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       # taz.de -- Grüne Außenministerin in Fidschi: Und zwischendurch der Weltuntergang
       
       > Annalena Baerbock will mit Geopolitik das Klima retten – und umgekehrt.
       > Unterwegs mit einer Ministerin, der keine Zeit mehr bleibt.
       
       Suva/Vuniniodrovo/Togoru taz | Die Ministerin will es jetzt genau wissen.
       „Wo war früher der Fluss? Da drüben?“ [1][Annalena Baerbock] nimmt die
       laminierte Karte und blickt durch den Regen über die Hütten von
       Vuniniodrovo. Ihre Delegation hat sich in Autos und Kleinbussen in dieses
       kleine Dorf eine Autostunde von Suva, der Hauptstadt der Inselrepublik
       Fidschi, vorgekämpft: durch tropfnassen Wald voller Bambus, Kokospalmen und
       Riesenbäumen auf steilen Asphaltstraßen und bröckelnden Schotterpisten. Und
       ihr Besuch Anfang Mai hat genau damit zu tun, dass der Fluss Waimanu nicht
       mehr da drüben ist, sondern immer näher kommt und dem Dorf den Boden
       abgräbt.
       
       Die deutsche Außenministerin, zuständig auch für internationale
       Klimapolitik, besichtigt in Fidschi einen Ort, wo die Klimakrise vor der
       Haustür nicht Halt macht. Mehr Regen im Ostteil der Insel füllt den Fluss
       mit schlammig-braunem Wasser, ein höherer Meeresspiegel staut den
       Wasserlauf von der Küste her. Geld für Gegenmaßnahmen haben die Einwohner
       von Vuniniodrovo nicht. Ihnen bleibt nur der langsame Rückzug, wenn die
       Strömung an ihren Gärten, Wegen und Häusern nagt. 42 Siedlungen in Fidschi
       haben bisher einen Antrag auf Umsiedlung gestellt. Die Regierung rechnet
       damit, dass sie langfristig für ein Fünftel der Bevölkerung, für 200.000
       Menschen, neue Siedlungen braucht.
       
       Fidschi braucht Hilfe. Und Annalena Baerbock sagt diese Hilfe bei ihrem
       Besuch am Montag vergangener Woche zu. Die Außenministerin hat sich eine
       ganze Woche lang aus ihrem hektischen Tagesgeschäft rund um Gazakrieg und
       Ukrainekrise verabschiedet (wenn man die nächtlichen Telefonate einmal
       ausklammert) und sich auf den sehr langen Weg nach Australien, Neuseeland
       und Fidschi gemacht. Denn Deutschland, so sieht es die Ministerin, braucht
       auch seine „Wertepartner“ im Pazifik. Deutschland will sie nicht allein
       lassen gegenüber dem wachsenden Einfluss Chinas, das in der Region ein
       dichtes Netz an Beziehungen und Abhängigkeiten aufbaut. Deswegen, so
       Baerbocks Argument, sind Verbündete gleich doppelt wichtig: um einerseits
       China einzudämmen und die schlimmsten Folgen der Klimakrise andererseits.
       
       Das vollgepackte Programm der Ministerin sieht aus, als sei es von den
       Ressorts Entwicklung, Wissenschaft und Verteidigung zugleich organisiert
       worden: Forschung zu Cyberattacken und Antarktis, Rückgabe von
       Kunstschätzen an Indigene, Frauenfußball, Blauhelme, Marinewerft, Gespräche
       mit Studierenden. Wo bleibt da jetzt noch mal die Geopolitik? Überall, sagt
       Baerbock: „Die Klimakrise ist die größte Bedrohung für die Sicherheit im
       21.Jahrhundert, das sagen mir auch viele Entwicklungsländer.“ Da sei das
       Riesenthema Migration, das auch durch die Klimakrise beeinflusst wird. Da
       seien die Ziele der russischen und chinesischen Antarktisforschung. Da sei
       natürlich die Debatte um finanzielle Hilfen, damit Inselstaaten mit
       Überschwemmungen und Sturmschäden fertig werden können. Dazu kämen Angriffe
       auf die innere Sicherheit, wie russische Cyberattacken. Gleich zu Beginn
       ihrer Reise ereilte Baerbock die Nachricht, dass die Bundesregierung
       [2][russische Hacker für einen Angriff auf E-Mail-Konten von
       SPD-PolitikerInnen] im Juni 2023 verantwortlich macht. Baerbock, aus dem
       fernen Adelaide, kündigt Konsequenzen an.
       
