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       # taz.de -- Carlotta Kuhlmann war beim Hungerstreik vor dem Bundeskanzleramt: Streiken, bis der Arzt kommt
       
       Die Straßen in der Nähe des Bundeskanzleramts in Mitte sind an diesem
       Vormittag fast wie leergefegt. Lediglich ein paar Tourist*innen haben
       sich hierhin verirrt, Passant*innen spazieren auf der Moltkebrücke über
       die Spree. Ausnahmsweise regnet es nicht, der Frühling hält Einzug, das
       Leben ist schön. Wäre da nur nicht die Handvoll Personen, die auf das
       unangenehme Thema Klimawandel aufmerksam machen. Zielstrebig halten sie ihr
       Plakat in die Höhe – „Hungern bis ihr ehrlich seid!“
       
       [1][Ein Hungerstreik?] Muss das sein? „Ja!“ Findet zumindest der Aktivist
       Wolfgang Metzeler-Kick, denn nur so würde die Menschheit endlich auf die
       sich anbahnende Klimakatastrophe aufmerksam werden, glaubt er. „Viele
       Leute verdrängen das Thema einfach, das ist ja das Hauptproblem“, sagt
       Metzeler-Kick zur taz.
       
       S[2][eit 28 Tagen befindet er sich schon im Hungerstreik]. Wie hält man das
       durch? Wie ist das überhaupt möglich und was nimmt er tagsüber zu sich?
       Letzteres könne er schnell zeigen, sagt der Aktivist. Viel ist es nicht. Er
       bückt sich, kramt in seinem Rucksack und zieht zwei Flaschen hervor. Die
       eine beinhaltet Saft, verdünnt mit Wasser. Die andere Thermoskanne ist
       gefüllt mit Tee. Salz hätte er auch hinzugegeben, er habe sich schließlich
       beraten lassen. Trotzdem bleiben vier Wochen ohne Essen nicht ohne Folgen:
       Das Stehen falle ihm mittlerweile schwer, sagt Metzeler-Kick, also zieht
       die Karawane aus Streikenden und Polizei weiter, um das Paul-Löbe-Haus
       herum. Auch darüber hinaus zeige sein Körper bereits erste Anzeichen von
       Schwäche, so der 49-Jährige.
       
       ## Hungern für das Klima
       
       Die ignoriere er aber gerne, um auf ein viel größeres Problem aufmerksam zu
       machen: [3][Den Klimawandel]. „Ich bin so naiv und glaube, wenn die
       Menschheit erst mal kapiert, dass es hier gerade ums Aussterben geht, dass
       dann auch das notwendige Handeln einsetzt“, sagt der ehemalige Ingenieur.
       Ein erster Schritt sei eine offizielle Anerkennung der Krisensituation von
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
       
       Von dem ist allerdings nichts zu sehen und zu hören. Ist ihm der
       Klimawandel egal? Oder verhandeln Kanzler*innen nicht mit
       hungerstreikenden Klimaaktivist*innen, die ihren eigenen Körper in
       Geiselhaft nehmen? Übel nehmen könnte man ihm Letzteres wohl nicht, denn
       die Protestform „Hungerstreik“ stößt bei vielen auf Ablehnung. Ein Einwand
       dabei: Hungerstreiks in einem reichen Land wie Deutschland durchzuführen,
       während Menschen in anderen Teilen der Welt dazu gezwungen sind zu hungern,
       sei makaber.
       
       Wolfgang Metzele-Kick hat darauf eine klare Antwort. „Wenn man schon so
       privilegiert ist, wie wir es sind, dann sollten wir uns den Arsch
       aufreißen, damit es anderen Leuten besser geht und nicht mit dem Finger auf
       Personen zeigen, die sich bemühen, etwas zu ändern.“ Er jedenfalls würde so
       lange hungern und „möglicherweise eskalieren“ – also auch den Saft
       weglassen –, „bis die Regierungserklärung zugesichert ist“.
       
       5 Apr 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Carlotta Kuhlmann
       
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