URI: 
       # taz.de -- Mehr Licht im Dunkel des Stiftungswesens
       
       > Viele Neugründungen und Gelder: Die Stimmung in Stiftungen ist gut. Doch
       > die Szene ist unübersichtlich
       
       Aus Hannover Joachim Göres
       
       Mehr als 5 Milliarden Euro stellen gemeinnützige Stiftungen pro Jahr in
       Deutschland zur Verfügung. Vor allem für soziale Zwecke, aber auch für
       Bildungsprojekte, Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung sowie das
       Gesundheitswesen. Wie es noch mehr werden kann, war Thema auf dem Deutschen
       Stiftungstag in Hannover in der vergangenen Woche.
       
       Die Stimmung in der Stiftungsszene ist derzeit gut. Es gebe „großes
       Interesse an Geldern von Stiftungen sowie viele Neugründungen, allein 637
       im vergangenen Jahr“, sagt Katrin Rupprecht, Referentin beim Bundesverband
       Deutscher Stiftungen (BDS). „2023 war wegen der hohen Zinsen ein gutes
       Jahr, das hat die schlechten Vorjahre kompensiert“, erklärt Michael
       Dittrich, Leiter der Finanzabteilung bei der Deutschen Bundesstiftung
       Umwelt. Die DBU gehört mit einer jährlichen Fördersumme von zuletzt 44
       Millionen Euro zu den größten gemeinnützigen Stiftungen. Seit ihrer
       Gründung 1991 hat sie mehr als 10.000 Projekte mit rund 2 Milliarden Euro
       gefördert, zum Beispiel ein Projekt der Uni Bamberg mit aktuell 170.000
       Euro. Dittrich diskutierte in Hannover mit den Chefvolkswirten der
       Commerzbank, der Warburg Bank und der KfW-Bankengruppe über die
       wirtschaftlichen Perspektiven.
       
       Die Michael-Succow-Stiftung aus Greifswald hat im vergangenen Jahr 3,1
       Millionen Euro vor allem zum Schutz von Mooren und Klima ausgegeben. In
       diesem Jahr werde die Stiftung ihre Ziele für die Zukunft noch einmal neu
       formulieren, erklärt Kathrin Succow, Tochter des Gründers und
       Stiftungsleiterin seit 2022. Die Stiftung arbeite gemäß den Kriterien der
       Initiative Transparente Zivilgesellschaft. Dazu gehört, dass sie in ihrem
       Jahresbericht die Herkunft und Verwendung der Stiftungsmittel sowie die
       Namen der Großspender veröffentlicht.
       
       Das machen nicht alle Stiftungen, manche agieren lieber im Verborgenen.
       Mehr Transparenz soll es ab 2026 geben – nach dem neuen Stiftungsgesetz
       müssen sich dann alle Stiftungen in einem bundesweiten Register anmelden,
       eine verantwortliche Person benennen und über ihre Ziele und Satzung
       Auskunft geben. Eine Pflicht zur Veröffentlichung der Kapitalhöhe, der
       Herkunft der Gelder und ihrer Verwendung gibt es allerdings weiterhin
       nicht.
       
       „Stiftungen sollten ab einer gewissen Größe zwingend Geschäftsberichte
       veröffentlichen“, fordert Christoph Trautvetter vom Netzwerk
       Steuergerechtigkeit. Ihn beschäftigt auch, inwieweit Stiftungen in erster
       Linie gegründet werden, um Steuern zu sparen. Gemeinnützige Stiftungen
       seien im Prinzip keine Steuersparmodelle, meint Trautvetter. Bei nicht
       gemeinnützigen Familienstiftungen gehe es dagegen schon darum, Steuern zu
       vermeiden. „Im Jahr 2023 war fast jede zweite neu gegründete Stiftung eine
       privatnützige Familienstiftung“, sagt Trautvetter. „Es gibt immer mehr
       größere Vermögen, es wird immer mehr Geld vererbt. Das ist ein Grund für
       die vielen neuen Familienstiftungen“, bestätigt Rupprecht.
       
       Das Stiftungswesen ist unübersichtlich. In Deutschland gibt es rund 25.000
       rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts, bei denen ein Stifter in der
       Regel mindestens 100.000 Euro aufbringen muss. Daneben bestehen mehr als
       800 Stiftungen öffentlichen Rechts, 1.600 Stiftungsvereine, 1.100
       Stiftungs-GmbHs sowie eine Vielzahl von unselbstständigen Stiftungen,
       sogenannte Treuhandstiftungen. Zur Unübersichtlichkeit trägt bei, dass in
       einigen Ländern die nachträgliche Satzungsänderung oder die Auflösung der
       Stiftung durch den Stifter möglich ist.
       
       Eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung hatte 2017
       rund 60 unternehmensnahe Stiftungen unter die Lupe genommen und dabei
       festgestellt, dass es in 41 Prozent der Fälle zur Überschneidung der
       Stiftungstätigkeit mit Geschäftsfeldern des Unternehmens kommt. Ein
       Beispiel ist die Bertelsmann Stiftung, die sich unter anderem für die
       Digitalisierung im Bildungswesen einsetzt – dafür bietet der
       Bertelsmann-Konzern entsprechende Produkte an.
       
       21 May 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Joachim Göres
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA