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       # taz.de -- Repression propalästinensischer Proteste: Berlin demontiert den Rechtsstaat
       
       > In Berlin werden zwei Mädchentreffs geschlossen, weil deren Leiterin sich
       > propalästinensisch positioniert. Das ist einer Demokratie unwürdig.
       
   IMG Bild: Nicht nur gegen die Teilnehmer*innen des Palästina-Kongresses wird in Berlin repressiv vorgegangen
       
       Es war einmal ein demokratisches und weltoffenes Berlin. Und dann kam
       Schwarz-Rot. Seit dem 7. Oktober arbeitet die CDU mit eifriger
       Unterstützung der SPD daran, den Rechtsstaat auszuhöhlen und ihnen
       unliebsame Meinungen mit allen Mitteln zu unterdrücken.
       
       Erst entzieht der CDU-Kultursenator einem migrantischen Kulturzentrum
       [1][die Förderung], weil in ihm umstrittene, aber keineswegs verbotene
       propalästinensische Gruppen aktiv sind. Dann erlässt die
       CDU-Bildungssenatorin [2][ein Kufiya-Verbot an Schulen] und schafft damit
       ein Klima der Angst.
       
       Einen Palästina-Kongress findet der Regierende CDU-Bürgermeister
       „unerträglich“, woraufhin die Veranstaltung kurz nach dessen Beginn [3][mit
       fadenscheinigen Argumenten verboten wird]. Die Teilnehmer*innen eines
       propalästinensischen Camps vor dem Bundestag werden [4][von der Polizei
       schikaniert].
       
       Und nun beendet ein CDU-Stadtrat aus Friedrichshain-Kreuzberg die Verträge
       mit zwei Mädchenzentren, weil deren Leiterin privat für Palästina
       demonstriert und privat vielleicht strafrechtlich Relevantes in diesem
       Zusammenhang gepostet haben soll.
       
       ## Rechtswidrige Mittel
       
       Es ist völlig egal, was man von den Meinungen der einzelnen Betroffenen
       halten mag, aber ein solches Vorgehen gegen politische Aktivist*innen,
       die sich im juristischen Sinne nichts zu schulden haben kommen lassen, ist
       eines Rechtsstaates unwürdig. Der besitzt nämlich ausreichend Instrumente,
       um gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen vorzugehen. Dafür braucht er
       nicht selbst auf verfassungswidrige Mittel zurückzugreifen. Und ohne
       rechtliche Grundlage die Meinungsfreiheit zu beschneiden, ist rechtswidrig.
       
       Ganz gleich, wie „unerträglich“ man so manche Meinung in der aufgeheizten
       Nahost-Debatte auch findet – solange sie nicht strafbar ist, muss man sie
       ertragen. Auch und vor allem das ist Demokratie. Und der Diskurs darüber
       sollte nicht beschnitten, sondern vielmehr gefördert werden, will man die
       Spaltung der Gesellschaft nicht noch vorantreiben.
       
       Wer Meinungen, die nicht der „Staatsräson“ entsprechen, unterdrückt,
       handelt gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und ihre Basis –
       das Grundgesetz. Die Teilnahme am Palästina-Kongress war nicht verboten. Ob
       die Äußerungen der Leiterin des Mädchenzentrums auf Instagram strafbar
       waren oder nicht, das zu überprüfen ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft –
       und nicht eines Bezirksstadtrats.
       
       Und wenn sie es waren, kann und sollte diese Leiterin ihrer Position
       enthoben werden. Deshalb gleich zwei Jugendeinrichtungen zu schließen und
       die Mädchen dafür zu bestrafen – das ist wirklich unerträglich.
       
       ## Die Rückkehr der Berufsverbote
       
       Es erinnert zudem unangenehm an den Geist der 1970er Jahre, [5][als die
       Bundesregierung mit dem „Radikalenerlass“ Berufsverbote für Linke erließ].
       Dass dies nicht mit der Meinungsfreiheit vereinbar war, ist spätestens seit
       der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den
       1990er Jahren klar.
       
       Damals wie heute würde man sich wünschen, dass der deutsche Staat mit
       mindestens dem gleichen Eifer gegen Rechtsradikale vorgeht. Doch statt
       Haftbefehle gegen bewaffnete Neonazis zu vollstrecken, werden
       Mädchenzentren geschlossen, weil deren Leiterin sich propalästinensisch
       positioniert.
       
       Wenn Rechtsradikale unbehelligt und immer lauter das Zusammenleben der
       Menschen in dieser Gesellschaft bedrohen und gleichzeitig linke Positionen
       durch den Staat massiv unterdrückt werden, ist der Schaden für unsere
       Demokratie umso größer.
       
       24 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kulturfoerderung-in-Berlin/!5973733
   DIR [2] /Nahost-Konflikt-in-Berlin/!5967030
   DIR [3] /Jurist-ueber-Palaestina-Kongress/!6004427
   DIR [4] /Propalaestinensisches-Zeltlager/!6003257
   DIR [5] /Debatte-ueber-Berufsverbote-fuer-Rechte/!5821219
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marie Frank
       
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