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       # taz.de -- Zug um Zug für Zypern
       
       > Bei den Turn-Europameisterschaften in Rimini gewinnt der 26-jährige
       > Marios Georgiou den Mehrkampf. Es ist der erste EM-Titel für sein Land
       
   IMG Bild: Marios Georgiou am Reck
       
       Aus Rimini Sandra Schmidt
       
       Marios Georgiou war mit einem Ziel zu den Europameisterschaften ins
       Adriastädtchen Rimini gereist: Er wollte im Mehrkampf der Beste unter
       denjenigen Turnern sein, deren Nationalverbände sich noch nicht als
       Mannschaft bzw. mit drei Einzelstartern für die [1][Olympischen Spiele]
       qualifiziert haben. Denn in diesem Wettkampf, der innerhalb der EM
       stattfand, wurde das allerletzte Ticket für Paris vergeben. „Das war der
       stressigste Tag in meiner ganzen Turnkarriere“, beschrieb er seinen
       Auftritt am vergangenen Mittwoch, bei dem er an allen sechs Geräten
       großartiges [2][Turnen] gezeigt hatte. Es galt allerdings, noch eine
       weitere Gruppe abzuwarten und im Publikum sitzend zu hoffen. „Überhaupt
       kein Problem“, lächelte Georgiou, „ich habe das Beste gezeigt, was ich
       kann. Wenn es reicht, okay. Aber wenn es nicht reicht, dann gratuliere ich
       demjenigen, der das Ticket holt und freue mich für ihn.“
       
       Es reichte und zwar nicht nur für das Olympiaticket, sondern auch für den
       Titel des Mehrkampf-Europameisters. Damit hatte niemand gerechnet. Auf die
       Frage, wann ihm die Idee gekommen sei, dass er auf dem Podium stehen würde,
       antwortete Georgiou – die Goldmedaille fest in rechten Hand haltend – der
       Ukrainer Oleg Vernjajew habe ihm nach der Hälfte des Wettkampfs gesagt: „Du
       wirst hier auch Europameister!“ Das habe er aber nicht wirklich geglaubt,
       im Turnen könne schließlich immer noch was passieren. „Irgendwann dämmerte
       es mir. Wir haben angefangen zu rechnen und dann wusste ich: Ich kann
       Europameister werden.“
       
       Es ist das erste Mal, dass ein Zyprer diesen Titel gewinnt. Das erste Mal
       in der Geschichte des zyprischen Turnens – eine Formulierung, die dem
       26-Jährigen vertraut ist. So erstmals, als er 2015 sechs Goldmedaillen bei
       den [3][„Spielen der kleinen Staaten von Europa“] – darunter Andorra,
       Monaco und San Marino – gewann. 2016 war es die Teilnahme an Olympischen
       Spielen, 2019 die erste EM-Medaille, damals Bronze im Mehrkampf hinter zwei
       Russen. 2022 schließlich der erste EM-Titel und zwar am Reck. Der zyprische
       Staatspräsident Nicos Anastasiades twitterte damals, dieses Ergebnis sei
       „eine große Ehre für Zypern“.
       
       Marios Georgiou war als Dreijähriger im Kindergarten seiner Heimatstadt
       Limassol einem Trainer auf Talentsuche aufgefallen, weil er am Ast eines
       Baumes hing und hin- und herschwang. Nun wird er zum dritten Mal an
       Olympischen Spielen teilnehmen. „Die ersten beiden sind für die Erfahrung,
       die dritten werden die Guten“, hofft Georgiou, der 2016 in Rio seinen
       Wettkampf verletzt abbrechen musste und sich [4][2021 in Tokio] für kein
       einziges Finale qualifizierte. Ende 2022 hatte er noch eine komplizierte
       Schulteroperation. „Das letzte Jahr war mental eine extreme Zeit für mich.
       Wir haben so viele Opfer gebracht, so viel investiert.“ In der Reha-Phase
       habe ihm auch der Grieche Eleftherios Petrounias geholfen, der selbst schon
       ähnliche Schulterprobleme hinter sich hat und in Rimini seinen Titel an den
       Ringen verteidigte. „Ein absoluter Schulterexperte!“, weiß Georgiou.
       
       Als Marios Georgiou in Rimini Bronze am Pauschenpferd gewann, war das die
       nächste Überraschung. Er habe sich einfach gefreut, in diesem Finale zu
       stehen, sagte Georgiou. Als dann noch Silber am Barren und Bronze am Reck
       dazukamen, lachte er glücklich und ungläubig: „Jetzt habe ich keine Worte
       mehr.“ Die vorerst letzte historische Premiere für Marios Georgiou und das
       Turnen Zyperns fand übrigens gestern statt: Das Team stand erstmals im
       Finale der besten acht europäischen Mannschaften. Ein Zehntel besser als
       die deutschen Männer, die kein Finale erreichten.
       
       29 Apr 2024
       
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