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       # taz.de -- Filmfestspiele in Cannes: Leidenschaft ist orange
       
       > Tag 9: Ein neonbunter Schicksalsort in Karim Aïnouz’ Spielfilm „Motel
       > Destino“ und Besuch aus dem Iran. Das Festival von Cannes auf der
       > Zielgerade.
       
   IMG Bild: Farbenfrohes Spektaktel in Brasilien: Elias und Heraldo in „Motel Destino“
       
       Eine gute Nachricht von den Filmfestspielen: Zur Premiere seines
       Wettbewerbsfilms, „The Seed of the Sacred Fig“, wird der Regisseur Mohammad
       Rasoulof in Cannes erwartet. Rasoulof, der im Iran zu acht Jahren Haft und
       Peitschenhieben verurteilt ist, war die heimliche Flucht nach Deutschland
       gelungen.
       
       Inzwischen bestätigte das Festival seine Reise nach Frankreich. An
       Rasoulofs Film knüpfen sich einige Erwartungen. Iranische Behörden hatten
       den Regisseur unter Druck gesetzt, seinen Beitrag aus dem Wettbewerb
       zurückzuziehen.
       
       Im Vergleich zu den bisher vorgestellten Kandidaten für die Goldene Palme
       dürfte Rasoulof sogar realistische Chancen bei den Preisen haben. Ein
       unumstrittener Gewinner ist bisher jedenfalls nicht in Sicht. Dafür gibt es
       dieses Jahr viel Eigensinn, der mitunter verzaubern kann.
       
       ## Härte und Magie
       
       Bei [1][Andrea Arnolds „Bird“] ist es die Kombination von realistischem
       Sinn für soziale Härte und freizügigem Einsatz von Magie, [2][Jia Zhangke
       kombiniert in „Caught by the Tides“] sein Material aus 25 Jahren zu einer
       poetisch rätselhaften Erzählung, und [3][Sean Baker lässt in „Anora“] den
       bedingt glamourösen Alltag seiner als Sexarbeitern tätigen Titelhelden mit
       ebenso viel Tempo wie Energie hemmungslos auf Klischees über den
       verschwenderischen Lebensstil von russischen Oligarchen prallen.
       
       In ein ähnliches Milieu führt einen der brasilianische Regisseur Karim
       Aïnouz mit „Motel Destino“, dessen Charakterisierung als Erotikthriller dem
       Film nur in Teilen gerecht wird. Sein Protagonist Heraldo (Iago Xavier)
       arbeitet für die Drogenhändlerin Bambina in Ceará, einem Bundesstaat im
       Nordosten Brasiliens – im wirklichen Leben zugleich die Gegend, in der
       Aïnouz geboren ist.
       
       Heraldo hat Schulden bei Bambina, die obendrein Kredithai ist, und soll mit
       seinem Bruder Jorge für sie Geld eintreiben. In der Nacht zuvor macht
       Heraldo die Bekanntschaft einer Frau, die ihn in ein Stundenhotel
       mitschleppt, das so heißt wie der Film. Viel Neonlicht draußen und
       drinnen, überhaupt recht grelle Farben, mit denen Aïnouz sehr kunstvoll
       hantiert.
       
       ## Ausschweifende Nacht
       
       Die Nacht ist ausschweifend, am nächsten Morgen wacht Heraldo allein auf,
       mit der offenen Rechnung für das Zimmer. Als er schließlich gegen Pfand das
       Motel verlassen und zu seinem Auftrag aufbrechen kann, kommt er zu spät:
       Sein Bruder ist tot, und Heraldo hat fortan die Bande von Bambina im
       Nacken, die mit ihm abrechnen will. In seiner Not kehrt er zurück zum
       Motel, um dort unterzutauchen.
       
       Aïnouz interessiert sich in der folgenden Erzählung jedoch weniger für eine
       klassische Fluchtgeschichte. Er konzentriert sich vielmehr darauf, Heraldo
       in seinem Versteck sowohl mit seiner Zuneigung für Dayana (Nataly Rocha),
       die Frau des Hotelbesitzers, als auch mit der Gefahr, die von ihrem
       unberechenbaren Mann Elias (Fábio Assunção) ausgeht, zu konfrontieren.
       
       Aïnouz feiert dabei die ungleiche Amour-fou-Konstellation, mit einem
       ständig schwitzenden Heraldo, der wild entschlossenen Dayana und dem
       impulsiv-cholerischen Elias. Allein schon für die Bildgestaltung müsste es
       einen Preis geben.
       
       23 May 2024
       
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