       Den größeren Zusammenhang von Außen- und Klimapolitik hat Baerbocks
       Ministerium vor einem halben Jahr in der „[3][Klimaaußenpolitikstrategie]“
       der Bundesregierung zusammengefasst. Als Ergänzung zur Sicherheits- und
       Chinastrategie lautet die Idee dahinter: Die Klimakrise bedroht die
       Stabilität der Staaten und der internationalen Ordnung. Gleichzeitig nutzen
       Staaten wie Russland ihre Position als Lieferanten von klimaschädlichem Öl
       und Gas, um die internationalen Regeln zu brechen und Kriege zu führen. Die
       weltweite Energiewende ist daher nicht nur ökologisch und ökonomisch
       geboten, sondern verschiebt auch die geopolitischen Gewichte hin zu mehr
       Unabhängigkeit und Sicherheit für alle. Baerbocks Motto ist deshalb:
       „Klimapolitik ist Geopolitik. Und Geopolitik ist Klimapolitik.“
       
       Vor Ort, in Suva, schrumpft die große Weltpolitik allerdings zunächst auf
       ein etwas bedrückendes Alltagspanorama. Bei schwüler Hitze von 30 Grad
       fällt aus einem grauen Himmel rund um die Uhr warmer Regen. Neben
       gesichtslosen Stahl- und Glasblöcken, Tankstellen und Supermärkten faulen
       flache Holzhäuschen in der feuchten Wärme. Große Pfützen stehen auf den
       Hauptstraßen, vor der Küste liegen Fischkutter mit rostigen Rümpfen. Suvas
       Strand ist betoniert, das Wasser ist zu dreckig zum Baden, die Insel hat
       ein Alkohol- und Drogenproblem. Nichts zu sehen vom tropischen Inselglück
       mit weißem Sandstrand und blauem Himmel, das man auf anderen Inseln von
       Fidschi wohl findet. Die Männer, die in der schwülen Hitze die
       traditionellen knielangen Röcke tragen, erfüllen vielleicht noch am ehesten
       ein romantisches Südseeklischee, das man sich als Besucher erwarten mag.
       
       Allerdings ist der Pazifik nicht nur ein Hotspot für Klimaschäden, sondern
       auch Vorreiter in der Klimapolitik. Auf Druck der Inselstaaten gelangte das
       1,5-Grad-Ziel ins Pariser Klimaabkommen. Zwischen dem vom steigenden
       Meeresspiegel bedrohten Inselstaat Tuvalu und Australien wurde zudem das
       erste [4][Abkommen über die Aufnahme von Klima-MigrantInnen] geschlossen.
       
       Nur hier, im Pazifik, sitzen der drittgrößte Kohleexporteur der Welt,
       Australien, und die verwundbarsten Länder in einem Gremium, dem Pacific
       Island Forum, zusammen: Auf einer Anhöhe von Suva residiert das PIF in
       einem großen, dunklen Holzhaus mit spitzem Dach und großflächigen Malereien
       der Indigenen, umgeben von einem Palmengarten. Baerbock trifft sich mit dem
       Regionalgremium der 14 pazifischen Länder plus Australien und Neuseeland
       und signalisiert Unterstützung: So wie die Eröffnung der neuen deutschen
       Botschaft im letzten August. Die Botschaft hinter der Botschaftseröffnung:
       Wir stehen zu euch.
       
       Dieses Signal versucht Baerbock nun auch auf dieser Reise bei jeder
       Gelegenheit anzubringen. Auch beim Treffen mit den Menschen im bedrohten
       Dorf Vuniniodrovo, wo nur noch knapp 200 Familien leben. Die Ministerin
       sitzt im Sommerkleid vor einer Wand mit schwarz-rot-goldenem Stoff im
       Gemeinschaftshaus. Durch Öffnungen in den Wänden streicht eine kühlende
       Brise. Auf Bastmatten hocken die Männer des Dorfs im Schneidersitz und
       begrüßen die mächtige Frau aus Deutschland: Händeklatschen, Gastgeschenke,
       die Bitte um Einlass ins Dorf, eine Schale mit Kawa – einem leicht
       betäubenden Trunk aus einer Wurzel. Es ist nicht immer leicht,
       Außenministerin zu sein.
       
