Gespräche zwischen
       > Journalist:innen und der Letzten Generation überwacht. Nun erhielten
       > sie Post.
       
   IMG Bild: Journalisten wurden bei der Ausübung ihrer Arbeit von der Polizei abgehört
       
       Nun ist es offiziell. Vergangene Woche erhielten Journalist:innen
       überall in Deutschland erschreckende Post: Die Generalstaatsanwaltschaft
       München teilte ihnen mit, dass ihre telefonische Kommunikation mit den
       Klimaaktivist:innen der Letzten Generation überwacht worden sei. Auch
       Mitarbeiter:innen der taz sind betroffen.
       
       Es haben nicht nur Journalist:innen in Bayern den Brief erhalten,
       sondern auch Journalist:innen in anderen Bundesländern.
       
       Die Schreiben, die der taz vorliegen, sind auf den 18. März 2024 datiert.
       Darin heißt es, die adressierten Personen seien im Zeitraum vom 7. November
       2022 bis zum 26. April 2023 von der Überwachung der Telekommunikation der
       Letzten Generation betroffen gewesen.
       
       Das Ermittlungsverfahren richte sich jedoch nicht gegen die Adressaten des
       Briefs, auch seien die telefonischen Unterhaltungen nicht verschriftlicht
       worden. Ob die Gespräche anderweitig aufgezeichnet wurden, ist unklar.
       
       ## Berliner Festnetzanschluss der Letzten Generation betroffen
       
       Weiter heißt es: Die Mitteilung ergehe aufgrund einer gesetzlichen Pflicht,
       die Betroffenen können innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens
       beim Amtsgericht München eine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der
       Überwachung beantragen.
       
       Bereits [1][im Juni letzten Jahres] war nach Recherchen der Süddeutschen
       Zeitung bekannt geworden, dass bayerische Ermittlungsbehörden private
       Telefongespräche mitgehört und protokolliert hatten sowie die Genehmigungen
       eingeholt hatten, Standortdaten von Handys zu ermitteln, Mailboxen der
       Aktivist:innen abzuhören und deren E-Mails mitzulesen.
       
       Hauptsächlich betroffen war ein Berliner Festnetzanschluss, den die Letzte
       Generation als offizielles Pressetelefon benutzte. Dementsprechend war
       seitdem bekannt, dass Journalist:innen betroffen waren, nicht aber,
       welche.
       
       ## Viele Fragen sind noch ungeklärt
       
       Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte daraufhin Ende Juni 2023
       bestätigt, dass Ermittler:innen Telefonate der Letzten Generation im
       Auftrag der Staatsanwaltschaft überwacht hatten. Das Amtsgericht München
       habe wegen des Anfangsverdachts der Bildung beziehungsweise Unterstützung
       einer kriminellen Vereinigung gegen Mitglieder der Gruppe Beschlüsse auch
       zur Überwachung der Telekommunikation erlassen, sagte die
       Staatsanwaltschaft der dpa.
       
       Noch sind viele Fragen ungeklärt: Wie viele Menschen sind von der
       Überwachung betroffen? Wie viele von ihnen sind Journalist:innen? Haben die
       Behörden Maßnahmen ergriffen, um die besonderen Rechte der Presse zu
       schützen? Wenn die Überwachung, wie im Schreiben steht, bereits im April
       2023 beendet wurde, weshalb wurden die Betroffenen erst jetzt informiert?
       Wurden auch Betroffene informiert, die nicht zur Presse gehören?
       
       Auf all diese Fragen und mehr antwortet die Generalstaatsanwaltschaft
       München der taz nur dürr: Die Gespräche mit den Journalist:innen seien
       als nicht verfahrensrelevant eingeschätzt worden. Die Benachrichtigung über
       die Überwachung sei erst jetzt erfolgt, weil die Fälle erst überprüft und
       zugeordnet werden mussten. Da das Ermittlungsverfahren noch laufe, könne
       die Staatsanwaltschaft keine weiteren Auskünfte erteilen.
       
       ## Journalismus braucht Vertraulichkeit und Sicherheit
       
       Hendrik Zörner, Sprecher des Journalistenverbands DJV, findet es
       „skandalös, dass die Informationsgier der Ermittler keinen Halt gemacht hat
       vor Journalistinnen und Journalisten.“ Skandalös sei der Fall deshalb, weil
       Journalist:innen für ihre Arbeit Vertraulichkeit und Sicherheit
       brauchen. Um Journalismus vor dem Zugriff des Staates zu schützen, ist die
       Freiheit der Presse im Grundgesetz garantiert.
       
       Ein Eingriff in die Pressefreiheit durch Behörden muss hohe rechtliche
       Hürden überwinden und einer sorgfältigen Abwägung der Ermittlungsinteressen
       gegen die Rechte der freien Presse standhalten. Ob das im Fall der
       Überwachung des Pressetelefons der Letzten Generation der Fall ist,
       [2][bezweifeln Expert:innen].
       
       28 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Caspar Shaller
       
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