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       # taz.de -- Verbot von Klima-Demo auf Autobahn: Kein gleiches Recht für alle
       
       > Klimaschützer:innen dürfen nicht auf einer Autobahn-Auffahrt
       > demonstrieren, Landwirt:innen aber schon. Ginge dann eine Klima-Demo
       > mit Trecker?
       
   IMG Bild: Hier gilt die Versammlungsfreiheit: Landwirt:innen blockieren am 10. Januar 2024 eine Autobahnauffahrt der A2 in Richtung Berlin
       
       Zum Ausklang eines Frühjahrs, in dem jeder Monat neue Wärmerekorde brachte,
       stehen an diesem Wochenende [1][an vielen Orten Klimaproteste] an. Auch in
       Schleswig-Holstein wollten [2][Aktivist:innen für Umweltschutz] und
       Verkehrswende demonstrieren. Sinnvollerweise dort, wo sie von Menschen mit
       Autos gesehen werden – auf oder an Autobahnen. Pech gehabt: Daraus wird
       nichts.
       
       Die Kieler „Turboklimakampfgruppe“ (TKKG) hatte eine Blockade der Auffahrt
       auf die A215 angemeldet. Das Bündnis „A20 -Nie!“, dem Umweltgruppen wie
       BUND und Nabu sowie [3][Verkehrsklubs wie ADFC und VCD] angehören, plante
       auf der A20 eine Fahrradfahrt gegen den Weiterbau der Autobahn. Gegen beide
       Demos legte das Ordnungsamt des Kreises Steinburg sein Veto ein, teilten
       die Initiator:innen mit: Der ungestörte Verkehrsfluss gehe vor.
       
       Aber klar: So eine Autobahn zu blockieren, geht natürlich gar nicht. Denn
       irgendwelche Menschen müssen bestimmt ganz dringend irgendwohin. Sollen die
       etwa eine der vielen Straßen jenseits von Autobahnen oder gar die Bahn
       benutzen? Wer mag da auf so altmodische Grundrechte wie
       Demonstrationsfreiheit pochen?
       
       Na, [4][die Bauernverbände. Während der Demos] im Frühjahr – zur
       Erinnerung, es ging um Proteste gegen die Reduzierung von
       Diesel-Subventionen – wollten Landwirt:innen am 8. Januar mit Traktoren
       ganztägig Ausfahrten der A11 und der A20 blockieren. Die Polizei hatte
       Bedenken, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gab den Bauern
       recht: Die Versammlungsfreiheit habe höhere Bedeutung als vermutete
       Gefahren oder die Behinderung des Verkehrsflusses.
       
       ## Aktivist:innen unterliegen vor Gericht
       
       Im Fall der Klimaproteste zählt das offenbar wenig. Das Amt in der
       Kreisstadt Itzehoe berechnete, dass die Autobahn für die Aktion des
       Bündnisses „A20-Nie!“ sieben Stunden gesperrt werden müsse – das sei
       unverhältnismäßig. Zwar dauerte die Trecker-Sperrung im Januar ebenso
       lange, zudem verwiesen die Initiator:innen auf vergleichbare Demos, bei
       denen der Verkehr maximal eine Stunde ruhte. Doch es half nichts.
       
       Für die Turboklimakampfgruppe gab es immerhin eine Alternative: Sie hätten
       eine grüne Wiese neben der Autobahn blockieren dürfen. Statt dieses
       großzügige Angebot anzunehmen, sind die Aktivist:innen vors Schleswiger
       Verwaltungsgericht: „Die Auffahrt steht im direkten Zusammenhang mit
       unserer Kritik an Autobahnen. Auf der Wiese wäre unser Protest praktisch
       unsichtbar“, sagte eine Sprecherin. Doch noch am Freitag wies das Gericht
       die Klage ab, das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung.
       
       Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Die Aktivist:innen müssen
       [5][zur nächsten Demo für Klimaschutz] bloß ein paar Trecker und SUVs
       mitbringen. Gegen das verbriefte Menschenrecht, einen Verbrennungsmotor
       knattern zu lassen, dürfte keine Behörde einen Einwand haben, und schon ist
       die Autobahn frei für die gute Sache.
       
       Transparenzhinweis: Wir haben den Text um die Entscheidung der Gerichte
       aktualisiert.
       
       31 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Podcast-klima-update/!6012653
   DIR [2] /Anklage-gegen-Letzte-Generation/!6009112
   DIR [3] https://www.adfc.de/
   DIR [4] https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1402745.php
   DIR [5] /Hungerstreik-in-Berlin/!6009262
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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