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       # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Frauen mit Gepäck
       
       > Das Zeughauskino öffnet sein Filmarchiv, das Babylon feiert „Disney
       > Forever“ und das Kino Arsenal den italienischen Kinostar Claudia
       > Cardinale.
       
   IMG Bild: „La ragazza con la valigia“ (1961), Regie: Valerio Zurlini
       
       Die Filmkarriere der Claudia Cardinale begann wie bei vielen ihrer
       Zeitgenossinnen mit physischer Schönheit: Als „schönster Italienerin
       Tunesiens“ spendierte man der 1938 in Tunis geborenen Tochter
       sizilianischer Auswanderer einen Trip zu den Filmfestspielen von Venedig –
       und der Rest ist Geschichte.
       
       Na gut, einige Stunden Schauspielunterricht und die Bekanntschaft mit einem
       Filmproduzenten gehörten auch dazu. Außerdem musste die schönste
       Italienerin erst einmal Italienisch lernen – sie hatte nämlich im damals
       französischen Protektorat Tunesien bis dato Französisch gesprochen.
       
       Hauptsächlich hatte ihr Star-Erfolg jedoch mit Talent zu tun: Schnell
       etablierte sie sich als Schauspielerin in Filmen der Ende der 1950er Jahre
       führenden italienischen Regisseure, beherrschte dabei die Komödie so gut
       wie das Drama und zeigte im sich damals im Umbruch befindlichen
       italienischen Kino das Bild einer modernen jungen Frau: eine Ausgangsbasis,
       von der sie zur internationalen Weltkarriere ansetzte.
       
       Die Filmografie der Schauspielerin wird von vielen Klassikern geziert, die
       Palette reicht dabei von Autorenfilmen wie „8 ½“ (Fellini) und „Il
       gattopardo“ (Visconti) bis zu Komödien wie „The Pink Panther“ (Blake
       Edwards) und dem Italowestern „Spiel mir das Lied vom Tod“ (Leone).
       
       Das [1][Kino Arsenal widmet der Schauspielerin jetzt eine 14 Filme
       umfassende Hommage], überwiegend mit Werken aus den 1960er Jahren. Eröffnet
       wird die Reihe mit „La ragazza con la valigia“ von Valerio Zurlini, einem
       Drama über Klassenschranken, in dem Cardinale in ihrer ersten tragenden
       Hauptrolle als Hotelbarsängerin von einem Aristokraten verführt und wieder
       fallen gelassen wird. Einen einführenden Vortrag hält Cristina Jandelli von
       der Universität Florenz (2.5., 20 Uhr, [2][Arsenal]).
       
       Ein Wiedersehen mit den populärsten Disney-Animationsfilmen vieler
       Jahrzehnte bietet die Reihe „Disney Forever“ im Babylon Mitte vom 6. Mai
       bis zum 12. Juni. Empfehlenswertes gibt es da genug, ich würde an dieser
       Stelle gern eine Lanze brechen für „Die Eiskönigin 2“ (2019) von Chris Buck
       und Jennifer Lee, das Sequel zum bis dato erfolgreichsten Animationsfilm
       der Disney-Geschichte.
       
       Die Ingredienzien sind selbstredend ähnlich wie im ersten Film: Komödie,
       Familiendrama und Musical verbinden sich zu einem Abenteuer, in dem die an
       sich und der Welt verzweifelnde Eiskönigin Elsa ihrer Bestimmung endlich
       näher kommt und ihre Schwester Anna ein von der Königsfamilie verübtes
       Unrecht sühnt.
       
       Die bei einer Reise zu einem verwunschenen Herbstwald entworfenen Szenarien
       sehen fantastisch aus, vor allem aber gibt dieser Film in jeder Hinsicht
       ständig Gas: Ob großes Sentiment, komische Einlagen, gefühlvolle Songs,
       geheimnisvolle Fantasy oder bombastische Action – in „Die Eiskönigin 2“
       gibt es überhaupt kein Halten (8.5., 17 Uhr, [3][Babylon Mitte]).
       
       Einen Einblick in die Filmsammlung des Deutschen Historischen Museums
       bietet die Reihe „Auch wir sammeln Filme“ im Zeughauskino ab 4. Mai bis 21.
       Juli. Zu sehen ist eine erstaunlich bunte Mischung aus Spielfilmen,
       Dokumentationen, Wochenschauen und Werbefilmen; eröffnet wird mit dem
       deutschen Stummfilm „Der gelbe Schein“ (R: Victor Janson, Eugen Illés,
       1918), einem Drama um eine junge Frau (Pola Negri), die sich als Jüdin
       vielerlei Schikanen im zaristischen Russland ausgesetzt sieht.
       
       Die philosemitische Haltung des Films verdankt sich zwar in erster Linie
       der anti-russischen Propaganda des Ersten Weltkriegs, doch die
       realistisch-dramatischen Qualitäten des Werks haben die Zeiten überdauert.
       Am Klavier ist Günter A. Buchwald zu hören (4.5., 19 Uhr,
       [4][Zeughauskino]).
       
       2 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/hommage-claudia-cardinale/
   DIR [2] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmvorfuehrung/la-ragazza-con-la-valigia-3617/
   DIR [3] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/disney-forever/7090-disney-frozen-2-pluto-s-party
   DIR [4] https://www.dhm.de/zeughauskino/vorfuehrung/der-gelbe-schein-11457/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
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