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       # taz.de -- Helga-Hahnemann-Straße eingeweiht: Jetzt ist die Süße wieder da
       
       > Eine Straße in einem Neubaugebiet in Niederschöneweide trägt nun den
       > Namen der einst sehr beliebten Entertainerin Helga Hahnemann. Wurde auch
       > Zeit.
       
   IMG Bild: Helga Hahnemann bei einem Auftritt während der IFA im September 1991. Nun trägt eine Straße in Berlin ihren Namen
       
       Berlin taz | Das wurde aber auch Zeit. 33 Jahre nach ihrem Tod wird Helga
       Hahnemann endlich mit einer Straße geehrt. Am Donnerstag wurde die Straße
       in einem neuen Wohngebiet in Niederschöneweide eingeweiht, nicht weit
       entfernt davon hatte Hahnemann einst die Schauspielschule besucht.
       Womöglich hätte ihr das gefallen, ihr Name auf einem Straßenschild. „Jetzt
       hänge ich ja ganz oben“, hätte sie vielleicht (natürlich berlinernd) zur
       Helga-Hahnemann-Straße gesagt. Vielleicht wäre ihr auch ein besserer Spruch
       eingefallen.
       
       Helga wer? Den meisten Westdeutschen und auch den Ostdeutschen unter –
       sagen wir – 40 Jahren muss man das Phänomen Helga Hahnemann erklären.
       
       Die Frau war ungeheuer beliebt in der DDR, sie konnte (fast) alles:
       schauspielen, singen, tanzen, moderieren – und sie war witzig. Eine hoch
       professionelle Entertainerin eben, wie es sie in dem kleinen Land DDR nicht
       eben viele gab.
       
       Hahnemann spielte Rollen in unzähligen Fernsehfilmen und moderierte oft den
       [1][„Kessel Buntes“], die Vorzeige-Fernsehshow des Ostens. Sie hatte eine
       Unterhaltungsshow im Fernsehen und im [2][Rundfunk], besang Schallplatten
       mit Gute-Laune-Musik (einer ihrer größten Hits: „Jetzt kommt dein Süßer“).
       Sie spielte in unzähligen Sketchen die Hauptrolle und synchronisierte immer
       mal wieder, legendär ihre schrille Stimme als Sprecherin der Hausfrau
       Yvonne in der im Osten sehr beliebten Filmreihe „Die Olsenbande“.
       
       ## Eine geniale wie lustige Quasselstrippe
       
       Hahnemann – ihre Fans nannten sie Henne (so heißt dann auch [3][ein Preis],
       der ihr zu Ehren alljährlich vergeben wird) – war eine Quasselstrippe.
       Eine, die sich auf ihre Auftritte akribisch vorbereitete, nichts dem Zufall
       überließ. Man kennt das von Loriot: Spaßigsein ist harte Arbeit. Aber sie
       konnte auch improvisieren, das kam bei den Live-Sendungen des „Kessel
       Buntes“ zum Vorschein.
       
       Der zehnminütige Sketch „Hammer für zwei“ aus dieser Show – Henne steht
       darin vor Gericht – ist seit etlichen Jahren fester Bestandteil des
       Vorabendprogramms im RBB an Silvester. Erst kommt „Dinner for one“, dann
       der Sketch mit Hahnemann und dem Hammer. Der fliegt auf einmal durch die
       Luft, weil die Requisite kaputt ging. Wer will, kann sich von Hahnemanns
       Bespaßungsprogramm leicht ein Bild machen: RBB – und mehr noch MDR – haben
       es häufig im linearen Programm und in den Mediatheken.
       
       Helga Hahnemann, die lesbisch war – in der DDR ein offenes Geheimnis –, ist
       unvergessen. Sie starb viel zu früh im November 1991, kurz zuvor war bei
       ihr Lungenkrebs im Endstadium diagnostiziert worden. Sie war lange Jahre
       Kettenraucherin, wurde nur 54 Jahre, ihr Tod war für viele Menschen in
       Ostdeutschland ein herber Verlust.
       
       Henne ruht in einem Familiengrab auf einem Friedhof in Wilhelmsruh, in dem
       Pankower Ortsteil wurde sie 1937 auch geboren. Seit November 2010 ist es
       immerhin ein Ehrengrab des Landes Berlin. Und nun die Straße. Wie gesagt,
       Helga Hahnemann hätte das sicher gefreut.
       
       18 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_Kessel_Buntes
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Helgas_Top(p)-Musike
   DIR [3] https://www.mdr.de/goldene-henne/index.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Hergeth
       
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