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       # taz.de -- Zahlungen an UNRWA: Deutsches Geld wird wieder fließen
       
       > Das von Israel kritisierte UN-Hilfswerk UNRWA bekommt wieder Geld aus
       > Deutschland. Die Bundesregierung mahnt aber rasche Reformen an.
       
   IMG Bild: Hilfen für Gaza: Das UN-Werk UNRWA bekommt wieder Geld
       
       Berlin taz | Nun also wieder: Deutschland gibt wieder Geld für die Arbeit
       des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) im Gazastreifen. Die Entscheidung
       stand an, seit die israelische Regierung im Januar schwerwiegende Vorwürfe
       gegen die UN-Organisation erhob.
       
       „Mit der Fortsetzung der akuten Zusammenarbeit stützen wir die
       lebenswichtige und derzeit nicht zu ersetzende Rolle von UNRWA für die
       Versorgung der Menschen in Gaza, denn auch andere internationale
       Hilfsorganisationen sind auf die operativen Strukturen von UNRWA in Gaza
       derzeit angewiesen“, hieß es am Mittwoch aus dem Auswärtigen Amt und dem
       Bundesentwicklungsministerium (BMZ) in Berlin.
       
       UNRWA war im Januar in die Kritik geraten, als Israel angab, zwölf
       Mitarbeitende seien in das Hamas-Massaker vom 7. Oktober verwickelt
       gewesen. Später verschärften Vertreter der israelischen Regierung ihre
       Vorwürfe. Zuletzt war von 16 Prozent UNRWA-Angestellten mit Verbindungen zu
       Terrororganisationen die Rede. UNRWA sei als Ganzes von der Hamas
       unterwandert.
       
       Letzteren Vorwurf erneuerte die israelische Regierung zuletzt, nachdem am
       Montag [1][eine im Februar eingesetzte Untersuchungskommission einen
       Bericht vorlegte], in dem es in erster Linie um die Mechanismen der
       Organisation ging, um die Wahrung des Neutralitätsgrundsatzes zu
       gewährleisten und Fehlverhalten entgegenzuwirken. Der Bericht bescheinigt
       UNRWA „robuste“ Kontrollmechanismen, sieht in etlichen Bereichen aber auch
       Reformbedarf.
       
       ## Neue Projekte im Gaza finanzieren
       
       Von der Bundesregierung hieß es nun: „UNRWA hat erklärt, die Empfehlungen
       des Berichts rasch und vollumfänglich umzusetzen.“ Es müssten nun die
       internen Kontrollmechanismen gestärkt werden und es müsse mehr
       internationales UN-Personal eingestellt werden. Auch brauche es eine
       verbesserte externe Aufsicht über das Projektmanagement sowie einen
       „weiterhin kontinuierlichen Abgleich der UNRWA-Beschäftigtenlisten mit den
       israelischen Sicherheitsbehörden“.
       
       Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), die derzeit Israel und
       das Westjordanland besucht, sagte bei einem Pressegespräch, der Bericht
       zeige, dass es bei UNRWA Veränderungen geben müsse. Man werde aber in Kürze
       neue Projekte im Gazastreifen finanzieren. Die notwendigen Mittel hierfür
       waren zurückgehalten worden, [2][obwohl die Arbeit von UNRWA in den anderen
       Einsatzgebieten des Hilfswerks (Libanon, Syrien, Jordanien und
       Westjordanland) weiter finanziert wurde].
       
       Anders als die USA wartet die Bundesregierung also nicht ab, bis die
       Reformen greifen. Deutschland ist einer der weltweit wichtigsten Geldgeber
       von UNRWA. Viele andere Geber, die ihre Zahlungen zwischenzeitlich
       aussetzten, hatten sie bereits wieder aufgenommen, darunter die EU,
       Schweden, Kanada, Japan und Frankreich.
       
       ## Hilfen sollten bis Juni reichen
       
       Neben UNRWA sagte Schulze auch [3][der neuen palästinensischen Regierung
       unter Mohammad Mustafa] weitere 25 Millionen Euro für eine
       Beschäftigungsinitiative zu. Ziel sei es, in den nächsten drei Jahren rund
       25.000 neue Jobs zu schaffen. [4][Die Arbeitslosigkeit im Westjordanland
       ist seit Beginn des Gazakrieges enorm gestiegen] und liegt bei 40 Prozent.
       
       In welcher Höhe weiteres Geld für das UN-Hilfswerk freigegeben wird, dürfte
       sich erst entscheiden und hängt von Bedarfen ab.
       Entwicklungsexpert:innen gehen davon aus, dass die Beiträge bis Juni
       ausreichen. Auch aus der Opposition kam Zuspruch für die Hilfen. „Die
       Wiederaufnahme der deutschen Zahlungen an UNRWA im Gazastreifen ist absolut
       alternativlos und ein Gebot der Solidarität mit den notleidenden Menschen
       im Kriegsgebiet Gaza“, sagte Cornelia Möhring, Sprecherin für
       Menschenrechte und humanitäre Hilfe der Linken im Bundestag der taz. Schon
       zu lange stünde die UN-Behörde unter starkem politischem Beschuss.
       „Humanitäre Hilfe darf nie wieder zum Spielball zweier Kriegsparteien
       werden, besonders nicht während einer humanitären Krise.“
       
       Möhring forderte aber auch Kanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena
       Baerbock (Grüne) ihren Einfluss auf die Netanjahu-Regierung zu verstärken.
       Die Linken-Politikerin sprach sich gegen Waffenlieferungen an Israel, für
       einen ungehinderter Zugang für Hilfslieferungen und die Achtung von
       Völkerrecht auch in Kriegszeiten aus.
       
       24 Apr 2024
       
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