       ## Männer, die daneben- und im Mittelpunkt stehen
       
       Zwanzig Meter vom Haus entfernt knabbert der Waimanu-Fluss in einer
       langgezogenen Rechtskurve an seinem Steilufer aus dunkler Erde. In ein paar
       Jahren wird auch das Versammlungshaus in seinen schlammigen Fluten
       verschwinden, da sind sich alle einig.
       
       Bedroht ist auch das Haus von Ulamila Kurubale, die in einem blau
       gemusterten Kleid auf die deutsche Ministerin wartet. Erst in der Nacht sei
       die große Kokospalme hinter ihrem Haus umgefallen, erzählt sie, und zeigt
       auf den gestürzten Baum, der aus dem Strom ragt. „Ich bin 46 Jahre alt und
       in diesem Haus geboren“, sagt Kurubale. Ihr Haus hat eine Holzveranda und
       ein Wellblechdach und steht, wie alle Häuser im Dorf, bereits auf Stelzen.
       „Ich hatte vor, hier auch zu sterben. Aber das werde ich nicht mehr
       schaffen.“ Noch 20 Jahre, und das Dorf ist Geschichte, sind sich die
       Experten und Einheimischen einig.
       
       Zwei Tage lang haben die Frauen des Dorfes Sandwiches geschmiert, Kuchen
       gebacken und Muscheln und Hühnchencurry gekocht. Beim Empfang durch die
       Männer lobt die Ministerin daher am Anfang gleich mal die Arbeit der
       Frauen. Danach sitzt sie mit ihnen kurz vor dem Fluss auf einer Decke beim
       Picknick zusammen, die Männer stehen daneben.
       
       Meist allerdings stehen die Männer überall im Mittelpunkt – auch in der
       Geo-, Sicherheits- und Klimapolitik. Das will Baerbock ändern: Ihre
       feministische Klima- und Außenpolitik soll Frauen und Familien stärken. Da
       geht es nicht nur um Macht und Gerechtigkeit, sondern auch um den besten
       Klimaschutz: Viele Studien belegen, dass Frauen dabei effizienter sind,
       weil sie kooperativer arbeiten, die Interessen von Familien und Kindern
       mehr im Blick haben und besser mit Ressourcen wirtschaften. Gleichzeitig
       leiden Frauen und Mädchen am meisten unter der Krise. In vielen Gegenden
       der Welt übernehmen sie vor allem Aufgaben in der Landwirtschaft oder
       Care-Arbeit – und je schlechter die wirtschaftlichen Bedingungen durch den
       Klimawandel für die Familien werden, desto geringer die Chance gerade der
       Mädchen auf Bildung.
       
       Am zweiten Tag des Besuchs kämpft sich eine kleine Gruppe der Delegation
       noch vor Beginn des offiziellen Programms durch den Regen von Suva. In
       einer Seitenstraße klettert sie eine Treppe hoch und landet im
       unscheinbaren Büro der Hilfsorganisation Oxfam Pazifik. Hier hängen neben
       nüchternen Schreibtischen selbstgemalte Plakate, unter anderem: „Wenn
       Männer unterdrückt werden, ist das eine Tragödie. Wenn Frauen unterdrückt
       werden, ist es Tradition.“
       
       Eunice Wotene und Ilisa Masivesi sind Finanzexpertinnen bei Oxfam, sie
       arbeiten an einer zentralen und bislang vernachlässigten Frage der aktuell
       heißen Debatte um Klimafinanzen: Erreicht das Hilfsgeld der Geberländer
       diejenigen, die wirklich Hilfe brauchen? „Es fließt auch bisher schon viel
       Klimageld in den Pazifik“, sagt Wotene, „aber das meiste davon kommt nicht
       bei den Menschen an, die es am meisten benötigen, den Frauen und Kindern.“
       
       Oxfam arbeitet nun an einer Studie, die unter anderem [5][die Kriterien für
       die Transparenz von Geldflüssen aufzeigen] soll. Die Deutschen sind sehr
       interessiert: 2024 wird innerhalb der UN das große Jahr der Klimafinanzen.
       Wenn man da sicherstellen könnte, dass Hilfsgelder effizienter eingesetzt
       werden, wäre das ein großer Fortschritt.
       
