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       # taz.de -- Grüne wollen wieder EU-Freizügigkeit: Alles unter Kontrolle?
       
       > Die Grenzkontrollen zu Polen wurden verlängert. Alles Symbolpolitik, sagt
       > nun ein Gutachten, das die Brandenburger Grünen in Auftrag gegeben haben.
       
   IMG Bild: Nur einer von drei Kontrollpunkten: Oderbrücke in Frankfurt
       
       Berlin taz | Die Kontrollen an der Brandenburger Grenze zu Polen, findet
       der grüne Europaabgeordnete Erik Marquardt schon lange, seien
       [1][„politisch motiviert“]. Am Dienstag nun haben Marquardt und die
       Brandenburger Grünen ein Gutachten vorgestellt, das diese These untermauern
       könnte. „Die Zusammenhänge sind nicht immer so einfach wie behauptet“, sagt
       der Autor des Gutachtens Marcus Engler.
       
       Der Migrationsforscher des Deutschen Zentrums für Integrations- und
       Migrationsforschung hat das 19 Seiten starke Gutachten im Auftrag der
       bündnisgrünen Landtagsfraktion in Brandenburg erstellt. Dabei stellt er
       auch die Grundannahme in Frage, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser
       (SPD) bei der Einführung der stationären Grenzkontrollen zu Polen im
       Oktober 2023 genannt hat. Faeser hatte für den September 2023 von
       irregulären Einreisen von 3.261 Personen gesprochen. Das seien mehr als
       dreimal so viele Menschen gewesen wie im September 2022.
       
       Engler sagt nun, dass diese Zahlen nur eine „begrenzte Aussagekraft“ gehabt
       hätten. „Zum einen werden hier Einreisen beziehungsweise Einreiseversuche
       gezählt und nicht Personen“, heißt es im Gutachten. Es sei also „sehr
       wahrscheinlich, dass Personen hier mehrfach gezählt werden“. Zum anderen
       habe es seit 2022 „eine kontinuierliche Intensivierung von Kontrollen an
       den deutschen Grenzen“ gegeben. Es sei daher sehr plausibel, „dass die
       deutlich höhere Kontrolldichte ein wesentlicher Grund dafür ist, dass auch
       mehr Einreisen bei Kontrollen registriert worden sind“.
       
       Auch eine erste Bilanz von Faeser aus dem Februar 2024 sieht Engler nicht
       in unmittelbarem Zusammenhang mit den Kontrollen. Zwar seien die Zahlen der
       irregulären Einreisen inzwischen rückläufig. Dies könne aber auch darauf
       zurückzuführen sein, dass Geflüchtete auf andere Grenzübergänge ausweichen.
       [2][Die grüne Landtagsabgeordnete Sahra Damus] sagt es so: „Kontrolliert
       wird in Brandenburg nur an der Stadtbrücke in Frankfurt, der A12 und der
       Autobahn in Forst.“ Insgesamt gebe es aber 20 Grenzübergänge sowie die
       Möglichkeit, über die grüne Grenze zu gehen.
       
       ## Grüne wollen Ende der Kontrollen
       
       „Es ist eine Illusion zu glauben, dass man mit Kontrollen an drei
       Grenzübergängen signifikant Migration verhindern kann“, so Damus. Sie
       fordert deshalb den „Einstieg in eine Debatte um den Ausstieg aus den
       Kontrollen“. Spätestens nach der Fußball-EM und der Olympiade in Paris
       sollen sie beendet werden. Zuletzt hatte das Bundesinnenministerium die
       Kontrollen bis zum 15. Juni verlängert.
       
       Der grüne Europaabgeordnete Marquardt jedenfalls sieht sich in seiner
       Einschätzung bestätigt. „Es geht bei diesen Kontrollen um politische
       Kommunikation und nicht um Ergebnisse“, sagte er im Anschluss an die
       Vorstellung des Gutachtens. „Man will damit zeigen, dass man handlungsfähig
       ist.“
       
       Dass die Grünen angesichts der politischen Stimmungslage mit dieser Kritik
       Punkte sammeln, glaubt Marquardt nicht. „Ich würde mir aber wünschen, dass
       das Innenministerium das Thema Freizügigkeit stärker auf die Agenda setzt.“
       
       7 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://erik-marquardt.eu/studie-zeigt-deutsche-binnengrenzkontrollen-teilweise-eu-rechtswidrig/
   DIR [2] https://www.sahra-damus.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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