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       # taz.de -- Dekoloniale Straßenumbenennungen: Petersallee endlich Geschichte
       
       > Die Umbenennung der Straße in Maji-Maji-Allee und Anna-Mungunda-Allee ist
       > rechtskräftig. SPD-Politiker Schulz kritisiert lahmen Bezirk Mitte.
       
   IMG Bild: Das echte Straßenschild gibt es noch nicht, hier ein selbstgemachtes im Büro der Dekoloniale
       
       Berlin taz | Es ist so weit: Die Umbenennung der Petersallee in Wedding ist
       rechtskräftig. Wie dieser Tage bekannt wurde, hat das
       Oberverwaltungsgericht die Zulassung einer Berufungsklage gegen ein Urteil
       der Vorinstanz Ende März abgelehnt. Eine Sprecherin des Gerichts bestätigte
       dies auf Anfrage der taz. Damit kann die Umbenennung in Maji-Maji-Allee
       (westliches Teilstück) und Anna-Mungunda-Allee (östliches) Wirklichkeit
       werden – so wie es die Bezirksverordnetenversammlung Mitte vor sechs Jahren
       beschlossen hat.
       
       Die Debatte über koloniale Straßennamen ist Jahrzehnte alt. Inzwischen
       folgen Bezirkspolitiker zunehmend den Forderungen der Zivilgesellschaft und
       vergeben neue Namen, wo bisher Kolonialisten wie Carl Peters, Begründer der
       Kolonie „Deutsch-Ostafrika“, geehrt oder rassistische Begriffe wie das
       M-Wort benutzt wurden. Im Fall des Afrikanischen Viertels beschloss die BVV
       Mitte im Jahr 2018 die Umbenennung des Nachtigalplatzes in
       Manga-Bell-Platz, der Lüderitzstraße in Cornelius-Fredericks-Straße – und
       eben der Petersallee.
       
       Allerdings werden solche Umbenennungen durch Klagen oft jahrelang
       verzögert. Die Umbenennung von Manga-Bell-Platz und
       Cornelius-Fredericks-Straße konnte deswegen [1][erst im Dezember 2022
       vollzogen] werden. Die Petersallee blieb damals außen vor, dort war noch
       die Klage einer Privatperson offen, die sich mit der Abweisung beim
       Verwaltungsgericht nicht abfinden und in Berufung gehen wollte. Dies hat
       das OVG jetzt abgelehnt.
       
       Solche jahrelangen Hängepartien müssten nicht sein, sagt der
       SPD-Abgeordnete für den Wedding, Mathias Schulz. Die Bezirksämter könnten
       zum Beispiel „die sofortige Vollziehbarkeit“ von einmal beschlossenen
       Straßenumbenennungen anordnen, anstatt zu warten, bis sämtliche
       Widerspruchs- und Klageverfahren durchlaufen sind.
       
       ## Nicht so lange warten
       
       „Andere Bezirke wie Neukölln, aber auch andere Städte in Deutschland machen
       es vor“, so Schulz zur taz. Er verweist auf Neukölln, wo 2021 die
       [2][Wissmannstraße in Lucy-Lameck-Straße umbenannt] wurde. Hier erfolgte
       die Feierlichkeit nur fünf Monate nach dem [3][Beschluss der BVV] – und
       wurde vollzogen, [4][obwohl es zu diesem Zeitpunkt Klagen gegen die
       Umbenennung gab]. Er habe den Eindruck, so Schulz, dass der Bezirk Mitte
       solche Möglichkeiten nicht ausreichend geprüft habe.
       
       Auch im Fall der M*-Straße in Mitte liegt die 2020 beschlossene Umbenennung
       in Anton-Wilhelm-Amo-Straße auf Eis, weil noch ein Kläger in Berufung gehen
       möchte. Die Musterklage von sieben Privatpersonen, darunter der Historiker
       und Autor Götz Aly, wurde zwar [5][im Juli 2023 vom Verwaltungsgericht
       abgewiesen]. Aber seither prüft das OVG, ob Alys Antrag auf Berufung
       zugelassen wird. So lange wird in Mitte nicht gefeiert. „Solche Vorgänge
       machen deutlich, dass immer noch eine Menge Arbeit vor uns liegt, um
       deutlich zu machen, wie problematisch solche Straßennamen sind“, sagte
       Tahir Della von der Dekoloniale Berlin, die sich unter anderem für
       Straßenumbenennungen engagiert.
       
       Manchmal hängen Verzögerungen auch am Geld. Beim Nettelbeckplatz in Wedding
       hakte die Sache voriges Jahr wegen einer Haushaltssperre, die Treffen eines
       Gremiums verhinderte, das dem Kulturausschuss drei Namensvorschläge
       präsentieren soll. Inzwischen tagt das Gremium laut Della und wird wohl wie
       geplant bis Herbst Vorschläge machen.
       
       Und die Petersallee? Eine Anfrage der taz ans Bezirksamt, wann und wie die
       Umbenennung vollzogen wird und was man zur Kritik am lahmen Vorgehen sage,
       wurde bis Redaktionsschluss am Mittwoch nicht beantwortet. Die
       SPD-Bezirksverordnete Vera Morgenstern geht davon aus, dass die Umbenennung
       feierlich „und unter Mitwirkung der beteiligten zivilgesellschaftlichen
       Organisationen“ begangen wird – „sobald sinnvoll möglich“.
       
       17 Apr 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
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