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       # taz.de -- Die Kunst der Woche: Im doppelten Auge
       
       > Mit Harald Gnade und Andreas Theurer gehen Malerei und Skulptur bei
       > Tammen einen wirksamen Dialog ein. Gemeinsam regen sie das zweifache
       > Hinsehen an.
       
   IMG Bild: Blick in die Doppelausstellung Harald Gnade/Andreas Theurer
       
       Die Malerei von Harald Gnade ruft unweigerlich in Erinnerung, dass es einst
       die Malerei war, die dazu diente, unsere Umwelt zu repräsentieren. Und da
       lässt es sich auch leicht verschmerzen, dass sie das Monopol auf Abbildung
       schließlich abgeben und diese Funktion mit der Fotografie teilen musste.
       Denn in der Darstellung, die insbesondere die Natur bei Gnade erfährt,
       scheint das beste beider Welten ineinander zu verschmelzen.
       
       Auf den ersten Blick meint man auf einem Gemälde wie „Implant“ (2023)
       Collagen aus Landschaftsfotografien und gemalten Anteilen zu erkennen.
       Doch da, wo Bildteile aus der Ferne fotografisch erscheinen, muss es
       tatsächlich an der Mischung aus Acryl, Aquarell und Öl-Aluminium bzw. Acryl
       und Lack liegen, dass die gräsernen Elemente der Bilder von Weitem so von
       Schärfe und Detail gekennzeichnet sind, dass man meint, dort sei im großen
       Format etwas ausgeschnitten und eingefügt worden. Und dass sie von Nahem
       wiederum so weich und zart erscheinen, dass man sich hinschmiegen will.
       
       Das doppelte Auge, das hier in der [1][Galerie Tammen] aktiviert wird,
       findet seine Entsprechung in der Konzeption der Schau. Gnades Gemälde, die
       unter dem Titel „Naturstreit – Erzählungen im Anthropozän“ präsentiert
       werden, bilden eine Doppelausstellung mit Andreas Theurer, der unter dem
       Titel „Zeit Falten“ Objekte und Skulpturen zeigt.
       
       Theurers Arbeiten aus gebeiztem Kiefernholz wie „Thron II“ und „Gegangen“
       transportieren bewegte Oberflächen und strecken dabei den Raum in die Höhe.
       Und auch hier lässt sich der Blick überraschen wie schärfen: Theurers
       Wandobjekte und weitere Skulpturen, die diesmal filigran zwischen Wand und
       Raum balancieren und in rostbraunen und weißen Tönen auftreten, sind nicht
       etwa aus Metall, ihre dunkle Patina entsteht stattdessen aus der
       Bearbeitung von Wellpappe.
       
       Jenem Material also, das einigen schlicht als Verpackung und anschließendes
       Wegwerfmaterial dient, anderen von uns aber in seiner Materialität
       unfassbar kostbar ist. Tritt doch bei der richtigen Behandlung mit
       Grundierungen und Farbe die verborgene Schicht aus Wellen aus dem Inneren
       hervor und lässt sich als Musterung auf der Oberfläche nieder.
       
       20 Apr 2024
       
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