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       # taz.de -- Ökologisch reisen in Norwegen: Fossilfrei bis zur Tiefkühltheke
       
       > Der Urlaub in Norwegen war klimamäßig einwandfrei: Anreise mit dem Zug,
       > E-Mietauto, Ökostrom in der Sauna. Doch dann diese Steaks im Supermarkt!
       
   IMG Bild: Walfleisch vom Minkwal
       
       Am Ende hätte ich es fast versaut. Das war in Brandbu an der Tiefkühltheke
       im [1][Supermarkt] REMA 1000, zwischen Knäckebrot und Tubenkaviar. Gerettet
       hat mich mein Sohn. Aber dazu später.
       
       Wir wollten mal wieder richtig Ski laufen. Nicht Ski fahren und nicht auf
       einer matschigen grünen Loipe. Deshalb: Norwegen im März. Klar war:
       Geflogen wird nicht. Also die Bahnfahrpläne studiert. Es zeigte sich wieder
       mal: Im Internet kann ich von Socken bis Atombomben alles bestellen, nur
       keine Bahntickets über Landesgrenzen. Wer fliegt, bucht reibungslos bis ans
       Ende der Welt, das er selbst befeuert. Wer Bahn jenseits des
       [2][Deutschlandtickets] fährt, muss zum Schalter oder sehr findig sein. Wo
       ist die KI, wenn man sie braucht?
       
       Irgendwann aber hatten wir unsere Tickets bis Oslo. Und: Alles sauber,
       pünktlich, freundlich, entspannt. Viermal Umsteigen mit Skisack und Ankunft
       um Mitternacht, kein Problem. Der Ökostrom der Bahnen brachte uns an den
       Oslofjord. Da fahren Hinz und Kunz E-Auto, die Busse summen elektrisch
       durch die Stadt (festhalten beim Beschleunigen!), der Strom aus der
       Steckdose kommt fast vollständig aus Wasserkraft.
       
       Sogar Polarforscher Fridtjof Nansen hatte schon 1893 auf seinem Schiff
       „Fram“ eine Windmühle für Strom dabei. Norwegen, dieses komische Öko-Land.
       Total grün, viel Natur, aber ein Reichtum, der sich auf Öl und Gas gründet.
       Und wenn sie ehrlich sind, wissen die Norweger auch nicht, wie das
       weitergehen soll.
       
       ## Keine Flugscham, kein Zugstolz
       
       Wir mieteten ein E-Auto und summten los, sobald wir merkten: Das Auto
       fährt, wenn man das „Gas“-Pedal drückt – auch wenn man keinen Motor hört.
       In der Skihütte ging es weiter: Heizen? Den Kamin mit Birkenholz, die Sauna
       mit Ökostrom. Die Langlaufski glitten über verschneite Loipen und vereiste
       Abfahrten, nirgends dieselgetriebene Skilifte. Wir aßen vegetarisch. Zwei
       Wochen praktisch emissionsfrei. Vom CO2-Ausschnaufen an den steilen
       Anstiegen mal abgesehen. Ein gutes Gefühl. Vor allem, weil wir es nicht
       geplant, sondern nur billigend in Kauf genommen hatten.
       
       Freunde grüßten aus ihren Ferien in Portugal, Thailand, Argentinien und den
       USA. Wir saßen fröhlich in Lygna und schauten über die weißen Hügel in den
       Sonnenuntergang. Die anderen spürten keine Flugscham, wir hatten keinen
       Zugstolz. Die Bahnfahrt war nicht teurer, als es Billigflüge gewesen wären.
       Und wir hatten Zeit fürs Reden, Lesen, Schlafen und Nichtstun.
       
       Also alles friedlich und öko. Bis ich in dieser Kühltheke in Brandbu
       [3][die Steaks] entdeckte. Wann bekommt man so was schon mal? 300 Gramm für
       knapp 10 Euro, ein einzigartiges Erlebnis. Ich könnte doch mal … „Nicht
       dein Ernst“, sagte hinter mir eine schockierte Stimme. „Papa, tu das
       zurück, wenn sie dich damit an der Grenze erwischen, gehst du in den
       Knast.“ Schnell legte ich das eisige Paket wieder zurück. Mit einem
       Biologie-Studenten will man es sich nicht verscherzen. Nicht mal für drei
       Steaks vom Minkwal.
       
       12 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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