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       # taz.de -- Beiträge für die Pflegeversicherung: Krankenkassen erwarten 2025 Anstieg
       
       > Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, es drohen Finanzierungslücken. Der
       > Gesundheitsminister hält eine Reform in dieser Wahlperiode aber für nicht
       > machbar.
       
   IMG Bild: Wie soll es hier weitergehen?
       
       Berlin dpa/taz | Die Beitragszahler müssen sich Anfang 2025 auf eine
       weitere [1][Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge] einstellen. Nach der
       DAK rechnet auch der Verband der Ersatzkassen NRW (VdEK) mit einem Anstieg
       zum Jahreswechsel. „Die Pflegekassen gehen davon aus, dass die Finanzmittel
       im ersten Quartal 2025 insgesamt weniger als eine Monatsausgabe betragen.
       Für diesen Fall darf die Bundesregierung den Beitragssatz per
       Rechtsverordnung anheben“, erklärte der Verband der Rheinischen Post. „Die
       Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Gesamtsystems macht nach aktueller
       Datenlage eine Beitragssatzanhebung voraussichtlich schon zu Beginn des
       Jahres 2025 erforderlich.“
       
       Ähnlich hatte sich Anfang April DAK-Vorstandschef Andreas Storm geäußert.
       Er sprach von der Notwendigkeit, „den Beitragssatz zur Pflegeversicherung
       voraussichtlich zum kommenden Jahreswechsel anzuheben – und zwar nach dem
       derzeitigen Rechenstand um etwa zwei Beitragszehntel“. Der unabhängige
       Beirat des Stabilitätsrats rechnet auch mit einem Anstieg der
       Krankenkassenbeiträge. Der Beiratsvorsitzende Thiess Büttner sagte kürzlich
       eine Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge im nächsten Jahr um
       mindestens einen halben Prozentpunkt voraus.
       
       Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte am Montag deutlich
       gemacht, dass er keine Chance mehr auf eine Pflegereform in dieser
       Wahlperiode sieht – obwohl die Zahl der Pflegebedürftigen massiv steigt.
       Grund dafür seien die unterschiedlichen Ansichten der Ampel-Partner.
       
       VdEK-Chef Dirk Ruiss nannte dies „mehr als enttäuschend“. Er fordert, die
       privaten Versicherer in die Pflicht zu nehmen: „Die Verpflichtung der
       privaten Pflegeversicherung, sich mit einem Finanzausgleich an der sozialen
       Pflegeversicherung zu beteiligen, könnte zu einer Entlastung von bis zu
       zwei Milliarden Euro jährlich führen“, sagte er der Rheinischen Post.
       Zugleich fordert er die Finanzierung der Rentenbeiträge für pflegende
       Angehörige durch Steuermittel. „Das würde 3,7 Milliarden Euro Entlastung
       für die Pflegeversicherung bedeuten.“
       
       ## Lobbyist Raffelhüschen fordert Selbstbeteiligung
       
       Eigentlich sollten die Finanzen der Pflegeversicherung bis 2025 abgesichert
       sein. Dafür hatte der Bundestag im vergangenen Jahr einen Beitragsanstieg
       für Kinderlose auf 4 Prozent und für Beitragszahler mit einem Kind auf 3,4
       Prozent beschlossen. Der Arbeitgeberanteil ging auf 1,7 Prozent herauf. Bei
       mehr Kindern sinkt der Beitrag. Der Spitzenverband der gesetzlichen
       Kranken- und Pflegekassen prognostizierte noch im Oktober Handlungsbedarf
       bei den Beiträgen spätestens für 2025. Tatsächlich zeichnen sich nach
       Angaben der Experten aber bereits jetzt erhebliche Finanzierungslücken ab.
       
       Der Freiburger „Sozialexperte“ und [2][als Lobbyist für die
       Arbeitgeberverbände] bekannte Bernd Raffelhüschen plädierte für eine
       einjährige Selbstbeteiligung der Betroffenen an den Kosten. „Die
       Kostenlawine ist nicht mehr aufzuhalten. Um die Folgen abzumildern, sollte
       eine Pflege-Karenzzeit schnellstmöglich eingeführt werden“, sagte er der
       Bild. Pflegebedürftige müssten dann das erste Jahr die Pflegekosten selbst
       zahlen. „Erst danach fließen Leistungen aus der Pflegeversicherung.“ Der
       Ökonom sagte einen stark steigenden Beitragssatz voraus: „Die
       Pflegeversicherung könnte bis 2040 auf circa sieben Prozent für Kinderlose
       steigen.“
       
       ## Medizinischer Dienst erwartet Anstieg der Pflegefälle
       
       Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) erwartet einen weiteren
       deutlichen Anstieg der Pflegefälle wegen der Zunahme von
       Demenzerkrankungen. „Schätzungen zufolge wird sich die Anzahl von Menschen
       mit Demenz in Zukunft weiter stark erhöhen, sollte kein Durchbruch in
       Therapie und Prävention erzielt werden“, sagte die stellvertretende
       MDK-Bundesvorstandsvorsitzende [3][Carola Engler der Augsburger
       Allgemeinen]. Die Gutachter der Pflegekassen hätten im vergangenen Jahr
       160.000 Erstanträge mehr bearbeiten müssen als im Vorjahr. Insgesamt sei
       die Zahl der Erstanträge auf 1,35 Millionen gestiegen.
       
       Lauterbach hatte am Montag vor einem explosionsartigen Anstieg der
       Pflegefälle gewarnt. Im vergangenen Jahr kamen rund 35.000 Pflegebedürftige
       mehr als in den Vorjahren üblich dazu, wie der Spitzenverband der
       Krankenkassen mitteilte. Die Zahl stieg damit auf 361.000.
       
       28 May 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/online-ratgeber-pflege/die-pflegeversicherung/finanzierung.html#:~:text=Der%20Beitragssatz%20liegt%20seit%20dem,Beitragssatz%20plus%20Beitragszuschlag%20f%C3%BCr%20Kinderlose).
   DIR [2] https://www.braunschweiger-zeitung.de/mitreden/ihre-meinung/article211826011/Raffelhueschen-ist-Lobbyist-der-Wirtschaft.html
   DIR [3] https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/pflege-die-zahl-der-pflegefaelle-wird-steigen-und-die-pflegeversicherung-teurer-id70885406.html
       
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