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       # taz.de -- Finale des Eurovision Song Contest: Wer gewinnt den 68. ESC in Malmö?
       
       > 25 Acts, 1 Bühne, Millionen Zuschauer: Zeit für's ESC-Finale. Ein
       > Ausblick auf irre und wirre Nummern, bekennende Bitches, fesche Fummel –
       > und Politik.
       
   IMG Bild: Super inszenierte Rap-Hip-Hop-Bombast-Glam-Alike-Nummer: Nemo ist ein Musiktalent
       
       25 Acts treten beim ESC-Finale in Malmö an – lesen Sie hier die
       wochentaz-Prognose von Jan Feddersen. 
       
       1 Schweden: Marcus & Martinus, „Unforgettable“. Zwei Brüder, deren Lied
       das Gegenteil dessen ist, was es vom Titel her verheißt: flott, sämig,
       belangarm. Schneiden sie schlechter als Rang 6 ab, bringen sie Schande
       übers Land. Macht aber nix: Es sind ja Norweger. Platz 21.
       
       2 Ukraine: [1][Alyona Alyona] & Jerry Hall, „Teresa & Maria“. Diese beiden
       Frauen beten, man glaubt es kaum, unter anderem Mutter Teresa und Maria (?)
       an: kurios. Ethno-Pop von inspirierender Art, geeignet, jedes Dinner in
       einem Multikultirestaurant sanft zu schmücken. Platz 9.
       
       3 Deutschland: Isaak, „Always On The Run“. Ein bibeltreuer,
       exstraßenmusikalischer Mann aus dem Bibelgürtel Westfalens, Espelkamp sein
       Heimatort. Was wurde er schlechtgeredet unter ESC-Fans, dabei ist sein Lied
       zwar recht simpel, doch auf Anhieb verstehbar. Also: Nein, er wird nicht
       Letzter. Platz 15.
       
       4 Luxemburg: Tali, „Fighter“. Erstmals seit 31 Jahren ist dieses
       ESC-Gründungsland wieder dabei, und das gleich mit einer soliden Ballade
       ohne besonderen Firlefanz. Null Experimente, keine Exaltiertheit, was
       schade ist: Sie hätte das Format dazu. Platz 22.
       
       5 Unbesetzt. Eigentlich sollte an dieser Stelle der niederländische
       Kandidat Joost Klein mit seinem Stück „Europapa“ auftreten, eine
       hochtourige Geschichte, die ultrarührselig im Michael-Schulte-Style endet.
       Wir prognostizierten ihm Platz 5. Klein wurde jedoch am Samstag Mittag vom
       Wettbewerb ausgeschlossen, da ihn ein weibliches Mitglied des
       Produktionsteams [2][wegen eines bisher nicht näher bekannten Vofalls
       angezeigt hatte].
       
       6 Israel: Eden Golan, „Hurricane“. Nicht die eindrücklichste aller
       Eurovisionsballaden ihres Landes – aber okay: Sie hat sich von allem Mobben
       & Dissen in der [3][künstlerischen Umgebung in Malmö] nicht kleinkriegen
       lassen. Unique – weil ruhigste Nummer des Abends. Platz 3.
       
       7 Litauen: Silvester Belt, „Luktelk“. „Warte“, so der Titel, ist ein feines
       Liedlein, das man leider gleich wieder vergisst. Radiotauglich, auch nicht
       falsch, in Fahrstühlen eingesetzt zu werden, wenn es besonders hoch geht –
       aber als Belohnung winkt allenfalls Platz 12.
       
       8 Spanien: Nebulossa, „Zorra“. Eine Sängerin, die einen Namen trägt, der zu
       Missverständnissen einlädt. Nebulös bleibt sie nicht, diese Dame, die
       irgendwie an die Kumpanin von Donatella Versace & Amanda Lear erinnert:
       eine bekennende Bitch mit Herz. In Spanien ein Hit. Platz 24.
       
       9 Estland: 5Miinust x Puuluup, „(Nendest) narkootikumidest ei tea me (küll)
       midagi“. So ließe sich sagen: Unqueerste Performance des Abends, aber im
       Reigen der Selbstbekenntnisse kommen diese Esten mit herrlich wirren &
       irren Nummer ohne Identitätsgezwitscher. Platz 23.
       
       10 Irland: Bambie Thug, „Doomsday Blue“. Schrillste, interessanteste
       Performance einer irgendwie satanisch orientierten Transqueersatansbraut
       aus einem Land, das uns gediegene Siegerinnen* wie Johnny Logan, Niamh
       Kavanagh, Linda Martin und Dana geschenkt hat. Schönste Nails des Abends.
       Platz 4.
       
       11 Lettland: Dons, „Hollow“. Wenn sich weder Televoter noch Jurys an seinem
       blau lackierten Fetisch-Tankwart-Kostüm stören, winkt diesem männlichen
       Sänger (so gelesen wie identitär) der Sprung in höhere ESC-Ränge. Etwas
       pompös, sicher gesungen: Platz 6.
       
