URI: 
       # taz.de -- Die Wahrheit: Auferstehung einer Anschlussreisenden
       
       > Wenn einen als perfekte Person die böse Welt pausenlos mit
       > Niederträchtigkeiten traktiert, dann kann es schon auch an der Deutschen
       > Bahn liegen.
       
       Der Mai ist gekommen und segnet uns Arbeitnehmer mit der höchsten
       Freundlichkeit nach Dezember, nämlich mit drei zusätzlichen Feiertagen. So
       viel Zeit brauchte Jesus in etwa bis zur Auferstehung, aber die Tage, an
       denen sich der heilige Mann sortiert hat, folgten unmittelbar aufeinander,
       während der Tag der Arbeit, Himmelfahrt und Pfingstmontag das auch in
       diesem Jahr wieder nicht hinkriegen.
       
       Also bleibt meine eigene Auferstehung fraglich. Allerdings bin ich noch
       nicht tot, sondern nur etwas geschwächt. Wenn das Karma so herumschaut, wer
       noch Reserven hat und wen man deshalb mit kleinen Widrigkeiten belästigen
       kann, steht diese Fischer gern in der ersten Reihe.
       
       Über die Bahn wollte ich eigentlich nie wieder schreiben, aber neulich
       musste ich auf einen verspäteten Fernzug geschlagene 80 Minuten warten. Die
       Ursache dafür, die die Bahn angab, lautete zunächst „Signalstörung“.
       
       Wie alle Menschen, die auf Züge warten, schaue ich pausenlos im Handy nach,
       ob er nicht doch bittebitte ein bisschen eher kommen könnte, obwohl ich
       genau weiß, dass die Verspätung immer nur wächst, quasi ein Naturgesetz. So
       bekam ich kurz darauf mit, dass sich zwar die Verspätung nicht geändert
       hatte, aber die Ursache: Nunmehr war es das löbliche „Warten auf
       Anschlussreisende“, mit dem die Bahn rasch ein paar Sympathiepunkte
       abgreifen wollte. Wenige Minuten später hieß es dann plötzlich „Gegenstände
       im Gleis“.
       
       ## Unterwegs mit dem ICE Jesus
       
       Tja, die Bahn hat auch Humor. Oder war das vielleicht der ICE Jesus, auf
       den ich hier wartete, der alles Leid der Welt tragen soll? Am Ende musste
       er schließlich auch mich von Wolfsburg nach Berlin transportieren. Übrigens
       ohne meine Krankenkassenkarte, die der Zahnarzt einbehalten hatte, ehe er
       am nächsten Tag unangekündigt seine Praxis für immer schloss. Angeblich
       sollte mir die Karte umgehend mit der Post zugehen, aber sie wartet derzeit
       noch auf Anschlussreisende. Seit vierzehn Tagen.
       
       Bisher gehörte ich allerdings immer zu jenen Umsteigenden, denen der
       Anschlusszug seine Schlusslichter zeigt, sodass ich mich frage, ob das
       Ganze nicht sowieso ein arger Schwindel ist. Neulich begrüßte mich die
       Bahn-App höhnisch in genau dem Zug, der gerade ohne sämtliche
       Anschlussreisende abgerauscht war. Die Bahn kreierte also im Internet ein
       Paralleluniversum, in dem wir beinahe pünktlich in Leipzig ankamen, während
       wir in Wahrheit die ganze Zeit frierend in Erfurt herumstanden. Jesus habe
       ich dort nicht getroffen; ich glaube, er wird woanders noch nötiger
       gebraucht.
       
       Also: Die böse Welt traktiert meine perfekte Person pausenlos mit
       Niederträchtigkeiten. Was? Was soll das heißen, wer hat neulich die
       Theaterkarten zu Hause vergessen und damit fast den Abend versaut? Die
       haben sich doch nur verspätet, wegen anderer Gegenstände im Gehirn. Na gut,
       Bahn und Welt, wir sind für diesen Monat quitt.
       
       8 May 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Fischer
       
       ## TAGS
       
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Deutsche Bahn
   DIR Unglück
   DIR Provinz
   DIR Mobilität
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Schwerpunkt AfD
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Die Wahrheit: Inferno in der Idylle
       
       Vögelfüttern in der Hitze, FKK-Urlaub und seine massiven Schattenseiten –
       in den eigenen Ferien kommen die wirklich schwierigen Themen auf die
       Agenda.
       
   DIR Die Wahrheit: Europameisterin im Sofahüpfen
       
       Die Fußball-EM führt zu außergewöhnlichen Leistungen in den Bereichen
       Chipsessen oder Staatsführung. Da muss manch andere Aktivität zurückstehen.
       
   DIR Die Wahrheit: Wozu ist man Ringer?
       
       Unterwegs nach und in Köln, dieser Zentrale des rheinischen Frohsinns, den
       es in aller Lakonie und unter allen Umständen zu umschiffen gilt.
       
   DIR Die Wahrheit: Traktoren wenden in der EU
       
       Wenn europäisches Fördergeld auf den Dorfplatz fließt, gibt es dort
       plötzlich Pflastersteine und neue Laternen, aber keine Bushaltestelle mehr.
       
   DIR Die Wahrheit: Der toteste Unort der Welt
       
       Wichtige Kultur- und Wissenschaftsmenschen bevölkern gern Tagungen und
       Symposien und verschwinden in einsamen Tagungshotels, Verwesung
       inbegriffen.
       
   DIR Die Wahrheit: Käsehure in Betaversion
       
       Der Winter zieht sich krankheitsbedingt dahin. Da kann man ruhig auf dem
       Sofa die Rolle der Künstlichen Intelligenz übernehmen und Fragen
       beantworten.