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       # taz.de -- Berlin-Kreuzberg am 1. Mai: Betreutes Biertrinken
       
       > Auch ohne Myfest wird am Tag der Arbeit in Kreuzberg vor allem gefeiert –
       > stets unter den Augen der Polizei. Ab und zu wird es aber doch politisch.
       
   IMG Bild: Am 1. Mai immer gut besucht: der (noch nicht umzäunte) Görlitzer Park in Kreuzberg
       
       Obwohl das [1][Kreuzberger Myfest auch in diesem Jahr abgesagt wurde], sind
       vor zahlreichen Spätis und Kneipen Soundsysteme und Musikinstrumente
       aufgebaut. Junge Leute strömen in Massen mit Bier, Mate und Sekt durch die
       Straßen und in den Görlitzer Park.
       
       Sie gehen vorbei an Hauseingängen, in denen vereinzelt abgehärmte Junkies
       hocken, die mit leerem Blick vor sich hin starren – und vorbei an
       Polizeieinheiten, die unübersehbar vor und auch im Park selbst postiert
       sind. Sogar einen Kameraüberwachungswagen haben sie mitgebracht. Auch das
       Ordnungsamt und einige Parkläufer sind da, ein Vorgeschmack darauf, wie es
       aussehen könnte, sollte [2][der umstrittene Zaun um den Park] tatsächlich
       gebaut werden.
       
       Gegen diesen Zaun richtet sich eine Blockparty und Protestkundgebung, die
       am Pamukkale angemeldet ist. Eine DKP-Fahne flattert im Wind, später
       gesellen sich eine Palästina- und eine DDR-Fahne hinzu. Ein Redner erzählt
       von der Geschichte des 1. Mai in Kreuzberg, dann kritisiert eine Frau den
       geplanten Zaun um den Park. „Ein Zaun wird die Probleme nur in den Kiez
       verlagern“, sagt sie mit leiser Stimme und stellt klar: „Der Görli bleibt
       offen. Wir fordern soziale Lösungen für soziale Probleme.“
       
       Der anschließende Dancehall-Sound ist da wesentlich mächtiger, das
       Soundsystem hat es in sich. Statt Sahara- weht Görlistaub über den Platz,
       einige Leute tanzen, die meisten suchen sich jedoch einen Platz im
       Schatten.
       
       ## Am Mariannenplatz geht es politischer zu
       
       Ein paar hundert Meter weiter, im Herzen von Kreuzberg 36, ist für Autos
       kaum noch ein Durchkommen möglich: Das traditionelle Fest der Linken hat
       Tausende Menschen auf den Mariannenplatz gelockt, die an den zahlreichen
       Ständen vorbeiflanieren. Der Altersschnitt hier ist etwas höher als im
       Görli, insgesamt ist es diverser, familiärer und politischer. An den
       Ständen machen DGB, VVN, verschiedene linke und palästinasolidarische
       Gruppen Werbung, auch La France Insoumise, die spanischen Podemos und
       Aufstehen gegen Rassismus sind dabei. Auch hier patrouilliert die Polizei
       durch die Menge.
       
       Der langweilige Rock auf der Bühne wird abgelöst durch die Begrüßung der
       beiden Linken-Bezirksvorsitzenden Kerstin Wolter und [3][Pascal Meiser].
       Dieses Fest stehe für den politischen 1. Mai, sagt Meiser: „Wir sind und
       bleiben überzeugte Antikapitalist*innen“, denn mit dem Kapitalismus sei
       kein Staat zu machen.
       
       Meiser erinnert an die erneut gewaltsam aufgelöste Gewerkschaftsdemo in
       Istanbul sowie an die politischen Gefangenen in Belarus und anderen
       Autokratien. Anschließend folgen Talks zum Kampf gegen Obdachlosigkeit und
       Wohnungslosigkeit und auch hier zum „unsäglichen“ Zaunbau um den Görli,
       dazwischen läuft Livemusik von Rock bis Punk.
       
       Auf der Nordseite des Platzes hat sich „Die Partei“ breit gemacht. Hier
       sind weniger Leute, dafür viele fantasievolle Stände, alle von der
       „Partei“. Ein Sprecher auf die Bühne versucht, dem Ruf als Satirepartei
       gerecht zu werden. Anstatt zu fragen, was die EU tue, um Menschen in Seenot
       zu retten, müsse die Frage lauten: „Was haben Menschen in Seenot getan, um
       die EU zu retten?“ Anschließend überlegt er, dass ein Beitritt der Ukraine
       in die EU zu mehr bezahlbarem Wohnraum im Osten führen würde. Im
       Hintergrund wummern die Bässe von einem der zahllosen Soundsysteme.
       
       1 May 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Darius Ossami
       
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       sorgt er dafür, dass der 1. Mai immer unpolitischer wird.