# taz.de -- Verbannung von Russisch in Lettland: Für das Miteinander wenig hilfreich
> In Lettland sind lettische Grundkenntnisse Pflicht. Und Russisch wird aus
> den Schulen verbannt. Das ist bedauerlich, denn jede Sprache ist ein
> Gewinn.
IMG Bild: Die lettische Fahne am Freiheitsdenkmal in Riga. Vor über 100 Jahren proklamierte Lettland die Unabhängigkeit von Russland
In Estland und Lettland, beide mit zahlenmäßig bedeutenden russischen
Minderheiten, ist das Thema Sprache bereits seit der Unabhängigkeit der
beiden baltischen Staaten im Jahr 1991 ein Politikum und daher extrem
aufgeladen. Vor dem Hintergrund von Russlands Angriffskrieg gegen die
Ukraine am 24. Februar 2022 gilt dies umso mehr. Personen mit einem
russischen Pass, die in Lettland dauerhaft ansässig sind, müssen jetzt
Grundkenntnisse des Lettischen nachweisen.
Andernfalls drohen harte Konsequenzen – [1][bis hin zur Ausweisung]. Keine
Frage: [2][Wer seit Dekaden in einem Land lebt] und die Amtssprache nicht
einmal rudimentär beherrscht, kann nicht anders, als bestenfalls als
ignorant bezeichnet werden. Doch Sprache als ein Druckmittel einzusetzen,
dürfte wohl kaum ein friedliches Neben- und Miteinander in einer
Gesellschaft fördern, schon wenn sie ohnehin stark polarisiert ist.
Zudem spielen derartige Entscheidungen Russlands Präsidenten Wladimir Putin
– mittlerweile [3][im Krieg mit dem gesamten „kollektiven“ Westen] – direkt
in die Hände. Die vermeintlich unterdrückten Landsleute im Ausland
verteidigen und das notfalls auch mit Waffengewalt – war da mal was? Eben.
Angesichts dieser schwierigen Gemengelage zeugt das jüngste Vorhaben der
lettischen Regierung, bis 2030/2031 an Schulen das Unterrichtsfach Russisch
als zweite Fremdsprache stufenweise abzuschaffen, nicht gerade von
Weitblick.
Denn jede Sprache ist ein Zugewinn – ein Tor zur Welt, auch wenn diese
grausam ist. Anstatt also [4][Russisch per „Ukas“ aus den Klassenzimmern zu
verbannen,] sollte das Angebot an weiteren Fremdsprachen maximal
ausgeweitet und den Schüler*Innen mit ihren Eltern die Entscheidung
überlassen werden. Wahlfreiheit ist ein hohes Gut, ein Wert an sich und in
Zeiten wie diesen alles andere als selbstverständlich – siehe Russland.
Und noch eins: Vor allem Menschen, die in mehreren Sprachen und Kulturen zu
Hause sind, können „Brückenbauer*innen“ sein. Und die werden gebraucht –
mehr denn je. Moskaus menschenverachtender Krieg gegen die Ukraine – er
wird nicht ewig dauern. Es gilt, sich für die Zeit danach zu rüsten.
25 Apr 2024
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## AUTOREN
DIR Barbara Oertel
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