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       # taz.de -- Die Wahrheit: Koa Kiffer
       
       > Lebenslänglich Bayer: So ein anständiger Suff hat noch niemandem
       > geschadet, bloß vom Hanf soll der Bub die Finger lassen.
       
   IMG Bild: King of Kleinstkunstbühne: Fredl Fesl
       
       Er war 14, als er seinen ersten Rausch gehabt hat. Ob er schön war, das
       weiß er nicht mehr. Dass ihn die Mutter recht geschimpft hat, weil er ins
       Bett gebrochen hat, daran kann er sich schon noch erinnern. Oder war er
       erst 13? Bis er 11 war, hat ihm Bier eigentlich nicht geschmeckt. Das
       Radler, das ihm die Mutter vom Rainer zum Mittagessen hingestellt hat, als
       er mal nach der Schule mit zu ihm gegangen ist, hat er jedenfalls ganz gut
       gefunden. „Alkohol darfst du ja leider noch nicht“, hat Rainers Mutter
       damals gesagt, und dass sie selber auch mit Radler angefangen hat.
       
       Dass sie am Tag nach der Firmung in die Schule haben gehen müssen, auch
       wenn es ihnen allen damals wirklich schlecht gegangen ist, hat er zunächst
       noch für normal gehalten. Als er dann erfahren hat, dass es auf dem Land
       immer noch üblich ist, den Kindern am Tag nach dem Erhalt dieses Sakraments
       schulfrei zu geben, damit sie in aller Ruhe ihren Rausch ausschlafen
       können, hat er sich doch ungerecht behandelt gefühlt. Regelrecht gemein
       hatte er es schon damals gefunden, dass sich sein Vater am Tag nach der
       Firmung von der Arbeit abgemeldet hat, nur weil er Schädelweh hatte.
       Solches hatte er schließlich auch gehabt. Und was für eins!
       
       Der Kopf tat ihm beinahe genauso weh wie nach der Watschn, die ihm sein
       Vater seinerzeit auf dem Oktoberfest verpasst hat. Er sollte vom
       Brotzeitstand noch eine Portion Emmentaler holen und hätte den Tisch, an
       dem seine Eltern saßen, um ein Haar nicht mehr gefunden. Fast eine halbe
       Stunde irrte er durch die unzähligen Tischreihen, bis er mit Tränen in den
       Augen endlich vor dem Vater und der Mutter stand. „Wo bleibst denn so
       lang?“, hat sein Vater dann gefragt, bevor er ihm eine geschmiert hat.
       „Musst dir nichts denken“, hat darauf seine Mutter gesagt. „Weißt, der
       Papa, der hat schon ein bisschen was getrunken.“
       
       Es ist dann eh alles gut gegangen, weil jemand so nett war, ihn bei der
       Wiesnwache abzugeben. Seine Eltern waren irgendwann einfach weg gewesen.
       „Uns ist erst zu Hause aufgefallen, dass er gar nicht mitgekommen war“, hat
       seine Mutter dann zu dem Polizeibeamten gesagt, als sie ihn abgeholt hat.
       Der hat freundlich gelächelt, als die Mutter zur Entschuldigung hinzugefügt
       hat, dass das Oktoberfestbier in diesem Jahr aber auch besonders gut
       geschmeckt hat. Das sei ihm auch schon aufgefallen.
       
       Er hatte eine glückliche Kindheit und Jugend, doch, das konnte man nicht
       anders sagen. Am Ende ist eben immer alles gut ausgegangen, auch wenn es
       zwischenzeitlich vielleicht einmal nicht danach ausgesehen haben mag. Es
       hätte auch anders kommen können. Dem Herrgott ist er deshalb auch dafür
       dankbar, dass seine Eltern herzensgute Leute waren. Vor allem waren sie
       keine Kiffer und es wäre für sie sowieso nie und nimmer infrage gekommen,
       gar in einem Bierzelt zum Joint zu greifen. Nicht auszudenken, was aus ihm
       dann geworden wäre, wenn überhaupt etwas aus ihm geworden wäre.
       
       20 Apr 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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