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       # taz.de -- Gehaltsaffäre in Niedersachsen: Aufklärung startet zäh
       
       > Er geriet holprig bis bissig: Auftakt zum Parlamentarischen
       > Untersuchungsausschuss zu Sondergehältern in der niedersächsischen
       > Staatskanzlei.
       
   IMG Bild: Schief ins Licht gerückt: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)
       
       Hannover taz | Es dauerte, bis es endlich zur Sache ging. Zum zweiten Mal
       tagte der Parlamentarische Untersuchungsausschuss [1][zur sogenannten
       „Gehaltsaffäre“] in der niedersächsischen Staatskanzlei. Nach der
       konstituierenden Sitzung sollte es nun endlich an die inhaltliche Arbeit
       gehen. Die ersten Zeugen aus dem Finanzministerium sollten befragt werden.
       Es geht darum festzustellen, ob die außertarifliche Vergütung der
       Büroleiterin von [2][Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)] rechtmäßig
       zustande gekommen ist.
       
       Doch gleich zu Beginn lieferte sich die CDU-Opposition erst einmal ein
       Kräftemessen mit der Regierungsmehrheit. Hinter verschlossenen Türen ging
       es um nicht vollständig vorgelegte Akten und vor allem das Fragerecht. Nur
       unter Protest ließ sich die Opposition am Ende darauf ein, dass nach einem
       CDU-Frageblock von 30 Minuten erst einmal die SPD, dann im Wechsel AfD und
       Grüne dran sein sollten.
       
       Das ist keine ganz unwichtige Frage, wie sich schon bald zeigen sollte:
       Kaum war es der Parlamentarischen Geschäftsführerin und Wortführerin im
       Ausschuss, Carina Herrmann, (CDU) gelungen, die Staatssekretärin im
       Finanzministerium, Sabine Tegtmeyer-Dette einigermaßen in die Zange zu
       nehmen, da musste sie das Fragerecht vorläufig abgeben.
       
       Tegtmeyer-Dette bemühte sich redlich, bei der offiziellen Linie zu bleiben:
       Man habe diesen einen Einzelfall zum Anlass genommen, die Verwaltungspraxis
       insgesamt neu zu betrachten und zu ändern. Das soll notwendig sein, damit
       die Landesregierung als Arbeitgeber – auch für Quereinsteiger – attraktiv
       bleiben kann.
       
       ## Handstreichartig die Regeln geändert?
       
       Die CDU bemühte sich dagegen herauszupräparieren, dass es hier um etwas
       ganz anderes ging: Die Staatskanzlei wollte die junge Büroleiterin genauso
       üppig bezahlen wie ihre Vorgänger auch. Und weil das – vor allem aufgrund
       ihrer nicht ausreichend langen Berufserfahrung – nach den gängigen Regeln
       nicht möglich war, änderte man eben handstreichartig die Regeln.
       
       Den ein oder anderen „kollegialen Konflikt“ musste Tegtmeyer-Dette
       einräumen. Der hatte in den Akten eben auch Spuren hinterlassen. Das
       betrifft vor allem die E-Mails, die zwischen dem Chef der Staatskanzlei,
       Jörg Mielke, und dem Finanzministerium hin und her gingen, aber auch die
       Nachfragen und Anmerkungen, die Tegtmeyer-Dette an ihre eigenen Fachleute
       richtete.
       
       „Für heute konnte ich das Gespräch mit dem MP abmoderieren. Aber für
       nächste Woche müssen wir eine Regelung finden“, heißt es da etwa. Oder:
       „Das Thema AT-Angestellte ist leider noch nicht abgeschlossen“. Darin
       klingt zumindest einmal an: Sonderlich begeistert war man im
       Finanzministerium nicht vom Vorstoß aus der Staatskanzlei.
       
       Anfangs hatte die Fachabteilung mit drastischen Worten davor gewarnt, für
       die Büroleiterin eine Ausnahme von der bisherigen Verwaltungspraxis zu
       machen. Von einer drohenden „massiven Ungleichbehandlung von Beamten und
       Angestellten“, einer „Bezahlung nach Gutdünken“ und möglichen „Verstößen
       bis hin zur Untreue“ ist in einer – besonders drastisch formulierten –
       E-Mail aus der Fachabteilung die Rede.
       
       ## Empörung über fehlende Akten
       
       Das habe sich aber noch auf den Einzelfall bezogen, wiegelte
       Tegtmeyer-Dette ab. Es habe da eine „Umbruchphase“ gegeben, in der sich die
       Debatte weg von dieser Personalie hin zu einer –politisch erwünschten –
       allgemeinen Neuregelung bewegt habe.
       
       Bei dem Versuch nachzuweisen, dass es hier unzulässigen Druck von ganz oben
       gab, wurde es allerdings schnell sehr kleinteilig und schwierig. [3][Die
       CDU bemühte sich] zunächst, die zeitliche Abfolge zu rekonstruieren – auch
       um klar zu kriegen, wann und auf wessen Betreiben es denn nun im
       Finanzministerium zur Kehrtwende kam.
       
       Für große Empörung sorgte im Laufe der Sitzung auch, dass in den
       vorgelegten Akten offenbar wesentliche Teile der Korrespondenz zwischen
       der Finanz-Staatssekretärin und ihrem Minister, Gerald Heere (Grüne),
       fehlen. Bis in den späten Nachmittag zog sich die Befragung der ersten
       Zeugin, die streckenweise eher einer Vernehmung glich.
       
       Wie weit die daraus gewonnen Erkenntnisse reichen, wird sich aber erst im
       Kontrast zu den weiteren Zeugenaussagen zeigen. Um die Fortsetzungstermine
       gab es allerdings auch noch Streit.
       
       3 May 2024
       
       ## LINKS
       
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