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       # taz.de -- Grundsatz-Erklärung von Franziskus: Papst geißelt Abtreibung
       
       > Lange arbeitete der Papst an einer Erklärung zur Würde des Menschen.
       > Nicht nur Leihmutterschaft und Gender-Theorie hält er für einen Verstoß
       > gegen Gott.
       
   IMG Bild: Papst Franziskus während seiner Generalaudienz am Mittwoch auf dem Petersplatz im Vatikan
       
       Rom dpa/taz | In einer neuen Grundsatz-Erklärung hat Papst Franziskus
       Abtreibungen und das Austragen von Kindern durch Leihmütter als schwere
       Verstöße gegen die Menschenwürde angeprangert. In dem am Montag vom Vatikan
       in Rom veröffentlichten Schreiben geißelte das Oberhaupt der katholischen
       Kirche zudem Geschlechtsanpassungen [1][sowie die „Gender-Theorie“ als
       ernsthafte Verstöße gegen die von Gott gegebene Würde des Menschen.]
       
       „Über sich selbst verfügen zu wollen, (…) bedeutet nichts anderes, als der
       uralten Versuchung des Menschen nachzugeben, sich selbst zu Gott zu
       machen“, heißt es dort. Ein menschliches Wesen – wenn auch noch ungeboren –
       sei immer etwas Heiliges und Unantastbares, so das Schreiben. Dies gelte in
       jeder Situation und jeder Phase seiner Entwicklung. [2][Der Abbruch einer
       Schwangerschaft] bedeute nichts anderes, als den „Schutzlosesten und
       Unschuldigsten von allen“ die Menschenwürde abzusprechen.
       
       Der 87 Jahre alte Papst gilt seit langem [3][als strikter Gegner von
       Abtreibungen.] Kritik wird in der Erklärung auch geübt an Gesetzgebungen,
       die Schwangerschaftsabbrüche fördern. Ähnlich beanstandet der Papst die
       Leihmutterschaft. Dabei werde ein Kind zu einem „bloßen Objekt“, die Würde
       der Frau aus Profitgründen verletzt, heißt es in dem Text. Der legitime
       Wunsch, ein Kind zu bekommen, könne nicht in ein Recht auf ein Kind
       umgewandelt werden.
       
       Bereits in der Vergangenheit bezeichnete der Pontifex die Praxis als
       verwerflich und forderte ein weltweites Verbot. Bei einer Leihmutterschaft
       trägt eine Frau für sogenannte Wunscheltern ein Kind aus und überlässt
       ihnen dieses nach der Geburt. Die Gründe dafür sind vielfältig. In
       Deutschland ist Leihmutterschaft wie in vielen anderen Staaten verboten.
       Auch die Vermittlung ist in Deutschland unter Strafe gestellt. In einigen
       Ländern hingegen ist die Leihmutterschaft teils mit bestimmten
       Einschränkungen erlaubt.
       
       ## Für den Papst ist die „Gender-Theorie“ gefährlich
       
       Auch bei der Frage der Geschlechtsanpassungen positionierte sich der
       Vatikan klar: Ein Körper müsse so akzeptiert und respektiert werden, wie er
       erschaffen wurde. Der menschliche Leib sei mit persönlichen Bedeutungen
       ausgestattet, insbesondere in seiner geschlechtlichen Beschaffenheit. Die
       Geschlechtsanpassung berge die Gefahr, die einzigartige Würde zu bedrohen,
       die ein Mensch vom Moment der Empfängnis an besitze.
       
       Die Erklärung namens „Dignitas infinita“ (zu Deutsch: „Unendliche Würde“)
       wurde nach jahrelanger Vorbereitung vom vatikanischen Dikasterium für
       Glaubenslehre unter Federführung von Kardinal Victor Manuel Fernández
       veröffentlicht, der ebenso wie der Papst aus Argentinien kommt. Franziskus
       hatte sie zuvor gebilligt. Außerdem sei als Verstoß gegen die Menschenwürde
       zu bewerten, dass mancherorts Menschen aufgrund ihrer sexuellen
       Orientierung inhaftiert, gefoltert und sogar des Lebens beraubt werden.
       
       Jeder Mensch muss der Erklärung zufolge in seiner Würde geachtet und mit
       Respekt aufgenommen werden. Dennoch sei die „Gender-Theorie“ zu
       kritisieren, da sie mit dem Anspruch, alle gleich zu machen und
       Unterschiede auszulöschen, sehr gefährlich sei. In dem Dokument ist von
       „ideologischen Kolonisierungen“ die Rede. Zu den Themen, die in „Dignitas
       infinita“ angesprochen werden, gehören zudem Krieg, Armut, Migration und
       Menschenhandel.
       
       Auch Gewalt gegen Frauen sei ein weltweiter Skandal. Die Ungleichheiten
       zwischen Frauen und Männern sind demnach in manchen Ländern sehr
       gravierend. [4][Femizide, also wenn Frauen aufgrund ihres Geschlechts
       getötet werden, könnten nicht genug verurteilt werden, so das Schreiben.]
       
       Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing,
       bezeichnete die Erklärung aus Rom in einer Mitteilung als begrüßenswert.
       Sie sei eine Bestärkung für alle, die sich für die Achtung der
       Menschenwürde einsetzen. Zugleich ist sie nach seinen Worten verdienstvoll
       und perspektivreich. Bätzing erhoffe sich für „Dignitas infinita“ eine
       lebhafte Aufnahme und Diskussion sowie eine segensreiche
       Wirkungsgeschichte.
       
       8 Apr 2024
       
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