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       # taz.de -- Die Wochenvorschau von Luise Greve: Ranzrasen olé!
       
       Den ellenlangen Stimmzettel konnte man am Sonntag bis 18 Uhr abgeben, auch
       der schlimmste Feierkater war also keine Entschuldigung, nicht wählen zu
       gehen. Wie die Berliner Bilanz der Europawahl aussieht, erklären uns
       Landeswahlleiter Stephan Bröchler und Norman Albat vom Amt für Statistik
       Berlin-Brandenburg am Montag in der Senatsinnenverwaltung von Iris Spranger
       (SPD). Ein Termin für Balken- und Tortendiagramm-Feinschmecker:innen, bevor
       es mit dem nächsten großen Europa-Event weitergeht.
       
       Auch dafür ist ja Spranger irgendwie zuständig – sagt sie zumindest: Die
       Fußball-Europameisterschaft der Männer steht in den Startlöchern. Am
       Mittwoch wird die riesige EM-Fanmeile am Brandenburger Tor feierlich
       eröffnet. Als musikalische Acts sind unter anderem ein „Berliner
       Nummer-eins-Rapper“ (Luciano), ein „Latin-Pop-Aushängeschild“ (Álvaro
       Soler) und eine „Berliner Pop-Größe“ (Elif) angekündigt. Das Wahrzeichen
       selbst ist für die Dauer der EM von einem gigantischen Fußballtor umgeben.
       Davor, auf der Straße des 17. Juni, sind 24.000 Quadratmeter grüner
       Kunstrasen ausgerollt. Die Fläche soll aber nicht nur zum Fußballgucken
       dienen, sondern auch Austragungsort für über 100 Kulturveranstaltungen
       sein.
       
       Am Freitag geht es richtig los, auf der Großleinwand wird der EM-Auftakt
       live übertragen. Deutschland spielt gegen Schottland, die Fußballfans
       beider Länder sind für ihren ausgiebigen Alkoholkonsum bekannt. Wenn die
       rotgesichtigen Feiernden sich also erst mal grölend auf dem Rollrasen
       ausgebreitet haben, wird er wahrscheinlich nicht mehr so strahlen wie bei
       der Einweihung. Nach der EM soll der Rasen weiterverwendet werden, dann
       wird er an Bolzplätze und Schulen gespendet, heißt es von den
       Organisator:innen. Nachhaltig ist das auf jeden Fall, aber ob irgendwer den
       Ranzrasen nach vier Wochen EM noch haben will, bleibt abzuwarten.
       
       Am Samstag findet dann das erste Spiel in Berlin statt: Im extra für die EM
       aufgehübschten Olympiastadion treten Spanien und Kroatien gegeneinander an.
       Es bleibt spannend, nicht zuletzt wegen der berühmt-berüchtigten Krawalle,
       für die die kroatischen Hooligans bekannt sind. Der letzte Vorfall
       ereignete sich nach einem Champions-League-Qualifikationsspiel in
       Griechenland im vergangenen August, wo nach massiven Ausschreitungen 94
       kroatische Hools der Staatsanwaltschaft vorgeführt wurden.
       
       Wer am gleichen Tag auch in internationaler Atmosphäre, aber ohne
       testosterongesteuerte Fußballfans feiern will, sollte lieber in Marzahn
       vorbeischauen. Dort steht zum 5. Mal der Marzahn Pride der
       russischsprachigen LGBTQ+-Community an. Organisiert wird er vom Verein
       Quarteera, das diesjährige Motto ist „Queer wie Freiheit“, es soll
       Solidarität gezeigt werden mit denen, die für ihre Rechte und Freiheiten
       kämpfen müssen. Erstmal zieht der Demozug durch den Kiez, mittags beginnt
       dann das bunte Straßenfest auf dem Victor-Klemperer-Platz.
       
       Für alle, für die Marzahn noch nicht Outskirts genug ist, gibt es noch eine
       andere Pride-Option am Samstag: mit dem geschmückten Drahtesel nach Potsdam
       eiern. Dort findet eine Regenbogen-Fahrrad-Demo statt.
       
       10 Jun 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Luise Greve
       
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