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       # taz.de -- Deutscher Radsportsenior: Letzte Anstiege
       
       > Simon Geschke fährt den letzten Giro d’Italia seiner Karriere. Er ist
       > jetzt 38 Jahre alt und möchte als Kletterer noch einmal überzeugen.
       
   IMG Bild: In Form: Simon Geschke ist beim Giro vor allem bergauf oft vorne dabei
       
       Foiano di Val Fortore taz | Bei seiner letzten Italienrundfahrt wird Simon
       Geschke noch einmal zum Trikotträger. Er zog sich vor dem Start der 11.
       Etappe das blaue Trikot des Bergkönigs über. „Es sitzt gut“, sagte er
       fröhlich zur taz. Der Freiburger trägt es allerdings nur stellvertretend.
       Führender der Wertung ist [1][Tadej Pogačar]. Aber der Slowene muss schon
       Rosa tragen. Geschke grämt das nicht. „Ich genieße es jetzt erst mal“,
       meint er.
       
       Realistische [2][Chancen, es Pogačar abzujagen], sieht er nicht. „Ich muss
       auch sagen, dass ich sehr weit weg bin von den Punkten her, die Wertung
       wirklich zu übernehmen.“ Auf die Jagd nach weiteren Punkten will er
       trotzdem gehen. „Besonders zum Ende der zweiten und dann in der dritten
       Woche gibt es viele Punkte. Und es geht auch um Etappenergebnisse“, blickt
       er auf die folgenden Tage voraus.
       
       Hier beim Giro war er schon mehrfach in Ausreißergruppen unterwegs. Mehr
       als 260 Kilometer ganz vorn kamen schon zusammen. Ein sechster Etappenplatz
       war die beste Ausbeute. Ein Etappensieg wäre eine Karrierekrönung, würde
       gut zum Tour-de-France-Etappensieg 2015 passen. Zweiter und Dritter war er
       schon mal, vor einer Dekade allerdings.
       
       Jetzt im hohen Sportleralter von 38 Jahren will er es aber noch einmal
       wissen. „Ich habe mich sehr gut vorbereitet, so viel Höhentraining
       absolviert vor dem Giro wie sonst nie. Das zahlt sich jetzt ein bisschen
       aus. Ich will die letzte Saison auf jeden Fall noch mal auf einem Hoch
       beenden, nachdem die Saison letztes Jahr nicht so toll war. Ich will da
       noch mal alles rausholen“, erzählt er der taz.
       
       ## Legendäre Touren
       
       Es handelt sich tatsächlich um die allerletzte Saison von Geschke. „Das ist
       definitiv“, betont er. 16 Jahre sind vergangen, seitdem er als Trainee beim
       damaligen Team Milram in den Profizirkus einstieg. Im Jahr darauf folgte
       die erste Tour de France, eine von in insgesamt elf Teilnahmen.
       
       Neben dem Etappensieg 2015 war der Kampf ums Bergtrikot 2022 bei der Mutter
       aller großen Rundfahrten die wohl spektakulärste Sache für den gebürtigen
       Berliner. Damals beugte er sich nur [3][ganz knapp Jonas Vingegaard]. Jetzt
       beim Giro liegt nur Pogačar vor ihm. Unter zweifachen Toursiegern als
       Hauptgegner macht es Geschke offenbar nicht bei seinen Kämpfen um
       Wertungstrikots.
       
       Eine große Rechnung hat er aber noch woanders offen. „Ich wäre gern einmal
       Deutscher Meister geworden.“ Letzte Chance für ihn in diesem Jahr beim
       vertrauten Kurs in der Wahlheimat südliches Baden-Württemberg. „Mit 38 wird
       das aber auch nicht einfacher. Die besten Jahre sind eher schon vorbei“,
       merkt er an.
       
       ## Ein wenig Wehmut
       
       Auf die Meisterschaft „vor der Haustür“ freue er sich aber. Und mit seinem
       Karriereverlauf sei er ohnehin voll zufrieden. Die größten Veränderungen
       sieht er vor allem beim Material. „Da hat sich sehr viel getan. Und auch
       die Neoprofis werden immer jünger. Es wird alles immer professioneller,
       immer schneller. Mal sehen, ob irgendwann das Ende der Fahnenstange
       erreicht ist.“
       
       Den Giro genießt er. Ein wenig Wehmut schleicht sich mitunter auch ein.
       „Man nimmt vieles bewusster wahr, weil man ja wirklich jedes Rennen das
       letzte Mal fährt“, sagt er. Für die Zeit danach habe er noch keine großen
       Pläne. Jetzt will er ohnehin erst mal beim Giro d’Italia noch Akzente
       setzen. Das viele Höhentraining soll sich vor allem bei Etappen jenseits
       der 2.000 Meter-Marke auszahlen. Aber auch da will er „Tag für Tag“
       schauen. Die Floskelproduktion hört auch im höheren Rennfahreralter eben
       nicht auf.
       
       Großen Respekt empfindet er vor einem Jahrgangskollegen. Geraint Thomas
       wird im Laufe dieses Giros 38 Jahre alt, ist zwei Monate jünger als
       Geschke. „Er fährt seit Jahren auf einem hohen Niveau und nimmt es hier mit
       den Jungen auf. Ich weiß, dass das nicht einfach ist mit 38. Das verdient
       nichts anderes als großen Respekt“, blickt er auf den Briten. Der hat sogar
       noch größere Ziele als Geschke, will den Giro gewinnen. So gesehen,
       befindet sich Pogačar in einer Oldie-Zwinge. Der eine Fast-38-Jährige will
       ihm Rosa abjagen. Der Schon-38-Jährige lauert bei der Bergwertung.
       
       16 May 2024
       
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