       Wenn man Annalena Baerbock fragt, was der Unterschied von
       „Klimaaußenpolitik“ zu Klimapolitik sei, sagt sie: „Der wichtigste Schritt
       war, dass wir die Klimaaußenpolitik mit ins Auswärtige Amt genommen und
       alle Klimaressorts unter ein Dach gesetzt haben“. Es brauche die ganze
       Bundesregierung dafür. Und es zeige, dass „Klimaaußenpolitik auch eine
       große geostrategische Frage ist“, wie man eben im Pazifik sehe. Dazu
       brauche es andere Finanzierungsmechanismen, mehr Geldquellen und veränderte
       Entwicklungsbanken.
       
       Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch hat gerade eine erste
       Bilanz dieser Strategie gezogen. Tenor: Es sei sinnvoll, die Arbeit der
       Regierung zusammenzufassen und zu koordinieren, daran habe es bisher
       gemangelt. Allerdings seien die „Umsetzungsstrukturen weitgehend unklar“
       und es fehle eine regelmäßige Aktualisierung. „Für eine wirklich
       strategische und kohärente Politik ist noch viel Luft nach oben“, sagt Lutz
       Weischer, politischer Direktor. „Zu viel läuft auch weiterhin
       nebeneinanderher und die Ressorts folgen häufig weiterhin ihren
       Eigeninteressen.“ Vor allem würden Kürzungen im Haushalt des Auswärtigen
       Amts, die derzeit debattiert werden, „die Glaubwürdigkeit der deutschen
       Klimaaußenpolitik unterminieren“.
       
       Dazu kommt: Auch der Tag einer Annalena Baerbock, die sich und ihr Team
       mit großer Energie durch die Welt jagt, hat nur 24 Stunden. Die Strukturen
       und der Ehrgeiz für die Strategie stammen aus den Anfangszeiten der
       Ampelkoalition, als man dachte, man könne dieser Menschheitskrise jetzt mal
       fokussiert den Kampf ansagen.
       
       ## Wechselnde Alliierte
       
       Inzwischen ist klar: Die Kriege in Gaza und in der Ukraine binden einen
       Großteil der Kraft, der Zeit und der Ressoucen, die sie und ihr Ministerium
       aufbringen. Für alle anderen Sorgen, Ideen und Herausforderungen inklusive
       Weltuntergang durch die Klimakrise, bleibt der Rest. Und da ist von der
       Drohung, im nächsten Bundeshaushalt massiv bei der Entwicklungspolitik und
       humanitärer Hilfe zu kürzen, noch gar nicht die Rede. Wieder einmal wird
       also die mittelfristige Stabilität des Klimas zu einem Kollateralschaden
       der akuten Konflikte und Interessen.
       
       Es gibt die wenig schmeichelhafte Vermutung: Hat sich die engagierte
       Klimapolitikerin Annalena Baerbock mit diesem Ministerium selbst die
       Möglichkeit geschaffen, neben allem anderen auch noch ihr persönliches
       Steckenpferd „Klimapolitik“ weiter zu reiten? Und was wird aus dem Thema im
       Auswärtigen Amt, wenn mal ein neuer Chef dort einzieht, der Klima nicht als
       Priorität sieht? Bisher treibt vor allem die Ministerin mit einer
       überschaubaren Schar an Mitstreitenden das Klimathema in der schwerfälligen
       Diplomatie-Bürokratie voran, hört man immer wieder.
       
       Auf jeden Fall hat die neue Konstruktion einen Vorteil: Als Außenministerin
       der drittstärksten Wirtschaftsnation wird Baerbock etwa bei G7- und
       G20-Treffen mit dem Klimathema ernst genommen. Anders als viele Umwelt-
       oder Klimaminister anderer Staaten muss sie nicht um einen Platz am Tisch
       kämpfen. So kann sie für ihr Thema werben – wenn nicht etwas Wichtigeres
       ansteht.
       
       Beim Gespräch mit ihrer australischen Amtskollegin Penny Wong gelingt das
       allerdings auf auf dieser Reise nicht so gut. Wong ließ hinterher Baerbocks
       Kritik am fehlenden klimapolitischen Engagement ihrer Regierung trocken
       abtropfen: „Wir sind gewählt, um zu versuchen, unsere Wirtschaft zu
       verändern und netto Null zur Mitte des Jahrhunderts zu erreichen. Es ist
       eine Herausforderung, unsere fossilen Energien zu transformieren, aber wir
       sind entschlossen, das zu tun.“ Nach einem Aufbruch in Down Under klingt
       das erstmal nicht.
       
