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       # taz.de -- Kosten für Pflegeversicherung: Beiträge dürften weiter steigen
       
       > Die Krankenkassen erwarten 2025 erneut höhere Versicherungsbeiträge.
       > Gegen die Pflegemisere fordern manche mehr Selbstbeteiligung.
       
   IMG Bild: Jedes Jahr im Schnitt 326.000 Pflegebedürftige mehr: alter Mann in einer Pflegeeinrichtung in Berlin
       
       Berlin taz | Die Beiträge zur Pflegeversicherung könnten schon im kommenden
       Jahr weiter steigen, da die Kosten und der Bedarf an Pflege erheblich
       zunehmen. [1][Dies teilten die Krankenkassen mit.] Nach der DAK rechnet
       auch der Verband der Ersatzkassen (VdEK) mit einem Anstieg zum
       Jahreswechsel. „Die Pflegekassen gehen davon aus, dass die Finanzmittel im
       ersten Quartal 2025 insgesamt weniger als eine Monatsausgabe betragen. Für
       diesen Fall darf die Bundesregierung den Beitragssatz per Rechtsverordnung
       anheben“, sagte Dirk Ruiss, VdEK-Chef in NRW, am Dienstag in der
       Rheinischen Post.
       
       Zuvor hatte schon Anfang April der Vorstandschef der DAK, Andreas Storm,
       gesagt, dass der Beitragssatz zur Pflegeversicherung „voraussichtlich zum
       Jahreswechsel“ angehoben werden müsste, und zwar um 0,2 Prozent.
       
       Die Beiträge zur Pflegeversicherung waren zuletzt erst im Juli 2023
       angehoben worden, und zwar auf einen Beitragssatz von 3,4 Prozent für
       Eltern. Für Kinderlose beträgt er 4 Prozent des Bruttolohnes. Die Hälfte
       des Beitrages zahlen die Arbeitgeber. Kinderlose müssen den Zuschlag von
       0,6 Prozent auf den Beitrag allerdings alleine tragen. Eine Umfrage des
       Instituts für Demoskopie Allensbach im Rahmen des [2][DAK-Pflegereports]
       hatte kürzlich ergeben, dass nur 41 Prozent der Deutschen höhere
       Beitragssätze akzeptieren würden.
       
       Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte am Montag zwar
       beklagt, die Zahl der Pflegebedürftigen habe „explosionsartig“ zugenommen.
       Er hatte aber gleichzeitig erklärt, eine Finanzreform in der Pflege sei in
       dieser Legislaturperiode mit der Ampelregierung nicht mehr zu machen.
       
       ## Überdurchschnittlicher Zuwachs 2023
       
       Im Dezember 2023 lag die Zahl der Pflegebedürftigen bei 5,2 Millionen der
       gesetzlich Versicherten plus 312.000 privat Versicherte, also insgesamt bei
       rund 5,5 Millionen. Dies sei im Vergleich zum Jahr davor ein Plus von
       360.000 Pflegebedürftigen gewesen, hieß es im Bundesgesundheitsministerium.
       Der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) erläuterte, seit 2017 steige die
       Anzahl der Pflegebedürftigen jedes Jahr im Durchschnitt auch
       demografiebedingt um rund 326.000 Personen. 2023 habe es einen
       überdurchschnittlichen Zuwachs gegeben.
       
       Gleichzeitig wächst der Mangel an [3][Pflegekräften]. Die Zahl der
       fehlenden Mitarbeitenden in der Pflege werde sich „bis 2034 voraussichtlich
       auf 500.000 erhöhen, da wir immer älter werden und somit mehr Menschen
       Pflege benötigen“, sagte die Verbandspräsidentin des Deutschen Pflegerats
       (DPR), Christine Vogler.
       
       Am Dienstag wurden diverse Vorschläge für Lösungen in der Pflegemisere
       laut. Der Freiburger Sozialexperte Bernd Raffelhüschen plädierte in der
       Bild dafür, eine „Pflege-Karenzzeit“ von einem Jahr einzuführen. In diesem
       ersten Jahr der Pflegebedürftigkeit müssten dann die Pflegekosten von den
       Betroffenen allein übernommen werden, sagte Raffelhüschen. Erst danach
       sollten Leistungen der Pflegeversicherung fließen.
       
       Raffelhüschen warnte angesichts des steigenden Bedarfs, die Beiträge zur
       Pflegeversicherung könnten bis 2040 auf circa 7 Prozent für Kinderlose
       steigen. Dies erinnert an die Verhältnisse vor Einführung der
       Pflegeversicherung ab Mitte der 90er-Jahre. Damals mussten die Pflegekosten
       vollständig selbst bezahlt werden, nur das Sozialamt sprang im Notfall ein,
       zuvor musste aber fast sämtliches Vermögen eingesetzt werden.
       
       Vogler appellierte an die Bundesregierung, mehr Anreize für ehrenamtliche
       Pflegetätigkeiten zu schaffen. Die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes,
       Gerda Hasselfeldt, erklärte, künftig müssten wieder mehr Angehörige in die
       Pflege eingebunden werden. Die pflegepolitische Sprecherin der
       Unions-Bundestagsfraktion, Emmi Zeulner (CSU), sagte, es brauche auch
       andere Formen von gesellschaftlicher Organisation von Pflege,
       „beispielsweise sorgende Gemeinschaften, unter anderem mit
       Nachbarschaftshilfe, Quartiers- und Tagespflege“. (mit afp, dpa)
       
       28 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Beitraege-fuer-die-Pflegeversicherung/!6012892
   DIR [2] https://caas.content.dak.de/caas/v1/media/64760/data/42a02e597e07646cc80c0ddbd1382a8f/240409-download-e-book-pflegereport.pdf
   DIR [3] /Ueberarbeitet-und-unterbezahlt/!6007340
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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