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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Sanktionen gegen iranische Drohnen
       
       > Die USA und EU verhängen Sanktionen gegen den Iran. Bemühungen, einen
       > Flächenbrand im Nahen Osten zu verhindern, laufen weiter auf Hochtouren.
       
   IMG Bild: Zwischen Verteidigung und Angriff. Eine israelische Raketenabwehrbatterie des „Iron Dome“ auf einem Kriegsschiff vor Eilat
       
       Brüssel/Tel Aviv/Washington dpa | Nach dem iranischen Angriff auf Israel
       verhängen die USA und Großbritannien Sanktionen gegen Teheran. Die
       US-Regierung hatte den Schritt bereits angekündigt, am Donnerstag
       veröffentlichte das Finanzministerium die Details. Die Sanktionen zielen
       demnach auf das Drohnenprogramm sowie die Stahlindustrie und
       Automobilhersteller in der Islamischen Republik ab. Betroffen sind den
       Angaben zufolge unter anderem 16 Einzelpersonen und Unternehmen, deren
       Technik für die beim Angriff auf Israel eingesetzten Drohnen verwendet
       worden sei.
       
       Nach US-Angaben belaufen sich die Einnahmen aus der iranischen
       Stahlindustrie auf mehrere Milliarden US-Dollar im Jahr, die sich vor allem
       aus Exporten generieren.
       
       ## Iran droht, „Nuklear-Doktrin“ zu ändern
       
       Teheran (dpa) | Vor dem Hintergrund militärischer Spannungen in Nahost hat
       ein iranischer Kommandeur Andeutungen gemacht, dass das Land einen neuen
       Kurs beim Atomprogramm einschlagen könnte. Sollte Israel den Iran mit
       Angriffen auf iranische Atomanlagen drohen und das Land damit unter Druck
       setzen wollen, sei eine „Überprüfung der nuklearen Doktrin und Politik der
       Islamischen Republik“ sowie ein Abkommen von alten Grundsätzen „möglich und
       denkbar“, sagte der Kommandeur für nukleare Sicherheit, Ahmad Hagh-Taleb,
       laut der Nachrichtenagentur Tasnim am Donnerstag.
       
       Bisher hatte Irans Staatsführung immer betont, nicht nach Nuklearwaffen zu
       streben und das heimische Atomprogramm für rein zivile Zwecke zu nutzen.
       
       ## Israel behält sich eigene Entscheidung über Gegenschlag vor
       
       Während engste Verbündete Israel nach dem iranischen Großangriff zu
       Verzicht auf eine harte Gegenreaktion drängen, behält sich der jüdische
       Staat eine eigene Entscheidung über das weitere Vorgehen vor. [1][Die EU
       rief sowohl Israel als auch den Iran auf, von weiteren gegenseitigen
       Angriffen abzusehen]. Man fordere alle Parteien nachdrücklich auf, äußerste
       Zurückhaltung zu üben und keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Spannungen
       in der Region verstärken könnten, hieß es in einer in der Nacht zum
       Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel veröffentlichten Erklärung der Staats-
       und Regierungschefs.
       
       Auch UN-Generalsekretär António Guterres rief angesichts „gefährlicher
       Rhetorik in der Region“ erneut zu „größter Zurückhaltung“ auf, wie sein
       Sprecher sagte. Israels Kriegskabinett will der israelischen
       Nachrichtenseite Ynet zufolge diesen Donnerstag über eine Antwort auf den
       [2][iranischen Angriff,] die festgefahrenen Verhandlungen über einen
       Geisel-Deal im Gaza-Krieg sowie den verschärften Konflikt mit der
       proiranischen Hisbollah-Miliz im Libanon beraten.
       
       Im Anschluss an Krisengespräche mit Deutschland und Großbritannien hatte
       der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu am Mittwoch gesagt, er
       schätze zwar „Vorschläge und Ratschläge“. Israel werde jedoch seine
       Entscheidungen selbst treffen und „alles Notwendige tun, um sich selbst zu
       verteidigen“, sagte Netanjahu nach Treffen mit Außenministerin Annalena
       Baerbock und dem britischen Außenminister David Cameron. Vor ihrem
       Weiterflug zum G7-Außenministertreffen in Capri mahnte Baerbock den Iran
       und Israel zu „maximaler Zurückhaltung“. Sie warnte: „Mit einer
       Eskalationsspirale wäre niemandem gedient.“ Die Außenminister der Gruppe
       sieben wirtschaftsstarker Demokratien beraten am Donnerstag angesichts
       eines drohenden Flächenbrands über weitere Sanktionen gegen den Iran.
       
       ## Iran erneuert Warnung vor israelischem Gegenschlag
       
       Auslöser des iranischen Angriffs auf Israel in der Nacht zum Sonntag mit
       Hunderten von Drohnen und Raketen war ein mutmaßlich israelischer Angriff
       auf die iranische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus gewesen.
       Dabei waren zu Beginn des Monats unter anderem zwei Generäle der iranischen
       Revolutionsgarden getötet worden. Israel hat bereits Vergeltung für Irans
       Angriff angekündigt. Irans Präsident Ebrahim Raisi erneuerte wiederum am
       Mittwoch seine Warnung vor einem Gegenschlag. Falls Israel auch nur die
       geringste „Aggression“ gegen den Iran ausüben sollte, wäre die iranische
       Antwort „verheerend“ und die Israelis würden es bitter bereuen, sagte Raisi
       laut der Nachrichtenagentur Tasnim.
       