       Baerbocks Klima-Geopolitik hat auch noch ein anderes Problem: Je nach Thema
       wechseln die Alliierten. Für eine bessere Sicherheitspolitik setzt
       Deutschland vor allem auf Australien und Neuseeland, China ist der klare
       Gegner. In der Klimapolitik wiederum ist zwar China auch der größte
       CO2-Emittent, liefert aber gerade die erneuerbaren Techniken wie Solar- und
       Windenergie, die für grüneres Wachstum gebraucht werden. Und die
       sogenannten „Wertepartner“ Australien und Neuseeland sind durch ihre
       fossile Orientierung und den mangelnden Ehrgeiz, das zu ändern,
       klimapolitisch schwierige Partner für die Pazifikregion.
       
       Letzter Tag der Reise: Mit Blaulicht und Eskorte fegt die Kolonne der
       Ministerin mit einem Dutzend SUVs, Pickup-Trucks und Kleinbussen durch die
       Regenschleier über die Insel von Fidschi. Nach einer Stunde Fahren,
       Schlingern und Holpern stoppt der Tross an der Siedlung Togoru: In
       einfachen Hütten leben hier zwei Großfamilien mit etwa 50 Menschen direkt
       am Strand. Hunde streunen umher, zwischen Wäscheleinen und Palmen liegen
       zerbrochene Korallenstücke und Palmwedel, der Sand ist voll von alten
       Autoreifen. 50 Meter vom Strand entfernt ragen steinerne Sarkophage aus dem
       Schlick, alte Gräber und Mauern, die von Seepocken überwachsen sind.
       
       Laveni McGoon lebt hier mit ihrer Familie. „Früher war das hier Wiese, hier
       haben Kinder gespielt“, sagt sie. Sie deutet auf eine Sandbank, etwa 150
       Meter Richtung Ozean: „Das war unsere Küste“. Inzwischen hat sich das Meer
       nicht nur das Land geholt, sondern auch die Überreste der Toten weggespült.
       
       Baerbock läuft mit McGoon über den Strand, der noch bis vor ein paar Jahren
       festes Land und Friedhof war. Sie hat die Sandalen ausgezogen und läuft
       barfuß durch den schwarzen Morast, während sich die Beamten und
       Journalisten die Schuhe dreckig machen.
       
       Bevor das Land verschwindet, sterben die Mangrovenwälder, die die Küste
       schützen: Wenn das Salzwasser zu lange hoch steht, können ihre Wurzeln
       nicht mehr genug atmen, sagt Isaac Rounds, ein Experte, der extra zum
       Termin gekommen ist. „Man müsste hier einen Damm bauen, um diese Häuser am
       Strand zu sichern, vielleicht einen Kilometer lang“, sagt Rounds, „aber das
       kostet Millionen, dafür hat die Regierung kein Geld“. Die einfachen
       Holzhäuser ohne fließendes Wasser werden nicht mehr lange stehen. Dann
       gehört auch Familie McGoon zu den 200.000 Fidschianern, die ein neues
       Zuhause suchen.
       
       Baerbock baut sich vor den wartenden Kameras auf, im Hintergrund der
       überspülte Friedhof. Sie sagt, was man in so einer Situation sagt: dass die
       Klimakrise hier „nichts Abstraktes“ sei, sondern den Menschen „das Wasser
       im wahrsten Sinne bis zum Hals steht“. Annalena Baerbock steht am Ende der
       Welt und warnt 2 Minuten und 57 Sekunden vor dem Ende der Welt.
       
       Dann beendet sie ihr Statement. „Gibt es Fragen?“ Schweigen. Dann die
       einzige Meldung: „Ich hätte noch eine Frage zu einem anderen Thema. Der
       deutsche Botschafter aus Russland ist zurückbeordert worden.“ Ob sie dazu
       bitte etwas sagen könne?
       
       11 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Annalena-Baerbock-im-Portraet/!5934486
   DIR [2] /Hackerangriff-aus-Russland/!6008330
   DIR [3] https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2633110/90e88ad741351a8885f478c49a1741eb/kap-strategie-data.pdf
   DIR [4] /Pazifikstaat-Tuvalu-geht-unter/!5972167
   DIR [5] /Klimageld-von-reichen-fuer-arme-Laender/!5725161
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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