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       # taz.de -- Fehlender bezahlbarer Wohnraum: Bauen alleine hilft nicht
       
       > Es wird gebaut, doch es fehlen Wohnungen für Nicht-Superreiche. Das ließe
       > sich durch Auf- oder Umbau sowie strengeren Umgang mit Ferienwohnungen
       > ändern.
       
   IMG Bild: Wohnungsbau ist gut – doch der Mangel an bezahlbarem Wohnraum bleibt bestehen
       
       Als Klara Geywitz die Neubauzahlen in dieser Woche als „überraschend gut“
       kommentierte, hatte das etwas Verzweifeltes. Die Bauministerin freute sich
       darüber, dass es nicht noch schlimmer gekommen war als befürchtet. Trotz
       der toxischen Mischung aus Inflation, hohen Zinsen und gestiegenen Preisen
       wurde in etwa das Niveau der Vorjahre gehalten. Dennoch hat die
       Bundesregierung ihr Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, weit
       verfehlt. [1][Fertig wurden 2023 nur 294.000].
       
       Dabei werden dringend bezahlbare Wohnungen gebraucht. Das ließe sich
       durchaus bewerkstelligen, etwa durch: [2][Büroflächen umbauen, aufstocken,
       mehr seriell bauen, das bunte Treiben mit Ferienwohnungen oder möbliertem
       Wohnraum eindämmen].
       
       Die Wohnungsnot, die wir heute in vielen Städten erleben, ist mitnichten
       nur das Ergebnis der aktuellen Krise, sondern auch jahrzehntelanger,
       fehlgeleiteter Bau- und Wohnungspolitik. Kommunale Bestände wurden
       verscherbelt, der Staat hat sich nach und nach aus der Wohnungsversorgung
       zurückgezogen und es wurde nicht das gebaut, was die Bevölkerung braucht,
       sondern das, was lukrativ ist. Es braucht eine Trendwende hin zu einer
       Politik, die die Bedürfnisse der Menschen wieder in den Fokus rückt.
       
       Das alles lässt sich nicht mit einem Fingerschnipps korrigieren. Man kann
       Klara Geywitz sogar zugutehalten, dass sie in ihrer Amtszeit den Sozialen
       Wohnungsbau zu einem ihrer Schwerpunkte gemacht hat – im gegebenen
       Finanzrahmen. Das hat den jahrzehntelangen Abwärtstrend schon etwas
       abgeschwächt, aber die Gesamtzahl der Sozialwohnungen sinkt nach wie vor.
       
       ## Kontinuierlich bauen ist sozial- und klimapolitisch Irrsinn
       
       Und das liegt daran, dass Sozialwohnungen nach einer gewissen Zeit immer
       ihre Preisbindung verlieren. Der Stadtsoziologe Andrej Holm bezeichnete den
       Sozialen Wohnungsbau deshalb einmal als „[3][Wirtschaftsförderung für
       private Bauherren mit sozialer Zwischennutzung].“
       
       Man muss quasi wie im Hamsterrad kontinuierlich Sozialwohnungen
       nachliefern, um nicht immer weiter ins Minus zu rutschen. Das ist
       sozialpolitisch und klimapolitisch absoluter Irrsinn – und das wird
       hingenommen ausgerechnet in dem Segment, das am dringendsten gebraucht
       wird. Die Idee, Obdachlosigkeit bis 2030 abzuschaffen, kann man sich auf
       diese Art echt schenken.
       
       Genau an diesem Punkt könnte die Bundesregierung mit einer neuen
       Wohngemeinnützigkeit ansetzen. Diese soll gemeinwohlorientierte Akteure
       durch Steuervorteile stärken, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen.
       Das wäre zumindest ein Hebel, der langfristig einen Wandel einläuten
       könnte. Es ist fatal, dass die Regierung das nicht priorisiert hat. Die
       Verhandlungen mit dem Finanzministerium dauern an.
       
       25 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wohnungsbau-in-Deutschland/!6009297
   DIR [2] /Desaster-in-der-Wohnungsbaupolitik/!6009181
   DIR [3] https://www.boeckler.de/de/interviews-17944-21066.htm
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jasmin Kalarickal
       
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