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       # taz.de -- Turn-EM in Rimini: Sprung nach vorn
       
       > Wie die Turnerin Karina Schönmaier am Chemnitzer Stützpunkt unter Trainer
       > Anatol Aschurkow zu sich findet.
       
   IMG Bild: Kokett: Karina Schönmaier bei der Turn-EM in Italien
       
       Gute Wettkämpfe, die sind für Turnerin Karina Schönmaier „immer so ein
       Motivationskick“. Bei der EM zeigte sie einen solchen Wettkampf, erreichte
       ihr erklärtes Ziel – das Sprungfinale – und wurde Fünfte. „Ich bin da ohne
       Druck reingegangen“, erklärte sie, obschon einer ihrer Sprünge eine
       Premiere auf der großen Bühne war.
       
       Es ist erst anderthalb Jahre her, dass Schönmaier die Jüngste im deutschen
       Team war, damals bei ihrer ersten WM 2022, nun ist sie mit 18 Jahren die
       Älteste. „Jetzt bin ich das Vorbild“, sagte Schönmaier vor Beginn der
       Wettkämpfe in Rimini und nahm diese Rolle an. Mit einem gelungenen
       Mehrkampf führte sie das Quintett ins Teamfinale.
       
       Sie erklärte in der Mixed Zone neben ihren 15- und 16-jährigen
       Kameradinnen: „Als Team haben wir das gut gemacht, obwohl es ein paar
       kleine Fehler gab. Wir können alle stolz auf uns sein.“ Sie formuliert
       ruhig, selbstkritisch und fast schon routiniert. Dabei sind die Wettbewerbe
       an der Adria auch für sie die erste EM – und das nach einer schwierigen
       Zeit. Schönmaier war Ende 2022 an den [1][Bundesstützpunkt nach Chemnitz]
       gewechselt.
       
       ## Anlauf im Freien
       
       [2][In ihrer Halle beim TuS Huchting], wo sie bei Katharina Kort das Turnen
       gelernt hat, mussten sie die Notausgangstüre aufmachen, um die 25 Meter für
       den Sprunganlauf zu simulieren. Jahrelang begann Schönmaier ihren Anlauf im
       Freien. Die Bedingungen in Chemnitz sind optimal, und doch fühlte sich die
       Bremerin mit russischen Wurzeln fernab von Familie und gewohntem Umfeld
       lange Zeit nicht wohl.
       
       Irgendwann habe sie gemerkt, dass ein solcher Wechsel Zeit braucht: „Die
       Zeit habe ich mir genommen, und jetzt funktioniert alles super“, sagt
       Schönmaier, die nun auch eine eigene Wohnung in Chemnitz hat. Waschen,
       kochen, einkaufen, das hat Karina alles schnell gelernt: „Auf mich alleine
       gestellt war das am Anfang schwierig, aber jetzt habe ich meinen Rhythmus
       gefunden.“
       
       Dass junge Turnerinnen Zeit brauchen, um zu wachsen, davon ist auch ihr
       Trainer Anatol Aschurkow überzeugt. „Es geht darum, die jungen Menschen
       beim Erwachsenwerden zu unterstützen, hart zu trainieren, aber nicht nur an
       das Turnen zu denken“, lautet eine seiner Überzeugungen. Aschurkow, einst
       selbst Turner in Belarus, hatte bereits elf Jahre erfolgreich in Norwegen
       gearbeitet, bevor er mitsamt Familie nach Chemnitz zog, wo er Ende 2021
       eine schwierige Mission antrat.
       
       Damals kämpften einige Funktionäre und Eltern noch für die Rehabilitierung
       der früheren Cheftrainerin Gabriele Frehse, die wegen inakzeptabler
       Trainingsmethoden suspendiert worden war. Der neue Trainer wurde daher
       keineswegs von allen herzlich empfangen. Aschurkow ist überzeugt, dass
       glückliche Turnerinnen effektiver trainieren, entsprechend arbeitet er. So
       hat eine nun selbstbewusstere Karina Schönmaier ihren neuen Sprung schnell
       gelernt, erzählt er. „Schnell ist aber nicht wichtig“, findet Aschurkow:
       „Das ist wie beim Bau eines Hauses: Wenn alles schnell gemacht wird, kann
       es morgen wieder zusammenbrechen, aber wenn man stabil baut, hält es
       Jahrhunderte.“
       
       Karina Schönmeier schätzt ihren Trainer, weil er „schöne Worte“ findet,
       auch wenn etwas nicht gelingt und nicht zuletzt, weil sie mit ihm auch in
       ihrer Muttersprache reden kann. Das sei manchmal eine „Riesenhilfe“ sagt
       Karina, und nicht nur für sie: „Ich glaube, ich bin auch eine gute
       Übersetzerin für’s Team!“ Bei schwierigen Themen kommt es schließlich auf
       die richtige Wortwahl an.
       
       In jüngster Zeit wird das Chemnitzer Team immer größer, mehrere
       Kaderturnerinnen wechselten nach Sachsen. Der jüngste Neuzugang ist die
       Trainerin Tatjana Bachmayer, die nach 18 Jahren im Karlsruher Stützpunkt
       eine neue Herausforderung suchte. „Wir haben die gleiche Philosophie“, sagt
       sie über ihre Zusammenarbeit mit Aschurkow. Karina Schönmaier sagt in
       Rimini: „Ich bin megaglücklich, dass wir Anatol und Taty haben. Die bringen
       uns ganz viel im Leben.“
       
       5 May 2024
       
       ## LINKS
       
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   DIR Sandra Schmidt
       
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