       12 Griechenland: Marina Satti, „Zari“. Modifikation des alten „Alexa
       Zorbas“-Mottos: Mehr Sirtaki ist besser als weniger – durch diese Sängerin
       und ihr Lied tüchtig aufgepimpt. Gründliche Revision typischer Folklore
       ihres Landes und zu Recht im Finale. Platz 10.
       
       13 United Kingdom: Olly Alexander, „Dizzy“. Leicht nervöses, von
       Schwindligkeit in nächtlichen Situationen handelndes Couplet vom Dasein in
       der „Gay Bar“ (O-Ton Thorsten Schorn in der ARD). Als ob alle
       Schwulenkneipen über einen Darkroom verfügten. So charmant explizit! Platz
       20.
       
       14 Norwegen: Gåte, „Ulveham“. Reaktionärer, weil trashy-folky Pop mit
       gewaltiger Stimme. Sieht wie die Antithese zur Idee des Glams aus, aber
       muss ja nicht stören. Platz 19.
       
       15 Italien: Angelina Mango, „La noia“. Sie tut auf der Bühne alles dafür,
       das außerdem mit großer Stimme, schön zu singen. Die San-Remo-Siegerin ist
       Mitfavoritin. Platz 7.
       
       16 Serbien: Teya Dora, „Ramonda“. Sie steht auf einem Felsenplateau und
       singt von ihrem Weltschmerz. Aufgeflottete Balladenhaftigkeit, eher dünn
       angerührt. Diese Serbin ist stolz, das Grand Final erreicht zu haben – und
       soll zufrieden bleiben, Platz 26.
       
       17 Finnland: Windows95man, „No Rules!“ Man fragt sich bei deren Show: Ist
       der eine nun untenrum wirklich nackt zu sehen oder ist ein Irgendwas doch
       noch dazwischen? So oder so: Dieses Land, voriges Jahr Zweiter und von den
       Jurys um den Sieg gebracht, serviert schon wieder illustre Albernheiten in
       Noten. Platz 11.
       
       18 Portugal: Iolanda, „Grito“. Ihr „Schrei“ (so der Titel im Deutschen)
       möge erhört werden. Sie singt schön, ihr Lied handelt von Verzweiflung, sie
       kommt trotzdem mit leichtem Bombast – und verwöhnt alle, die auf
       lusitanische Post-Depressions-Harmonien stehen. Platz 8.
       
       19 Armenien: Ladaniva, „Jako“. Folkig und frisch, angenehm und interessant
       diese Geschichte aus dem Land, das nur selten es ins Finale schaffte. Platz
       14.
       
       20 Zypern: Silia Kapsis, „Liar“. Die gebürtige Australierin setzt voll auf
       discofähige Tanzschrittchen. Hört sich an wie andere ESC-Erfolge dieser
       Insel. Freundlich, mitreißend. Platz 17.
       
       21 Schweiz: Nemo, „The Code“. Super inszenierte
       Rap-Hip-Hop-Bombast-Glam-Alike-Nummer, fescher Fummel. Dieser
       Eidgenosse*in wäre ein würdige*r Erbe*in der Céline Dion, die 1988 für
       die Schweiz antrat und gewann. Topfavorit*in und also: Platz 1.
       
       22 Slowenien: Raiven, „Veronika“. Das Land ist froh, es ins Finale gebracht
       zu haben. Der Titel atmet zwiespältigste Unentschiedenheit, aber das mit
       einer gewissen Intensität. Platz 13.
       
       23 Kroatien: Baby Lasagna, „Rim Tim Tagi Dim“. Die hottesten Thronanwärter
       des Abends. Schönster Lärm, trashy und camp in einem, dazwischen wie
       goldene Fäden eingewirkte balkanesische Harmonien, und das nicht mal
       dezent. Lasagna ist, nebenbei, das Lieblingsgericht aller Dalmatinerinnen*.
       Platz 2.
       
       24 Georgien: Nuza Busaladse, „Fire Fighters“. Feuerwehralarm, und das aus
       einer Gegend, deren Elite sich gerade wieder gen Russland orientiert – und
       deren Jugend gegen diesen Kurs protestiert. Trotzdem super, dass diese
       Sängerin für ihre Brandlöschung belohnt wird. Platz 16.
       
       25 Frankreich: Slimane, „Mon amour“. Der Mann setzt die Tradition des
       gepflegten, gleichwohl modernen Chansons fort. Seine angebetete Liebe
       könnte passabel abschneiden: Platz 18.
       
       26 Österreich: Kaleen, „We Will Rave“. Eurodance einer Chanteuse, die aus
       einem mauen Lied noch das beste herausholt. Ist leicht zu karaoken, für
       jede Party eine Art Einstiegsmucke. Platz 25.
       
       Die taz bestreitet ab 21 Uhr einen Live-Ticker zum ESC am Samstagabend.
       
       11 May 2024
       
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   DIR Jan Feddersen
       
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