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       # taz.de -- Deutsches Entsetzen über Sylt-Video: Das Versagen liegt in der Mitte
       
       > Die Deutschen sind wieder gut geworden? Die AfD im Bundestag,
       > anti-israelische Studierende oder eine rassistische Party auf Sylt
       > stellen das infrage.
       
   IMG Bild: Die Party im Pony-Club ist nicht der Rechte Rand, sondern Teil eines strukturellen Problems
       
       Junge Menschen ausgelassen am Feiern. Saltburn und Gossip Girl-Vibes. Doch
       diese Partygesellschaft tanzt auf der Terrasse des Pony in Kampen (Sylt).
       Es ist Pfingsten. [1][Ein Video, das sie dort aufgenommen haben], war am
       Wochenende in etlichen Medien zu sehen. Die Zeilen des rechtsextremen
       Trends „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ zur Melodie von Gigi
       D’Agostinos „L’Amour Toujours“ reichten bis ins Kanzleramt.
       
       Dies und den angedeuteten Hitlergruß sowie Hitlerbart kommentierte
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als „eklig“. Der digitale Volksmob stürzt
       sich nach und nach auf die identifizierten „rich Kids“ aus dem Video. Dass
       das Genre „Eat the rich“ en vogue ist, spiegelt sich auch hier wider. Das
       Verhalten wird entweder vehement verurteilt oder relativiert – doch es
       fehlt ein Punkt in der Debatte.
       
       Extrem rechtes Gedankengut ist zunehmend ein Teil der sogenannten Mitte der
       Gesellschaft geworden. Das belegt mitunter [2][die „Mitte“-Studie der
       SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung] aus dem vergangenen Jahr. Die „Mitte
       der Gesellschaft“ in der Shoa-Witze und Hitler-Bildchen von der Schulklasse
       bis in den Polizei-Chat reichen, kann sich weder [3][vom Antisemitismus]
       noch vom Rassismus freisprechen.
       
       ## Zeit für radikale Selbstkritik
       
       Die beiden Ideologien sind fest in der postnazistischen Gesellschaft
       verankert, die sich selbst als „Erinnerungsweltmeister“ feiert. Zu oft hat
       sie das, im Sinne [4][der Extremismustheorie], lediglich auf die
       politischen Ränder verwiesen. Das ist ein Fehler, der auch nicht mit der
       Forderung nach einem verpflichtenden Besuch zum nächstgelegenen
       Konzentrationslager wett gemacht werden kann.
       
       Es ist an der Zeit für radikale Selbstkritik. Die Mehrheit in Deutschland
       glaubt, ihre Vorfahren hätten Jüdinnen*Juden während der Shoa geholfen.
       Dass die tatsächliche Anzahl der helfenden Deutschen im Promillebereich
       gelegen hat, stört das wiedergutgewordene Selbstbild nicht. In Zeiten, in
       der die Wirksamkeit der Erinnerungskultur durch die AfD im Bundestag, von
       anti-israelischen Studierenden an Universitäten oder eben in einem Club auf
       Sylt infrage gestellt wird, muss Deutschland sich fragen, wie glaubwürdig
       es den nächsten Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus begehen
       kann.
       
       26 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rechte-Reiche-im-rassistischen-Video/!6012658
   DIR [2] https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2023
   DIR [3] /Antisemitismus-auf-Hoechststand/!6007625
   DIR [4] /Debatte-Faschismus-und-Klassen/!5454393
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ruben Gerczikow
       
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