# taz.de -- Studie mit Kaulquappen: Lithium als Zeitbombe für Gewässer
> Der Abbau des wichtigen Metalls Lithium verbraucht nicht nur viel Wasser.
> Er vergiftet auch seine Umwelt, zeigt eine Studie.
IMG Bild: Kaulquappen der Sandkröte in Argentinien: Amphibien gelten als Indikatoren für die Wirkung von giftigen Stoffen in Gewässern
Buenos Aires taz | Kaulquappen, die einer verstärkten Konzentration von
Lithium ausgesetzt sind, weisen eine starke Belastung mit dem Giftstoff
auf. Das zeigen [1][argentinische Wissenschaftler*innen in] einer
aktuellen Studie.
Die Forscher*innen setzten die Tiere Lithiumkonzentrationen aus, wie sie
bei der Ausbeutung des Alkalimetalls in den Gewässern des sogenannten
Lithiumdreiecks von Argentinien, Chile und Bolivien entstehen. „Die
Veränderungen liefern den ersten Beweis für die Ökotoxizität von Lithium
bei in Argentinien einheimischen Arten und dienen als Frühwarnung für
Organismen, im Verbreitungsgebiet“, so ihre Schlussfolgerung. Amphibien
gelten als Indikatoren für die Wirkung von giftigen Stoffen in Gewässern.
Der stark expandierende Abbau von Lithium stellt nach Ansicht der
Autor*innen eine „Zeitbombe“ für die lokalen Wassersysteme dar. Lithium
ist ein wichtiger Bestandteil in leistungsfähigen Batterien, die für den
Bau von Elektrofahrzeugen und für Fotovoltaik, aber auch etwa für
Mobilgeräte gebraucht werden, ist also sowohl für die Decarbonisierung der
Wirtschaft, als auch für die Digitalisierung essenziell.
Im Lithiumdreieck wird es [2][aus unterirdischen Salzseen gewonnen]. Diese
sind aber wichtige Wasserreservoirs, bei der Direktextraktion des begehrten
Metalls werden riesige Mengen Süßwasser verbraucht – was bislang der
hauptsächliche Kritikpunkt war. Mit der Untersuchung der Kaulquappen
wollten die Wissenschaftler*innen nun herausfinden, ob der Abbau auch
andere Folgen für die Umwelt hat. Bisher habe es nur [3][Studien gegeben,
wie sich die erhöhte Lithiumkonzentration auf Flamingopopulationen]
auswirkt, sagte Rafael Lajmanovich von der Universität Litoral der Zeitung
La Capital. Anders als etwa [4][Glyphosat, dessen Wirkung weltweit
beforscht] wird, handle es sich bei der Lithiumbelastung um ein lokales
Phänomen, da der Stoff nur an wenigen Stellen vorkomme.
Mit der aktuellen Studie habe man eine „Bewertung der akuten Letalität und
der chronischen subletalen Wirkungen von Lithium“ an Kaulquappen als
Modellorganismen vornehmen wollen. Die argentinische Kröte (Rhinella
arenarum) sei ausgewählt worden, weil sie in ganz Südamerika verbreitet
ist. Ihre Kaulquappen wurden in Wirktests unterschiedlichen
Lithiumkonzentrationen ausgesetzt.
Bei der höchsten Belastung, die der üblicherweise an den Bergbaustandorten
gemessenen Konzentration entspricht, zeigten die Kaulquappen laut der
Studie nach einer Woche Exposition „eine signifikante Mortalität“. Aber
auch schon geringere Konzentrationen, die als „umweltverträglich“ gelten,
hätten schwerwiegende Reaktionen hervorgerufen. Das weise darauf hin, dass
Lithiumverseuchungen unmittelbare Auswirkungen haben, so Lajmanovich. Auch
die DNA von Organismen werde verändert. Neben der Verwüstung des Landes
seien damit beim Lithiumabbau auch schwerwiegende Schäden für Fauna, Flora
und letzlich die Bevölkerung zu erwarten.
28 May 2024
## LINKS
DIR [1] https://www.mdpi.com/2305-6304/12/3/176
DIR [2] /Lithiumgewinnung-in-Argentinien/!6005333
DIR [3] https://www.lacapital.com.ar/la-region/cientificos-argentinos-advirtieron-la-alta-toxicidad-las-explotaciones-litio-n10122103.html
DIR [4] /Wegen-Schaeden-in-Suedamerika/!6003673
## AUTOREN
DIR Jürgen Vogt
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