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       # taz.de -- Entwicklungshilfe aus Deutschland: Ein letztes Mal Top-Geber
       
       > Aktuelle OECD-Daten zeigen: Deutschland gehört zu den größten Gebern für
       > humanitäre Hilfe und Entwicklung. Doch das wird sich wohl ändern.
       
   IMG Bild: Proteste gegen Kürzungen bei der Entwicklungshilfe vor dem Bundestag 2023
       
       Berlin taz | Industriestaaten haben 2023 so viel wie nie für humanitäre
       Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben. Das zeigen vorläufigen
       Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
       (OECD).
       
       Nach den [1][am Donnerstag veröffentlichten Daten], zahlten 31
       Industriestaaten insgesamt 223,7 Milliarden US-Dollar für öffentliche
       Entwicklungsleistungen, ein Drittel mehr als noch 2019. Der Zuwachs sei vor
       allem auf Leistungen an die Ukraine und einen Anstieg der humanitären Hilfe
       für Entwicklungsländer zurückzuführen, teilte die OECD mit.
       
       Deutschland gehört zu den größten Geberländern. Zum fünften mal erreicht
       Deutschland das UN – Ziel mindestens 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung
       für Entwicklungsfinanzierung auszugeben. Das Ziel wurde bereits 1970
       vereinbart und seitdem von den meisten Staaten verfehlt. Nach Norwegen,
       Luxemburg und Schweden landet Deutschland auf Platz vier der Geldgeber mit
       einem Anteil von 0,79 Prozent des Bruttonationaleinkommens – 33,9
       Milliarden Euro.
       
       Das Entwicklungsministerium (BMZ) räumt jedoch ein: „Knapp 20 Prozent der
       deutschen Entwicklungsleistungen entfallen auf Kosten für die Versorgung
       und Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland“. Dass diese Leistungen
       als Entwicklungsfinanzierung gezählt werden, wurde so international
       vereinbart. Rechnet man sie raus, kommt Deutschland noch auf eine Quote von
       0,64 Prozent.
       
       ## NGOs kritisieren geplante Kürzungen
       
       „Damit ist Deutschland der größte Einzelempfänger seiner eigenen
       Hilfsleistungen“, kritisiert die Entwicklungsorganisation Oxfam
       Deutschland. Und weiter: „In den kommenden Jahren ist angesichts des
       geplanten Kahlschlags im Etat des Entwicklungsministeriums massiver
       Rückgang der deutschen Unterstützung für einkommensschwache Länder zu
       erwarten“.
       
       Bereits für das laufenden Jahr muss das Auswärtige Amt (AA) und das
       Bundesentwicklungsministerium (BMZ) [2][mit insgesamt 1,8 Milliarden Euro
       weniger auskommen]. Prognosen des Bundesfinanzministeriums von 2023 sahen
       bereits noch weniger Geld für 2025 vor. Bundesentwicklungsministerin Svenja
       Schulze (SPD) hatte angekündigt, sich zu wehren.
       
       Mehrere Medien berichteten nun von einem Brief, den Bundesfinanzminister
       Christian Linder (FDP) Ende März an seine Kolleginnen und Kollegen
       schickte. Darin sei von weiteren Kürzungen die Rede: 1,3 Milliarden im AA
       und 9,4 Millionen im BMZ. Die Ministerien haben bis 19. April Zeit
       Vorschläge für Sparmaßnahmen ans Bundesfinanzministerium zu übermitteln,
       hieß es weiter.
       
       Da die meisten Gelder längeren Zeiträumen verpflichtet sind, fallen
       Kürzungen im Entwicklungsministerium sowie im Auswärtigen Amt vor allem in
       der humanitären Hilfe und den Krisentiteln an. Gleichzeitig [3][nehmen die
       humanitären Krisen zu], kritisieren Zivilorganisationen.
       
       In einem offenen Brief wandten sich am Dienstag 14 Hilfs- und
       Entwicklungsorganisationen an Bundesfinanzminister Christian Lindner, um
       die Einsparungen zu verhindern. „In der derzeitigen Weltlage ist eine
       verstärkte globale Zusammenarbeit zwingend notwendig. Um dazu beizutragen,
       eine gerechtere, stabilere und nachhaltigere Welt für alle zu schaffen,
       muss die Bundesregierung klare Prioritäten setzen, die sich auch finanziell
       niederschlagen.“ Die geplanten Kürzungen „verkennen die Bedarfslage“, so
       die NGOs.
       
       12 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.oecd.org/dac/financing-sustainable-development/development-finance-standards/official-development-assistance.htm
   DIR [2] /Bundestag-beraet-ueber-Haushalt/!5986359
   DIR [3] /Humanitaere-Hilfe-in-der-Krise/!5979458
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leila van Rinsum
       
       ## TAGS
       
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