URI: 
       # taz.de -- Zukunft des Gazastreifens: Das Stigma der Macht nach dem Krieg
       
       > Der Druck auf Netanjahu wird größer, die Zukunft Gazas zu klären. Nur
       > unter Einbezug der arabischen Nachbarn kann eine Regierung dort
       > funktionieren.
       
   IMG Bild: Regierungschef Benjamin Netanjahu (l.) und Verteidigungsminister Joav Gallant
       
       Die Fernsehansprache am Mittwoch hatte es in sich. Die Kritik von Israels
       Verteidigungsminister Joav Gallant darin war ein direkter Angriff auf
       seinen Vorgesetzten: Regierungschef Benjamin Netanjahu. Und sie hat –
       erneut – die pressierende Frage aufgeworfen: Wer eigentlich soll im
       Gazastreifen die Kontrolle übernehmen, wenn die Hamas vernichtet oder
       zumindest entmachtet ist?
       
       „Ich werde der Errichtung einer israelischen Militärherrschaft in Gaza
       nicht zustimmen“, sagte Gallant. Er kritisierte Netanjahus Weigerung, den
       „Tag danach“ zu diskutieren, und stellte klar, dass „palästinensische
       Akteure“ das Gebiet regieren müssen. Recht hat er, denn ob langfristige
       Militärbesatzung oder fortgesetzte Hamas-Herrschaft: Beides sind schlechte
       Optionen.
       
       Netanjahu geht der Frage nach der Zukunft Gazas seit Monaten aus dem Weg.
       Er weiß, dass solche Überlegungen seinen Thron zum Wackeln bringen würden.
       Netanjahus Regierungskoalition ist auf Parteien angewiesen, die offen dazu
       aufrufen, den Gazastreifen wie vor 2005 mit Israelis zu besiedeln, ja
       sogar die Palästinenser*innen zu vertreiben.
       
       ## Jede Regierung von „Israels Gnaden“ hat ein Legitimitätsproblem
       
       Gazas zukünftige Führung, die „Hamas-Alternative“, muss aus den Reihen der
       Palästinenser*innen kommen. Zwar ist richtig, dass, wer dort
       Verantwortung übernimmt, mit dem Stigma behaftet sein wird, durch Israels
       Bomben an die Macht gekommen zu sein. Aber gibt es einen anderen Weg?
       
       Das Stigma kann nur abgeschwächt werden, indem arabische Staaten aktiv
       werden. Sie dürfen [1][Israel und die Palästinenser*innen] nicht
       allein lassen in diesem Konflikt, in dem es beiden Seiten berechtigterweise
       um die Existenz geht. Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und die Emirate
       sind keine einfachen Partner. Aber sie alle haben Interesse an Stabilität
       und Zusammenarbeit mit Israel – und sei es, weil sie einfach Business
       machen wollen. Arabische Staaten sollten vorpreschen und eine Initiative
       starten.
       
       Denn Gazas Zukunft liegt nicht allein in Israels Verantwortung, auch wenn
       dessen Armee den Küstenstreifen nach den Gräueltaten der Hamas
       flächendeckend zerstört hat.
       
       Was es braucht, sind konkrete Angebote, auch um vernünftigen Stimmen in
       Israel den Rücken zu stärken. Welche eigene Rolle können sich Kairo oder
       Riad in Gaza vorstellen? Und wie sähe der „unumkehrbare Weg“ zu einem Staat
       Palästina aus, wie die Saudis ihn formulieren?
       
       Arabische Partner einzubinden, erfordert, die Staaten nicht weiter zu
       vergraulen. In Hinblick auf [2][die Rafah-Offensive] sollte alles
       unternommen werden, damit sich das Zerwürfnis zwischen Israel und Ägypten
       nicht vertieft. Zurückhaltung ist nicht nur mit Blick auf Hunderttausende
       [3][Zivilist*innen in Rafah] geboten, sondern auch mit Blick auf die
       regionale Diplomatie.
       
       18 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gedenktag-in-Israel/!6010702
   DIR [2] /Krieg-im-Gazastreifen/!6007455
   DIR [3] /Evakuierung-aus-Rafah/!6009724
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
       ## TAGS
       
   DIR Israel
   DIR Benjamin Netanjahu
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Gaza
   DIR Social-Auswahl
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Benjamin Netanjahu
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Westjordanland
   DIR USA
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Kritik an ICC-Chefankläger
       
       USA kritisieren die Ankündigung von Chefankläger Khan, Haftbefehle gegen
       den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu prüfen zu lassen. Auch
       Berlin äußert sich.
       
   DIR Haftbefehle gegen Hamas und Netanjahu: „Widerstand“ war Kriegsverbrechen
       
       Gegen die Führung der Hamas und auch gegen Netanjahu und Galant hat der
       IStGh Haftbefehle beantragt. Die Hamas wird sich nicht ändern – Israel
       schon.
       
   DIR Israel und Gaza: NGOs gegen Waffen für Israel
       
       Das Forum Menschenrechte fordert von der Bundesregierung einen Kurswechsel.
       Dahinter stehen die CDU-nahe Adenauer-Stiftung und Pro Asyl.
       
   DIR +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Haftbefehle für Netanjahu und Hamas
       
       Die Staatsanwaltschaft beim Internationalen Strafgerichtshof hat
       Haftbefehle gegen Netanjahu und Hamas-Kader beantragt.
       
   DIR +++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Weiter Kämpfe um Rafah
       
       In der Stadt im südlichen Gazastreifen kommt es erneut zu Gefechten
       zwischen Israels Militär und der Hamas. Der Papst unterzeichnet einen
       Friedensappell.
       
   DIR Krieg im Gazastreifen: Heftige Kämpfe auch im Norden
       
       Während Israel weiter nach Rafah vordringt, wird auch in Dschabalia
       gekämpft. Die USA sagen neue Militärhilfe über eine Milliarde Dollar zu.
       
   DIR Gedenktag in Israel: Die Kerzen in der Dunkelheit
       
       Am Vorabend des Unabhängigkeitstages gedenken jüdische und palästinensische
       Israelis der Opfer beider Seiten. Nicht alle sind damit einverstanden.
       
   DIR Tote in Gaza: Wie viele Menschen wurden getötet?
       
       Die humanitäre UN-Abteilung zählt knapp 35.000 Tote. Jetzt heißt es, dass
       nur 25.000 identifiziert sind. Es fehlen Angaben zu 11.200 Frauen und
       Kindern.