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       # taz.de -- Gesetzentwurf von Buschmann und Faeser: Ampel gegen Scheinväter
       
       > Die Bundesregierung will verhindern, dass Männer nur für den
       > Aufenthaltstitel zu Vätern werden. Künftig soll das Ausländeramt
       > zustimmen müssen.
       
   IMG Bild: Echte Vaterschaft oder Betrug? Justizministerium und Innenministerium wollen gegen sogenannte Scheinväter vorgehen
       
       Freiburg taz | Die Bundesregierung will gegen sogenannte Scheinväter
       vorgehen, die eine Vaterschaft nur anerkennen, um einer Frau oder sich
       selbst [1][aufenthaltsrechtliche Vorteile zu verschaffen.] Innenministerin
       Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) haben einen
       gemeinsamen Gesetzentwurf dazu vorgelegt. In Verdachtsfällen soll künftig
       die Zustimmung des Ausländeramts erforderlich sein.
       
       Medienträchtige Fälle wie der des Dortmunders Jonathan A., der 24 Kinder
       von verschiedenen Frauen anerkannt haben soll, haben politischen
       Handlungsdruck erzeugt. Denn nicht nur die Frauen und Kinder erlangen so
       Aufenthaltsrechte, oft können auch Familienangehörige nachgeholt werden.
       Allein im Fall von Jonathan A. erhielten so insgesamt 94 Personen ein
       Aufenthaltsrecht und leben nun überwiegend von Sozialleistungen.
       
       Künftig soll, so der Gesetzentwurf, bei einem „Aufenthaltsgefälle“ eine
       Vaterschaftsanerkennung nur noch mit Zustimmung des Ausländeramts möglich
       sein. Ein solches Gefälle besteht zum Beispiel, wenn der Vater Deutscher
       ist, die Mutter aber nur geduldet – oder umgekehrt. Die Ministerien gehen
       von rund 65.000 Prüffällen pro Jahr aus. Die Hälfte davon betrifft
       Deutsche, die im Ausland leben.
       
       Wenn der Mann mit einem Gentest beweist, dass er leiblicher Vater des
       Kindes ist, endet die Prüfung sofort wieder. Die Ministerien gehen davon
       aus, dass in zwei Dritteln der Prüffälle eine leibliche Vaterschaft
       vorliegt. Die Eltern haben dann Mehrkosten von 200 bis 300 Euro für den
       Gentest, der auch erst nach der Geburt durchgeführt werden darf. Doch auch
       wenn jemand nur „sozialer“ Vater sein will, ist eine
       Vaterschaftsanerkennung grundsätzlich möglich.
       
       ## Noch mehr Arbeit für überlastete Ämter
       
       Das Gesetz will nur Fälle ausschließen, bei denen es ausschließlich um die
       Verschaffung von aufenthaltsrechtlichen Vorteilen geht. Ob dabei Geld
       fließt, ist irrelevant. Das Ausländeramt soll laut Gesetzentwurf vermuten,
       dass eine soziale Vaterschaft vorliegt, wenn der Mann und die Frau seit
       mindestens sechs Monaten eine gemeinsame Meldeadresse haben, wenn der Mann
       für das Kind Unterhalt zahlt und/oder regelmäßig mit ihm Umgang hat. Auch
       eine Heirat von Mann und Frau würde zur Vermutung sozialer Vaterschaft
       führen.
       
       Umgekehrt soll eine Vermutung gegen soziale Vaterschaft sprechen, wenn der
       Mann schon Kinder von anderen Frauen anerkannt hat, wenn Mann und Frau sich
       gar nicht verständigen können, wenn eine Bezahlung für die Anerkennung klar
       nachweisbar ist und/oder wenn Mann und Frau wiederholt nicht zu
       Anhörungsterminen erschienen sind.
       
       In allen übrigen Fällen muss das Ausländeramt durch Befragen der
       Beteiligten oder auf anderen detektivischen Wegen herausfinden, ob die
       behauptete soziale Vaterschaft besteht. Wenn [2][die chronisch überlasteten
       Ausländerbehörden] länger als vier Monate brauchen, soll die Zustimmung als
       erteilt gelten. Der Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, ist derzeit in der
       Länder- und Verbände-Anhörung. Er soll im Juni im Kabinett beschlossen
       werden.
       
       Auch bisher sind missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen verboten.
       Anträge wurden aber nur näher überprüft, wenn Notar:in oder Standesamt
       Verdacht schöpften. Indem nun bei allen Fällen mit „Aufenthaltsgefälle“
       zwingend das Ausländeramt einzuschalten ist, soll die Prüfung
       wirkungsvoller werden. In den Jahren 2018 bis 2021 wurden bundesweit
       insgesamt nur rund 290 missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen
       festgestellt.
       
       2014 beanstandete das Bundesverfassungsgericht eine Regelung, bei der
       Ausländerbehörden in Verdachtsfällen einen Gentest verlangen konnten und
       bei fehlender biologischer Vaterschaft ein Missbrauch angenommen wurde. Es
       gebe auch gute Gründe, so Karlsruhe damals, die soziale Vaterschaft für ein
       Kind zu übernehmen.
       
       2 May 2024
       
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