       ## Konflikt mit proiranischer Hisbollah verschärft sich
       
       Israels Luftwaffe griff unterdessen nach einem Angriff aus dem Libanon mit
       zahlreichen Verletzten nach eigenen Angaben vom Mittwochabend militärische
       Infrastruktur der proiranischen Hisbollah-Miliz im Norden des Libanons an.
       Die Anlage im Raum Baalbek werde vom Luftabwehrsystem der Hisbollah
       genutzt, hieß es. Bei einem Angriff aus dem Libanon waren im Norden Israels
       mindestens 14 Soldaten verletzt worden, wie das israelische Militär zuvor
       mitteilte. Israelische Medien berichteten unter Berufung auf eine
       behandelnde Klinik, es seien 18 Menschen verletzt worden. Laut der Times of
       Israel sollen unter den Opfern vier Zivilisten sein. Der von der
       proiranischen Schiitenmiliz im Libanon kontrollierte Fernsehsender Al-Manar
       berichtete, es sei ein Gebäude beschossen worden, in dem sich israelische
       Soldaten aufgehalten hätten. Es habe Opfer unter ihnen gegeben, hieß es.
       
       ## Israels Botschafter fordert „Kurswechsel“ der EU gegenüber dem Iran
       
       Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, forderte die EU unterdessen
       zu einem „Kurswechsel“ in ihrer Politik gegenüber dem Iran auf. Nach dem
       iranischen Großangriff auf sein Land müsse Europa „klare Kante zeigen“,
       sagte der Botschafter der Rheinischen Post. „Zum Beispiel, indem die
       iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation gelistet wird. Die
       Revolutionsgarde verbreitet Terror und Gewalt im Nahen Osten und darüber
       hinaus“, sagte Prosor. „Europa ist am Zug. Wir haben gesehen, dass es nicht
       gelungen ist, die Gefahren des Iran einzudämmen. Wir brauchen einen
       Kurswechsel.“ Bundeskanzler Olaf Scholz sieht einen möglichen Ansatz für
       die Einstufung der Revolutionsgarden als Terrororganisation. Es gebe ein
       Urteil zu der Frage der Aktivitäten dieser Organisation, sagte Scholz am
       Mittwochabend am Rande des EU-Gipfels. Dies könnte ein Ausgangspunkt für
       die Listung der Revolutionsgarden sein. Eine juristische Prüfung in der EU
       zu dem Thema laufe derzeit.
       
       ## US-Repräsentantenhaus soll am Wochenende über Israel-Hilfen abstimmen
       
       Unterdessen steht nach monatelanger Blockade eines umfangreichen
       [3][US-Hilfspakets für die Ukraine, Israel und den Indopazifik] eine
       Abstimmung im US-Repräsentantenhaus wahrscheinlich kurz bevor. Der
       Vorsitzende der Kammer, Mike Johnson, sagte, er erwarte ein Votum am
       Samstagabend (Ortszeit). Der mächtige Kontrollausschuss veröffentlichte am
       Mittwoch die Gesetzestexte, über die nun abgestimmt werden soll. Für Israel
       sind rund 26 Milliarden Dollar (24 Mrd. Euro) vorgesehen. Dazu zählen vier
       Milliarden Dollar zur Aufstockung der Raketenabwehrsysteme Iron Dome und
       David's Sling. Im Falle einer Zustimmung wäre der Senat am Zug. Es gilt als
       wahrscheinlich, dass die von den Demokraten geführte Kammer das Vorhaben
       unterstützt.
       
       ## Katar will Rolle als Vermittler bei Gaza-Verhandlungen überdenken
       
       Das Golfemirat Katar will unterdessen seine Rolle als Vermittler im
       Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas überdenken. Katars
       Rolle sei in gewissem Maße für politische Zwecke missbraucht worden, sagte
       Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani am Mittwoch in der
       Hauptstadt Doha. Wen und was er dabei konkret meinte, führte er nicht aus.
       „Dies hat Katar dazu veranlasst, seine Rolle völlig neu zu bewerten und wir
       befinden uns derzeit in dieser Phase“, sagte Al Thani. Seit Monaten laufen
       unter Vermittlung Katars, der USA und Ägyptens Verhandlungen über eine
       Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln, die bei dem Überfall
       islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres in
       den Gazastreifen verschleppt worden waren. Ein Durchbruch bei den
       Verhandlungen ist derzeit jedoch nicht absehbar.
       
       ## Erstmals Gaza-Hilfsgüter über Hafen von Aschdod abgewickelt
       
       Unterdessen wurden erstmals seit der Öffnung des Hafens von Aschdod in
       Südisrael Hilfslieferungen für den Gazastreifen dort abgewickelt. Acht
       Transporter mit Mehl seien kontrolliert und dann in das Küstengebiet
       gebracht worden, teilten Israels Armee sowie die für Kontakte mit den
       Palästinensern und humanitäre Hilfe zuständige israelische Cogat-Behörde am
       Mittwochabend mit. Die Lkw des Welternährungsprogramms (WFP) seien
       allerdings über den Grenzübergang Kerem Schalom im Süden in das
       abgeriegelte Küstengebiet gefahren – nicht über Erez im Norden des
       Gazastreifens, dessen Öffnung Israel ebenfalls jüngst angekündigt hatte. Es
       gab am Mittwoch keine Angaben, wann das passieren könnte. Kerem Schalom
       wird schon länger für Hilfslieferungen genutzt. In Teilen des abgeriegelten
       Gazastreifens, vor allem im Norden, droht Experten zufolge eine Hungersnot.
       
       18 Apr 2024
       
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