URI: 
       # taz.de -- Mercedes-Werk in den USA: Belegschaft gegen Organisierung
       
       > Die Auto-Gewerkschaft UAW hat bei ihrem Versuch, das Personal von
       > Automobilherstellern in den Südstaaten für sich zu gewinnen, einen
       > Dämpfer erhalten.
       
   IMG Bild: Sieg für den Autobauer, Niederlage für seine Beschäftigten in den USA
       
       WASHINGTON taz | Die Mitarbeiter von Mercedes votierten in dieser Woche
       gegen die [1][Zulassung einer gewerkschaftlichen Vertretung] im US-Werk des
       deutschen Autobauers nahe Tuscaloosa im Bundesstaat Arizona, wie die
       Auszählung der Stimmen am Freitag ergab. Knapp 92 Prozent aller
       wahlberechtigten Arbeiter nahmen an der Abstimmung teil. Am Ende sprachen
       sich 56 Prozent gegen den Zugang der Union Auto Workers (UAW) zur
       Fabrikationsstätte aus.
       
       „Diese Arbeiter werden ihren gerechten Anteil erhalten. Und wir werden
       ihnen bei jedem Schritt zur Seite stehen, um sie zu unterstützen. Wir waren
       schon einmal hier. Wir wissen, worauf wir uns einlassen. Dieses Unternehmen
       operierte, wie die meisten Unternehmen, nach dem gleichen alten Schema der
       Angst, Drohungen und Einschüchterung“, sagte UAW-Präsident Shawn Fain nach
       der Auszählung.
       
       Die Gewerkschaft behauptet, dass sich Mercedes im Vorfeld der
       Gewerkschaftswahl rechtswidrig verhalten habe. Es sei deshalb nicht
       verwunderlich, dass sowohl die Behörden in den USA als auch in Deutschland
       den Konzern derzeit untersuchen.
       
       Mercedes selbst hat sich zu den Vorwürfen nicht geäußert, erklärte aber in
       einer Stellungnahme nach der Wahl, dass die Gewährleistung einer fairen
       Wahl, in der jeder teilnahmeberechtigte Mitarbeiter die Möglichkeit hatte,
       seine Stimme abzugeben, oberste Priorität besaß.
       
       „Unser Hauptaugenmerk liegt stets darauf, unseren Teammitgliedern ein
       sicheres und unterstützendes Arbeitsumfeld zu bieten, damit sie
       erstklassige Fahrzeuge für die Welt bauen können. Wir freuen uns darauf,
       weiterhin direkt mit unseren Teammitgliedern zusammenzuarbeiten, um
       sicherzustellen, dass MBUSI (Mercedes-Benz US International) nicht nur der
       Arbeitgeber ihrer Wahl ist, sondern auch ein Ort, den sie Freunden und
       Familie empfehlen würden“, erklärte Mercedes weiter.
       
       Für die UAW, die im vergangenen Jahr bei Tarifverhandlungen mit den drei
       US-Autoherstellern General Motors, Ford und Stellantis, ehemals Chrysler,
       große Erfolge erzielen konnte, ist die Wahlniederlage ein erster Rückschlag
       in der Mission US-Südstaaten. Viele, vor allem ausländische Autobauer haben
       sich in dieser Region in den vergangenen Jahrzehnten angesiedelt, um unter
       anderem von Steuervergünstigungen, einem niedrigeren Lohnniveau und einem
       politischen Anti-Gewerkschaftssentiment zu profitieren.
       
       Republikanische Politiker aus mehreren Südstaaten haben in den vergangenen
       Wochen und Monaten ihre Abneigung gegenüber der UAW und Gewerkschaften im
       Allgemeinen deutlich zum Ausdruck gebracht. Sechs republikanische
       Südstaaten-Gouverneure, angeführt von Alabamas Regierungschef Kay Ivey,
       hatten davor gewarnt, dass die Formierung einer gewerkschaftlichen
       Vertretung Arbeitsplätze gefährden würde. Der Lokalpolitiker Nathanial
       Ledbetter aus Alabama bezeichnete die UAW sogar als „gefährlichen
       Blutsauger“.
       
       Trotz dieser politischen Opposition haben sich Volkswagen-Arbeiter im
       vergangenen Monat dazu entschieden, sich gewerkschaftlich zu organisieren.
       [2][Mit 73 Prozent stimmte die Belegschaft im VW-Werk Chattanooga für die
       UAW].
       
       In einer Pressekonferenz am Freitag erklärte UAW-Präsident Fein, dass sich
       VW im Gewerkschaftskampf neutraler verhalten habe als Mercedes. „Bis wir
       eine absolut neutrale, freie und faire Wahl haben … ist das der Kampf, den
       wir annehmen müssen“, sagte er.
       
       Fain bedankte sich bei den „couragierten“ Mercedes-Arbeitern aus Alabama,
       die für die UAW gestimmt hatten. Er machte jedoch keinen Hehl daraus, dass
       die Wahlschlappe seiner Gewerkschaft heftig zu schaffen machen würde.
       
       Insgesamt arbeiten in den USA knapp 150.000 Menschen in Autofabriken ohne
       organisierte Arbeitnehmervertretung. Nach den Erfolgen im vergangenen Jahr
       hatte sich die UAW das Ziel gesetzt, die Belegschaft von 13 in den
       US-Südstaaten ansässigen Autoherstellern zu organisierten. Dazu zählen auch
       die deutschen Marken VW, Mercedes und BWM, sowie der amerikanische
       Elektroauto-Riese Tesla.
       
       Trotz der Niederlage bei Mercedes will die Gewerkschaft weiter an ihrer
       Strategie festhalten. Die UAW bereitet sich aktuell auf eine Wahl beim
       südkoreanischen Hersteller Hyundai – der ebenfalls in Alabama produziert –
       vor.
       
       18 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Mercedes-Beschaeftigte-in-Alabama/!6009819
   DIR [2] /Gewerkschaften-in-den-USA/!6005607
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hansjürgen Mai
       
       ## TAGS
       
   DIR Gewerkschaft
   DIR Mercedes Benz
   DIR USA
   DIR UAW
   DIR Streik
   DIR Dumping
   DIR USA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Streik auf Berliner Baustellen: Die Enttäuschung ist groß
       
       Nach gescheiterter Schlichtung streikt die IG Bau. Die Arbeitgeberseite
       stört sich an der Forderung nach pauschal 500 Euro mehr Lohn im Monat.
       
   DIR Handelskonflikt mit China: USA steigern Antidumpingzölle
       
       E-Autos, Solaranlagen, Halbleiter: Für viele Produkte aus China fallen in
       den Vereinigten Staaten schon bald viel höhere Zölle an.
       
   DIR Mercedes-Beschäftigte in Alabama: Wahl über Gewerkschaftsbeitritt
       
       In den USA können Beschäftigte eines Mercedes-Werks über den Beitritt zur
       Gewerkschaft UAW abstimmen. Das wäre nicht der erste Erfolg der UAW.