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       # taz.de -- Neuer Investor bei Thyssenkrupp: Konzernchefs düpieren Stahlwerker
       
       > Der Aufsichtsrat stimmt für den Einstieg des tschechischen Milliardärs
       > Kretinsky. Die Arbeitnehmerseite fühlt sich überrumpelt.
       
   IMG Bild: Thyssenkrupp-Stahlarbeiter demonstrieren bei einer IG-Metall-Kundgebung in Essen
       
       Essen taz/dpa | Am Donnerstagabend hat der Thyssenkrupp-Aufsichtsrat für
       den Einstieg des Energieunternehmens EPCG in die Stahlsparte des
       Industriekonzerns zugestimmt. Zwanzig Prozent der Anteile gehen damit an
       den Konzern des tschechischen [1][Milliardärs Daniel Kretinsky.]
       
       Die Arbeitnehmerseite sprach sich klar gegen die Beteiligung Kretinskys
       aus. Doch Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm nutzte sein
       Zweitstimmenrecht, um die Entscheidung durchzusetzen – ein Affront für die
       Arbeitnehmer im Aufsichtsrat.
       
       Bereits Ende April hatte der Vorstand die Einigung mit EPCG bekannt
       gegeben. Der Konzern soll sich vor allem um die Energielieferung für die
       Stahlproduktion kümmern.
       
       Das tschechische Energieunternehmen übernahm gemeinsam mit dem
       Finanzinvestor PPF bereits von Vattenfall dessen Braunkohlegeschäft in der
       Lausitz und ist Eigentümer des größten Stromproduzenten der Slowakei. In
       Zukunft soll die Stahlsparte von Thyssenkrupp vom Mutterkonzern losgelöst
       agieren, der Anteil der EPCG soll mittelfristig auf 50 Prozent steigen.
       
       ## Unmut bei den Mitarbeitenden
       
       Gegen die Pläne der Thyssenkrupp demonstrierten am Donnerstagvormittag rund
       5.000 Mitarbeitende vor dem Hauptquartier in Essen. [2][Sie befürchten
       Kündigungen und Standortschließungen.] In Duisburg, dem größten
       europäischen Standort mit 13.000 Mitarbeitenden, sollen die
       Produktionskapazitäten deutlich reduziert werden. Gründe dafür seien die
       hohe Energiekosten und die Konkurrenz aus Asien, sagt das Management.
       
       Vorstandschef Miguel López versuchte begleitet von Buhrufen die
       Demonstrierenden auf die Einschnitte in der Stahlsparte vorzubereiten.
       Deutschland brauche den Stahl, doch ohne Einsparungen könne Thyssenkrupp
       nicht wie bisher weiter wirtschaften. „Es wird keine betriebsbedingten
       Kündigungen geben“, versicherte er der aufgebrachten Menge.
       
       Konzernbetriebsratsvorsitzender Tekin Nasikkol warnte dagegen den Konzern
       vor überstürzten Entscheidungen. „Ein Umbau der Thyssenkrupp AG gegen die
       Menschen wird nicht gelingen“, sagte er. „Mit der Doppelstimme von Russwurm
       sind die letzten Hoffnungen auf ein faires, demokratisches Miteinander
       begraben worden“, kritisierte Nasikkol. Lopez handele unverantwortlich und
       gehe volles Risiko. „Jetzt sind wir im Konfliktmodus.“
       
       ## Arbeitsplätze nicht garantiert
       
       Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall in NRW, reichen die Versprechen
       des CEOs nicht. Er forderte klare Zusagen, die Standorte und Arbeitsplätze
       sichern. Thyssenkrupp sei ein traditionell mitbestimmtes Unternehmen.
       
       „Wenn Herr López eine neue Mitbestimmungskultur einführen will, dann wird
       er sich auf einen großen und langen Konflikt mit uns einstellen müssen.“
       Die Doppelstimme des Vorsitzenden Russwurm hatte bereits Ende November 2023
       für Unmut gesorgt, als dieser den Vorstand dadurch von drei auf fünf
       Personen erweiterte.
       
       Wie es mit der Stahlsparte des Unternehmens weiter gehen wird, bleibt
       offen. Viele der am Donnerstag anwesenden Mitarbeitenden der Standorte im
       Ruhrgebiet sorgen sich um ihre Jobs.
       
       Besonders die jüngere Generation, die Berufseinsteiger und Azubis, waren in
       Essen zahlreich vertreten. „Wir dachten, dass wir bei einem sicheren
       Unternehmen anfangen. Jetzt nehmen wir unsere Zukunftssorgen nach der
       Arbeit mit nach Hause“, sagte ein Stahlwerker aus Duisburg.
       
       24 May 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anastasia Zejneli
       
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