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       # taz.de -- Kündigung nach Antisemitismus-Vorwürfen: Noch kein Friede bei Frieda
       
       > Zwei Mädchenzentren wurde vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
       > fristlos gekündigt. Die Aufregung ist groß. Nun soll der Fall untersucht
       > werden.
       
   IMG Bild: Proteste gegen die Kündigungen am Dienstagabend vor dem Rathaus Kreuzberg
       
       Berlin taz | Es ist wieder spät geworden, 14 Stunden schon beschäftigt sich
       der Jugendhilfeausschuss von Friedrichshain-Kreuzberg in der nun vierten
       Sitzung mit der außerordentlichen [1][Kündigung für zwei Einrichtungen der
       Frieda-Frauenzentren]. Die Stimmung im Saal des Rathauses Kreuzberg an der
       Yorckstraße ist erhitzt, die Erschöpfung groß. Draußen hallen die
       Sprechgesänge der Frieda-Solidaritätsbekundungen die Straße entlang,
       drinnen tagen die Bezirksverordneten noch um 23 Uhr.
       
       In nichtöffentlicher Sitzung fällt schließlich folgender Beschluss: Der
       Ausschuss fordert das Jugendamt unter Leitung von CDU-Bezirksstadtrat Max
       Kindler auf, die Kündigung für den Betrieb der Zentren „Phantalisa“ und
       „ALIA“ zurückzunehmen. Das soll ein geordnetes Verfahren einleiten, das den
       Fall genauer untersucht.
       
       Hintergrund der Kündigungen ist nach Darstellung des Jugendamts: Leitende
       Mitarbeiter:innen von „Frieda“ [2][sollen sich Medienberichten zufolge
       antisemitisch geäußert haben]. Seitdem sind die beiden Einrichtungen dicht.
       Von jetzt auf gleich hätten Kinder dadurch ihr Betreuungs- und
       Schutzangebot verloren, lautet die Kritik.
       
       Falls der Verein Frieda zustimmt, soll es dem Sitzungsbeschluss nach zu
       einem neuen Vertrag und auch zu einem „geordneten, ergebnisoffenen und
       rechtssicheren Verfahren zur Überprüfung der Zusammenarbeit“ kommen.
       Außerdem fordert der Jugendhilfeausschuss einen Fortbildungstag für die
       Beschäftigten. Außerdem sollen sich Bezirk und Verein auf eine
       Geschäftsordnung einigen, die zukünftige rechtliche Unklarheiten verhindern
       soll.
       
       ## Verein soll sich von Antisemitismus distanzieren
       
       Das Jugendamt nehme die im Beschluss aufgeführten Punkte zum anstehenden
       Verfahren mehrheitlich ernst, sagte Stadtrat Kindler am Mittwoch der taz.
       Man werde schauen, wie es mit den rechtlichen Überprüfungen weitergehe.
       Ursprünglich habe man eine fristlose Kündigung aber für richtig gehalten.
       
       Der Jugendhilfeausschuss macht aber auch dem Verein Frieda Vorgaben: Der
       Träger soll sich öffentlich von antisemitischen Äußerungen distanzieren und
       von Aussagen, die das Existenzrechts Israels infrage stellen. Dies beziehe
       sich ausdrücklich auf den Träger, nicht auf Mitarbeiter:innen als
       Privatpersonen. Außerdem werde „respektvolle und kooperative
       Dialogbereitschaft“ erwartet.
       
       Die Mitarbeiter:innen und Trägerleitungen, gegen die
       Antisemitismusvorwürfe vorliegen, sollen – so die Position des Ausschusses
       – bis zur Klärung der Situation nur eingeschränkt fachlich zuständig sein.
       Um den Kindern in den Zentren keinen Schaden zuzufügen, soll es ein
       Schutzkonzept geben. Dem Beschluss vom Dienstagabend ist zu entnehmen: Wenn
       diese Bedingungen nicht eingehalten werden, sei eine Zusammenarbeit nicht
       möglich.
       
       Vertreter:innen und Solibündnisse von Frieda argumentieren bei einer
       Kundgebung vor dem Bezirksamt und auch im von ihnen prall gefüllten
       Sitzungssaal immer wieder: Es gehe um die Kinder. Sie seien die
       Leidtragenden, die von einem Tag auf den anderen ein wichtiges Schutz- und
       Unterstützungsangebot verloren hätten.
       
       ## Angespannte Atmosphäre
       
       Eine Expertin für Mädchenarbeit kritisiert, dass es für queere und
       Migra-Kids ohnehin nicht genug Angebote gäbe. Die Schließungen würden dies
       noch befördern. Manal Sode von Frieda e. V. betont außerdem, dass die
       Zentren gegen jegliche Form von Diskriminierung seien, auch gegen
       Antisemitismus.
       
       Die Atmosphäre im Saal bleibt bis zum Schluss des öffentlichen Teils
       angespannt. Frieda-Unterstützer:innen und Bezirksverordnete müssen immer
       wieder zur Ruhe aufgerufen werden. Als Stadtrat Kindler von
       [3][Vergewaltigungen beim Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober] spricht,
       ruft einer der Frieda-Unterstützer:innen: „Das war Propaganda.“ Unruhe
       bricht aus, die Mehrheit von ihnen verlässt unter lauten „Viva
       Palästina“-Rufen den Saal.
       
       15 May 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Luise Greve
       
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