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       # taz.de -- #MeToo beim Festival de Cannes 2024: Dem Missbrauch ein Gesicht geben
       
       > Beim Festival in Cannes erzählen die ersten Wettbewerbsfilme von Frauen,
       > die sich in feindlichen Umgebungen behaupten müssen.
       
   IMG Bild: Flammendes Inferno: Anya Taylor-Joy in „Furiosa: A Mad Max Saga“
       
       Das Thema #MeToo kommt zum Auftakt der Filmfestspiele von Cannes auch
       prominent auf die Leinwand. Nachdem die Schauspielerin Judith Godrèche im
       Februar bei der Verleihung der Césars den sexuellen Missbrauch in der
       Filmbranche kritisiert hatte, präsentierte sie jetzt ihren Kurzfilm „Moi
       aussi“.
       
       Darin sind 1.000 Personen zu sehen, die ihrem Aufruf gefolgt waren, um ihr
       von Erfahrungen sexueller Gewalt zu berichten. Zu sehen sind sie versammelt
       auf einer Straße in Paris, wie sie von einer Tänzerin pantomimisch
       angeleitet werden. Anschließend lässt Godrèche ihre Protagonisten stumm
       vor der Kamera vorbeiziehen – das stärkste Bild des Films.
       
       Wie um das strukturelle Unrecht der Filmbranche symbolisch auszugleichen,
       erzählen die ersten Filme des Wettbewerbs von starken Frauen, die sich in
       ganz unterschiedlichen feindlichen Umgebungen behaupten müssen.
       
       ## Den Körper thematisieren
       
       „Diamant brut“ der französischen Regisseurin Agathe Riedinger folgt der
       jungen Liane (Malou Khebizi) durch ihren Alltag im verschlafenen Fréjus an
       der Côte d’Azur. Sie ist Instagrammerin, die in ihrem Account hauptsächlich
       ihren Körper thematisiert. Ihre Brüste hat sie schon machen lassen, sie
       überlegt, sich einen Brazilian Butt zuzulegen. Ihre Mutter ist arbeitslos,
       für das notwendige Geld klaut sie im Einkaufszentrum Parfum und
       Computerzubehör, das sie in der Nachbarschaft verhökert.
       
       Als sie von einer Realityshow zum Vorsprechen eingeladen wird, sieht sie
       ihre Chance auf Ruhm gekommen. All ihre Hoffnungen richten sich auf die
       Serie, um der Armut zu entkommen. Riedinger bleibt sehr nah und direkt an
       ihrer Hauptfigur, deutet ihre Konflikte an, etwa dass sie sich ihrer
       kleinen Schwester gegenüber verantwortlich fühlt.
       
       Überhaupt ist Liane streng katholisch und noch Jungfrau, gleichwohl wird
       sie ihres Äußeren wegen von Männern als Hure beschimpft. Wie Riedinger das
       inszeniert, hat Kraft, wirkt an vielen Stellen aber nicht stringent
       erzählt. Was Liane antreibt, bleibt oft unklar, dabei erweckt der Film den
       Anschein, als wolle er eigentlich Verständnis für sie wecken.
       
       ## Verworrenes aus dem Ersten Weltkrieg
       
       Noch verworrener liegen die Dinge in „The Girl With the Needle“ des
       schwedischen Regisseurs Magnus von Horn. Die Näherin Karoline (Vic Carmen
       Sonne) arbeitet zur Zeit des Ersten Weltkriegs in einer Textilfabrik in
       Kopenhagen. Ihr Mann scheint im Krieg gefallen zu sein, es gibt aber keinen
       Nachweis für seinen Tod, weshalb sie keine Witwenrente beanspruchen kann.
       Sie verliert ihre Wohnung, wird vom „hilfsbereiten“ Fabrikchef geschwängert
       und dann sitzen gelassen.
       
       In ihrer Not beschließt sie, das Kind wegzugeben, und wendet sich an die
       Krämerin Dagmar (Trine Dyrholm), die sich als diskrete Vermittlerin
       anbietet. Karoline gerät darüber in Abhängigkeit von Dagmar und beginnt
       erst spät zu ahnen, dass mit dem „Geschäft“ von Dagmar etwas nicht stimmt.
       
       Magnus von Horn ließ sich für dieses grimmige Historienstück vom wahren
       Fall der Kindsmörderin Dagmar Overby inspirieren. Er fragt auch nach den
       Motiven seiner Antiheldin, lässt einen am Ende aber etwas ratlos zurück,
       was er genau erzählen möchte. Ein Plädoyer für Frauenrechte kann man darin
       ebenfalls sehen. Vielleicht.
       
       Mit Selbstermächtigung hat man es in „Furiosa: A Mad Max Saga“ von George
       Miller zu tun. Der Film setzt unmittelbar vor der Handlung von [1][„Mad
       Max: Fury Road“ (2015)] an, im Zentrum steht die junge Furiosa, zunächst
       als Kind, dann als junge Frau von Anya Taylor-Joy dargestellt. Wieder geht
       es um Verteilungskämpfe in der postapokalyptischen Wüste Australiens,
       erneut mit spektakulären Kampfszenen, Pyrotechnik und einer Titelheldin,
       die sich zur Rachegöttin aufschwingt.
       
       Gewalt ist keine Lösung, aber manchmal muss man sich trotzdem wehren.
       
       16 May 2024
       
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