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       # taz.de -- Möglicher Dopingskandal: China, China, China
       
       > Chinesische Schwimmer wurden positiv auf Doping getestet. Die
       > Welt-Anti-Doping-Agentur sieht darin offenbar keinen Skandal. Ist es
       > überhaupt einer?
       
   IMG Bild: Chinesischer Erfolg der SchwimmerInnen bei den Olympischen Sommerspielen 2021 in Tokio
       
       Sorry für die konjunktive Einschränkung in der Dachzeile: Alles, was
       derzeit kolportiert wird, könnte richtig sein. Der Weltsport könnte kurz
       vor den Olympischen Spielen in Paris mit einem Dopingfall enormen Ausmaßes
       konfrontiert sein. 2021 wurden, wie jetzt dank [1][ARD] und [2][New York
       Times] bekannt wurde, 23 chinesische Spitzenschwimmer und -schwimmerinnen
       positiv getestet, alle auf Trimetazidin, ein verbotenes Herzmittel.
       
       Die Erklärung der chinesischen Antidopingagentur Chinada ist nicht gerade
       überzeugend: Verunreinigung in einer Hotelküche. Monate später hätten
       Chinada-Ermittler in Gewürzcontainern, Abfluss und Dunstabzug Spuren von
       Trimetazidin gefunden.
       
       Das ist merkwürdig, ja. Die Welt-Anti-Doping-Agentur [3][WADA] jedoch sah
       damals keinen Grund, die Ergebnisse ihrer Kollegen [4][anzuzweifeln]. Von
       „niedrigen Konzentrationen“ und „schwankenden Werten“ ist die Rede. Dass
       die WADA selbst keine Experten entsandte – schließlich waren mindestens
       drei Weltklasseschwimmer und -schwimmerinnen betroffen -, erklärt sich mit
       der Situation Anfang 2021: Die Covidpandemie war gerade in China heftig,
       Reisen dorthin fanden nicht statt.
       
       ## Die Fragezeichen werden größer
       
       Was man sicher weiß, ist also: Es gab positive Proben. Was man nicht sicher
       weiß, ist: Weisen diese Proben vernachlässigenswerte Werte auf? Oder deuten
       sie auf ein großes Dopingprogramm hin, das der chinesische Staat gerade mit
       seinen Aktiven durchzieht? Vieles in der öffentlichen Diskussion bewegt
       sich auf dem Niveau eines [5][Kurt-Georg Kiesinger, der 1969 argumentfrei
       ausrief]: „Ich sage nur China, China, China.“ Dass „wir“ nämlich „den
       Chinesen“ so ziemlich alles Üble dieser Welt zutrauen sollten.
       
       Schaut man sich aber den enormen Stellenwert an, den die Volksrepublik dem
       Sport beimisst – und berücksichtigt, dass die [6][beabsichtigte politische
       Wirkung] dann massiv leidet, wenn sie unter derartigem Betrugsverdacht
       stehen, wie er aktuell vorgetragen wird, werden die Fragezeichen nur noch
       größer: Warum sollte ein Land, das einen solch großen Talentepool hat,
       derart plump dopen, wie es unterstellt wird?
       
       Ja, es könnte alles so gewesen sein. Aber wirkliches Wissen darüber haben
       wir nicht.
       
       22 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sportschau.de/investigativ/massendoping-verdacht-in-china-wada-handelt-nicht,wada-china-massendoping-100.html
   DIR [2] https://www.nytimes.com/2024/04/20/world/asia/chinese-swimmers-doping-olympics.html
   DIR [3] https://www.wada-ama.org/en/news/wada-statement-regarding-ard-documentary-concerning-chinese-swimming
   DIR [4] https://www.wada-ama.org/en/news/wada-statement-case-23-swimmers-china
   DIR [5] https://chinesisch.fb06.uni-mainz.de/files/2018/11/Chinaforum_Germersheim_China_China_China.pdf
   DIR [6] /Ungerechtigkeit-im-Anti-Doping-Kampf/!5831690
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Krauss
       
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