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       # taz.de -- Wahlen in Sachsen: Im Wahljahr drohen rechte Allianzen
       
       > In Sachsen vernetzen sich rechte Gruppen weiter, warnt das Kulturbüro.
       > Auch der mutmaßliche Angreifer auf SPD-Mann Ecke soll bei einer aktiv
       > sein.
       
   IMG Bild: Die Freien Sachsen marschieren im März diesen Jahres durch Chemnitz
       
       Dresden taz | Die Vorstellung des jährlichen Berichtes „Sachsen rechts
       unten“ aus dem Kulturbüro Sachsen fällt zufällig mit der [1][Eskalation der
       Gewalt gegen Politiker insbesondere in Dresden] zusammen. Mit Informationen
       aus den fünf regionalen mobilen Beratungsteams verfasst das Büro regelmäßig
       Einschätzungen der rechten Szenen in Sachsen. Wenn nun bekannt wurde, dass
       der [2][vermutliche Haupttäter des Angriffs gegen den
       SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke rechten Kreisen zuzuordnen] ist, wirkt
       die am Dienstag vorgestellte Broschüre aber überraschend aktuell. Denn
       gleich der erste Beitrag widmet sich ausführlich Szene-Vernetzungen und
       Allianzen der AfD.
       
       Der 17-jährige Quentin J., der sich in der Nacht zum Sonntag gemeinsam mit
       seiner Mutter der Polizei gestellt hatte, soll laut Landeskriminalamt der
       Gruppe „Elblandrevolte“ angehören – einer seit Jahresbeginn aktiven
       Neonazi-Gruppe aus Dresden aus dem Umfeld der früheren NPD-Jugend, die laut
       Antifa-Recherchen zehn Kernmitglieder umfasst.
       
       Dem Kulturbüro stehen nicht die Ressourcen des Verfassungsschutzes zur
       Verfügung, um die gesamte Breite nationalistisch-antidemokratischer
       Strömungen bis hinunter zu solchen Kleingruppen zu erfassen.
       Geschäftsführer Michael Nattke hat vor allem die verdeckten Allianzen
       zwischen AfD, den „[3][Freien Sachsen]“ und der „Heimat“, der früheren NPD,
       genauer betrachtet. Letztere sei „komplett wieder da“, meist unter dem Dach
       der „Freien Sachsen“, deren Vizevorsitzender Stefan Hartung NPD-Funktionär
       im Erzgebirge war, warnt Nattke. Sie bringe auch frühere Kontakte aus der
       gesamten Bundesrepublik ein.
       
       ## AfD und „Freie Sachsen“ nur scheinbar Konkurrenten
       
       „Es geht überhaupt nicht darum, wer hier irgendwo in welcher Partei ist, es
       geht darum, ob ihr die Liebe zum Vaterland habt“, wird entsprechend die
       AfD-Bundestagsabgeordnete Carolin Bachmann aus Freiberg im Bericht zitiert,
       aus einer Rede im Januar dieses Jahres auf einer Demonstration der
       rechtsextremen „Freien Sachsen“ in Dresden. Die vom fanatischen Chemnitzer
       Anwalt Martin Kohlmann geführten „Freien Sachsen“ aus dem Erzgebirge haben
       zwar nur knapp tausend Mitglieder, [4][entfaltet aber eine enorme
       Vernetzungs- und Organisationswirkung].
       
       Solche an gemeinsamen Veranstaltungen ablesbaren Allianzen hält Michael
       Nattke für neu und gefährlich. Die Freien Sachsen schließen nämlich
       Mehrfachmitgliedschaften ausdrücklich nicht aus, folgen eher dem Motto
       „getrennt marschieren, vereint schlagen“. Nur scheinbar konkurrieren sie
       mit der AfD. Die Wahlergebnisse beider Parteien addieren sich vielmehr zu
       rechten Fronten. Bei der Landratswahl 2022 stellten die Freien Sachsen im
       Erzgebirge, der Sächsischen Schweiz und in Nordsachsen Kandidaten auf, die
       niemand kannte, erreichten aber auf Anhieb zweistellige Ergebnisse.
       Kohlmann sieht in solchen kommunalen Vorposten die Basis für nächsthöhere
       Wahlen.
       
       ## Bürgerinitiativen mischen mit
       
       Begünstigt werden solche Wahlergebnisse durch Vorfeldarbeit in die
       Gesellschaft hinein wie etwa in erzgebirgischen Heimatvereinen oder bei der
       Obdachlosenhilfe. Nach Einschätzung Nattkes lassen sich Wähler auch nicht
       mehr [5][durch die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem]
       abschrecken, wie die Umfragen zeigen. Einschüchterung, ja Terror,
       insbesondere gegen Kommunalpolitiker würden in der Bevölkerung auch immer
       mehr hingenommen. „Eine solche Situation gab es zuvor noch nicht“,
       konstatiert der Kulturbüro-Chef. Der CDU bescheinigte er, nur in seltenen
       Ausnahmefällen in Kommunalparlamenten mit der AfD gestimmt zu haben.
       
       Bildungsreferent Vince von Gynz-Rekowski widmet sein Kapitel der
       Desinformationsstrategie der AfD und rechter Gruppen, mit Lügen,
       Scheinwahrheiten und Simulationen ein Bedrohungsklima und damit
       Ressentiments gegen Fremde und Andersdenkende zu erzeugen. Nur ein Beispiel
       ist eine angebliche Messerattacke in Bautzen. Wichtigstes Medien dabei sind
       die so genannten Sozialen Medien, voran Instagram. Es bleibe allerdings
       Spekulation, ob man dabei von russischen Methoden lerne oder gar mit
       FSB-Kreisen zusammenarbeite.
       
       Ein Beitrag zum Landkreis Leipzig zeigt unter anderem, dass populäre
       Bezeichnungen aus der DDR-Bürgerrechtsbewegung geschickt missbraucht
       werden. Das „Neue Forum für Wurzen“ konnte beispielsweise 2019 bei
       Stadtratswahlen fast 11 Prozent Stimmenanteile erringen. „Ein Sommer des
       Antifeminismus“ und „Ordnungspolitische Einbahnstraße“ sind zwei
       Vogtland-Beiträge überschrieben.
       
       Mit Blick auf die bevorstehenden Kommunal- und Landtagswahlen bescheinigt
       die Analyse des Kulturbüros den Freien Sachsen eine besondere
       Anschlussfähigkeit an so genannte Bürgerinitiativen, die von Generalfrust
       oder Umsturzfantasien geprägt sind. Obschon noch nicht klar ist, ob die
       „Freien Sachsen“ am 1. September antreten, träumt ihr Vorsitzender Kohlmann
       schon von einer Koalition aus AfD, Freien Sachsen und Werteunion. Die AfD
       gewinne mit absehbar mehr als einem Viertel der Wählerstimmen erstmals eine
       reale Machtoption. Auch wenn ihr Zugriff verhindert werden könne, werde der
       Druck auf bedrohte Gruppen wie Geflüchtete, liberale Politiker, queere
       Personen oder freie Künstler noch jahrelang anhalten, warnt das Kulturbüro.
       
       7 May 2024
       
       ## LINKS
       
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