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       # taz.de -- Räumungsklage gegen 84-jährigen Berliner: Lasst den Mann(e) in Ruhe
       
       > In der Steinbergsiedlung in Tegel steht für Manfred Moslehner die
       > Zwangsräumung bevor. Ein Fall, der zeigt, wie perfide Immobilienfirmen
       > handeln.
       
   IMG Bild: Demonstration der Nachbarschaftsinitiative: Auch Manne (mit blauer Kappe) ist dabei
       
       Wenn Manfred „Manne“ Moslehner aus seiner Wohnung geworfen wird, dann
       bedeutet das sein Ende. Das weiß er, das wissen seine Nachbar*innen und
       das weiß auch die private Investorengruppe, die ihn zwangsräumen will.
       
       Der [1][Fall in der Steinbergsiedlung in Tegel] bestätigt, was wir alle
       längst wissen: Wenn es um Profit geht, ist das Einzelschicksal egal. Ist
       die Miete zu günstig, muss der alte Vertrag weg und ein*e neue Mieter*in
       in die Wohnung rein.
       
       Moslehner, 84 Jahre alt, grauer Bart, Brille, schlecht auf den Beinen,
       kämpft gemeinsam mit seinen Nachbar*innen seit knapp zehn Jahren um
       friedvolle letzte Jahre in der Kleinhaussiedlung im Norden Berlins.
       
       Denn wenn es nach dem Amtsgericht Weding geht, soll er in drei Monaten
       seinen Geburtsort verlassen haben. Es ist eine weitere Schleife in einem
       nicht endenden Prozess, der Moslehner psychisch und physisch zermürbt. Er
       fährt nicht mehr mit dem Rad zum Einkaufen, verschenkt seine CD-Sammlung an
       die Nachbar*innen. Muss so mit einem alten Mann umgegangen werden?
       
       ## Hauptsache, das Geld stimmt
       
       Für die Investoren zählt am Ende nur das Geld. [2][Aus der Siedlung am
       Steinberg sollen die „Stonehill Gardens“ werden.] Nach der Sanierung der
       Häuser sollen die Mieten um bis zu 300 Prozent steigen. Laut ihrer Website
       hätten sich die Gebäude in einem jahrelangen „Dornröschenschlaf“ befunden,
       aus dem sie das Unternehmen nun herausholen will. Ob sich die Jahre mit
       drohenden Kündigungen für die Anwohner*innen wie ein Märchen anfühlten?
       
       Die meisten von ihnen sind in Rente, der Altersdurchschnitt liegt bei über
       80 Jahren. Und trotzdem konnte das Unternehmen, das die Häuser 2010 von der
       einstmals landeseigenen, zu diesem Zeitpunkt aber längst an private
       Investoren verhökerten Wohnungsbaugesellschaft GSW übernahm, nicht warten.
       
       Kündigung, Mahnung, Zwangsräumung: Das alles, um ein paar ältere Menschen
       in ihren letzten Lebensjahren aus der Wohnung werfen zu können. Bei einigen
       hat es bereits funktioniert: 20 der 38 Immobilien sind modernisiert und
       verkauft, ehemalige Anwohner*innen zogen aufgrund des Drucks aus oder
       verstarben.
       
       ## Keine Alternativen für Moslehner
       
       Moslehner in eine Wohnung in einen anderen Kiez umzusiedeln, so wie es die
       Investoren vorgeschlagen haben, hätte bedeutet, ihn aus seinem gewohnten
       Umfeld zu werfen, ohne die Nachbarschaftshilfe, die in den vergangenen
       Jahren nötig geworden war. Verständlich, dass er das Angebot abgelehnt hat.
       
       Auch wenn es sich um Einzelschicksale handelt, lohnt es sich, auf die
       Missstände aufmerksam zu machen. So konnte zum Beispiel Geld für Moslehner
       gesammelt werden: Um während der geplanten Berufung gegen das Urteil in der
       Wohnung bleiben zu können, muss der 84-Jährige, der weniger als 1.000 Euro
       Rente im Monat hat, knapp 4.300 Euro hinterlegen. Eine Summe, die durch den
       solidarischen [3][Spendentopf des Vereins Sanktionsfrei] gedeckt werden
       soll.
       
       So wie hier ist es wichtig, dass sich größere Bündnisse mit
       Nachbarschaftsinitiativen vernetzen. Etwa an diesem Samstagnachmittag, wenn
       das Bündnis Betongold und andere unter dem Motto [4][„Der Kiez hat
       Eigenbedarf“] durch Kreuzberg paradieren. Denn am Ende wollen alle
       Mieter*innen nur das eine: dass ihnen Investoren gefälligst vom Leib –
       und von der Wohnung – bleiben.
       
       27 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Raeumungsklage-in-Tegel/!6001658
   DIR [2] /Unerhoerte-Raeumungsklage-in-Tegel/!5974563
   DIR [3] https://twitter.com/SteinhausHelena/status/1782740654168174714
   DIR [4] https://asanb.noblogs.org/?event=der-kiez-hat-eigenbedarf-parade
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anastasia Zejneli
       
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