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       # taz.de -- Haus der Heilsarmee in Göttingen: Unterkunft für Obdachlose verfällt
       
       > Ein Wohnheim der Heilsarmee wird nur notdürftig repariert. Bewohner
       > fürchten, dass es bald nicht mehr zu retten ist. Doch die Stadt spielt
       > auf Zeit.
       
   IMG Bild: Maroder Bau: Das Gebäude der Heilsarmee in der Göttinger Altstadt
       
       Hannover taz | Das „Haus der Heilsarmee“ in der Unteren Maschstraße mitten
       in der Göttinger Innenstadt sieht immer noch nach einem imposanten
       Fachwerkbau aus. Der bröckelt allerdings schon seit einer ganzen Weile.
       
       Eigentlich sei die Unterkunft dort längst niemandem mehr zuzumuten, sagt
       einer der Bewohner, Rainer Feuker. Der Keller ist aufgrund von
       Schimmelbefall gesperrt, im Mauerwerk tun sich immer neue Risse auf, mal
       explodiert hier ein Heizungsrohr, mal platzt dort eine Wasserleitung,
       Balkone sind nicht mehr zu betreten, in den Zimmern biegen sich Decken und
       Böden bedenklich durch, Türen lassen sich deshalb nicht mehr richtig
       schließen.
       
       Die Anzahl der Schlafplätze musste schon erheblich reduziert werden, vor
       allem die Frauenschlafplätze wurden gestrichen – die sind zwar in Göttingen
       wie in anderen Städten Mangelware, aber die sanitären Anlagen für die
       Frauen befanden sich nun einmal im gesperrten Keller. 16 Plätze für die
       längerfristige Unterbringung gibt es zur Zeit noch, außerdem fünf Notbetten
       für kurzfristige Übernachtungen.
       
       Alarm geschlagen haben die Betreiber und Bewohner deshalb schon 2021 –
       damals äußerte sich auch die Leiterin Esther Gulde noch öffentlich, zum
       Beispiel im Göttinger Tageblatt und [1][der Hessisch Niedersächsischen
       Allgemeinen (HNA)], mittlerweile darf sie das nicht mehr. „Bitte wenden Sie
       sich an die Zentrale der Heilsarmee in Köln“, heißt es auf taz-Anfrage.
       
       ## Ist das Konzept vielleicht nicht mehr genehm?
       
       Dafür macht jetzt Rainer Feuker Rabatz, unterstützt [2][vom Forum
       Waageplatz-Viertel], das sich schon mehrfach mit Offenen Briefen an die
       Oberbürgermeisterin, die Leitung der Heilsarmee und die Presse gewandt hat.
       
       Besonders ärgert Feuker, dass Stadt und Heilsarmee mauern. „Seit mehr als
       einem Jahr hat sich von denen hier niemand blicken lassen, angeblich gibt
       es Gespräche, aber null Informationen an die Betroffenen.“
       
       Feuker engagiert sich auch als Bürgervertreter im Sanierungsbeirat
       Nördliche Innenstadt. Aber auch dort flössen die Informationen nur
       spärlich, sagt er. Ab und zu referiert der Stadtbaurat, welche notdürftigen
       Reparaturen ausgeführt wurden. Aber zur langfristigen Perspektive der
       Einrichtung? Nichts.
       
       Kein Wunder, dass die Gerüchteküche brodelt. Will die Heilsarmee die
       Einrichtung etwa loswerden? Ist das Konzept nicht mehr genehm? Immerhin
       kümmern sich hier gleich zwölf Mitarbeiter um gerade einmal 21 Bewohner.
       Die Leiterin der Einrichtung wohnt mit ihrer Familie und einer weiteren
       Mitarbeiterin im gleichen Haus.
       
       Nein, versichert der Pressesprecher der Heilsarmee, Manfred Simon, man sei
       nach wie vor [3][an dem Standort Göttingen interessiert] und die Heilsarmee
       werde auch niemanden im Stich lassen. Allerdings seien nun verschiedene
       Lösungsmöglichkeiten im Gespräch und die müssten eben erst einmal
       vertraulich erörtert werden.
       
       ## Stadt hält das Haus für bewohnbar
       
       Auch die Stadt spricht von einem längeren Prozess und vertraulichen
       Gesprächen. Eine besondere Dringlichkeit will man hier nicht erkennen: Das
       Haus sei immer noch in bewohnbarem Zustand, man habe notwendige Reparaturen
       vorgenommen, außerdem wurde ein Statiker mit einem Riss-Monitoring
       beauftragt, auf dessen Ergebnisse man nun noch warte.
       
       So etwas ähnliches, sagt Rainer Feuker, höre er nun aber auch schon seit
       drei bis vier Jahren. „Man bekommt das Gefühl, hier passiert erst was, wenn
       das Haus zusammenfällt.“
       
       Auch die Aktivisten vom Forum Waageplatz-Viertel gehen davon aus, dass das
       Haus über kurz oder lang nicht mehr bewohnbar sein wird. „Durch die
       jahrelang versäumten Sanierungsarbeiten wurde das Gebäude derartig
       runtergewirtschaftet, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis es zu
       einem Unglück kommt“, schreibt die Initiative, die sich gegründet hatte, um
       [4][gegen den Verkauf des nahegelegenen alten] Gefängnisses an einen
       Hostel-Betreiber zu protestieren.
       
       Sie machen sich Sorgen um die drohende Gentrifizierung des Stadtteils unter
       dem Deckmantel der Sanierung und fordern eine alternative Unterbringung für
       die Heilsarmee, die nicht darauf hinausläuft, Obdachlose aus der Innenstadt
       zu vertreiben. Gerade für die Notunterkunft sei die Nähe zum Bahnhof
       wichtig.
       
       20 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.hna.de/lokales/goettingen/goettingen-ort28741/goettinger-obdachlosen-unterkunft-der-heilsarmee-wegen-schaeden-kaum-noch-zu-nutzen-91081064.html
   DIR [2] https://waageplatz-viertel.org/
   DIR [3] /Polizeieinsatz-in-Goettinger-Wohnkomplex/!6000718
   DIR [4] /Verwendung-der-ehemaligen-JVA-Goettingen/!5928652
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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