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       # taz.de -- EU-Außengrenze in Estland: Grenzwertige Aktion bei Nacht
       
       > Ein Teil der estnisch-russischen Grenze verläuft im Fluss Narva. Jetzt
       > haben russische Grenzschützer estnische Bojen entwendet.
       
   IMG Bild: Estnisch-russische Grenze bei Narva
       
       Berlin taz | Der Geschäftsträger der russischen Botschaft in Estland, Lenar
       Salimullin, hatte am Freitag ein spontan anberaumtes Treffen im Tallinner
       Außenministerium. Der Diplomat war einbestellt worden, um zu einem Vorfall
       in der Nacht zu Donnerstag dieser Woche Stellung zu nehmen.
       
       Tatort: Der Fluss Narva. Hier verläuft [1][ein Teil der Staatsgrenze
       zwischen Estland und Russland, die damit gleichzeitig EU-Außengrenze ist].
       Laut Außenministerium sollen russische Grenzschutzbeamte 25 von Estland
       installierte Bojen aus der Narva gestohlen haben.
       
       Man betrachte das Geschehen als einen „provokativen Zwischenfall an der
       Grenze, der „gut in ein umfassenderes Muster provokativen Verhaltens
       Russlands passt – auch an seinen Grenzen zu seinen Nachbarn“, heißt es in
       einer Stellungnahme des Ministeriums.
       
       Laut des Leiters der estnischen Polizei- und Grenzschutzabteilung Egert
       Belitšev, den das estnische Webportal Postimees zitiert, seien die Bojen
       installiert worden, damit den Menschen am Fluss klar sei, [2][wo die Grenze
       verlaufe]. Jetzt hätten die russischen Grenzschützer diese
       Demarkationslinie verletzt, dennoch sei niemand von estnischer Seite
       eingeschritten.
       
       ## Plötzlich im Gefängnis
       
       „Es ist nicht auszuschließen, dass die Bojen durch Wellen und Strömungen
       bewegt werden könnten, so dass durch unser Eingreifen irgendwann die Gefahr
       entstehen könnte, dass wir uns auf der Seite Russlands befinden. Wir können
       nicht riskieren, dass einer von uns plötzlich in einem russischen Gefängnis
       landet“, so Belitšev.
       
       Der Leiter der Grenzabteilung der Ostpräfektur Estlands, Erik Purgel,
       erklärte, dass bis 2022 im Einvernehmen zwischen der estnischen und der
       russischen Seite jedes Frühjahr Bojen im Fluss verankert worden seien. Nach
       dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei die
       Zusammenarbeit jedoch eingestellt worden.
       
       Auf der Grundlage eines 2022 abgeschlossenen bilateralen
       Staatsgrenzvertrages und einer Vereinbarung über den Einsatz von Bojen
       hätten estnische Grenzschutzbeamte beschlossen, im Alleingang Bojen zu
       verlegen. Die offizielle Begründung dafür habe gelautet, die Grenzlinie
       müsse markiert werden, um Fischern und Touristen zu helfen, nicht
       versehentlich russisches Territorium zu betreten.
       
       Am 13. Mai dieses Jahres hatte Estland damit begonnen, die ersten 50 von
       insgesamt 250 Bojen zu installieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte Moskau
       bereits zu Protokoll gegeben, mit den Plätzen von 125 Bogen nicht
       einverstanden zu sein.
       
       Wie der Konflikt gelöst wird, ist unklar. „Wir haben gegenüber dem
       russischen Geschäftsträger klar zum Ausdruck gebracht, dass derartige
       Schritte provokativ und inakzeptabel sind und wir eine Erklärung für die
       Entfernung der Grenzbojen sowie ihre sofortige Rückgabe verlangen“, sagte
       der estnische Außenminister Margus Tsahkna nach dem Gespräch. Bislang gibt
       es von russischer Seite keine offizielle Reaktion zu diesem Vorfall.
       
       24 May 2024
       
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   DIR Barbara Oertel
       
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