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       # taz.de -- Hannovers CDU ersinnt Innenstadtkonzept: Mehr Wunderwuzzis braucht die Stadt
       
       > Egal, wie die Frage lautet, die Antwort ist immer: mehr Außengastronomie.
       > Über das Innenstadtkonzept von Hannovers CDU und die Idee, neu zu denken.
       
   IMG Bild: Für schöneres Wetter geplant: die Außengastronomie
       
       Ein bisschen enttäuscht war ich schon. Da legt nun endlich auch die CDU ein
       Konzept für die Innenstadt Hannovers vor – fast zwei Jahre nachdem die
       Landeshauptstadt ihr Konzept vorgelegt hat, mehr als ein halbes Jahr
       nachdem [1][die grün-rote Koalition sich angesichts des Mobilitätskonzeptes
       zerlegt hat] – da erwartet man doch ein bisschen was.
       
       Vor allem wenn die CDU-Ratsfraktion ankündigt, endlich Schluss machen zu
       wollen mit der „Anti-Auto-Politik“. Wird endlich die Fußgängerzone
       aufgehoben? Freie Fahrt vom Kröpcke bis zum Steintor? Mehr Parkplätze auf
       der Lister Meile? Aber natürlich fordern sie nichts davon.
       
       Im Gegenteil: Man strebt eine „Herausnahme des KFZ-Verkehrs“ aus der
       Georgstraße an und eine Verkehrsberuhigung auf der Burgstraße. Tzz, tzz.
       Alle anderen Straßensperrungen lehnt man aber als „ideologisch“ ab,
       immerhin. Außerdem soll das Parken nach 18 Uhr umsonst sein und die
       [2][Brötchentaste] wieder eingeführt werden.
       
       Soweit, so erwartbar. Genauso wie der Schwerpunkt auf Ordnung und
       Sauberkeit und Wirtschaftsförderung. Wobei bei letzterer vor allem erst
       einmal neue Stellen gefordert werden: Mehr Kräfte im Ordnungsdienst, ein
       „Ansiedlungslotse“ und ein „hauptamtlicher City-Manager“. So viel zum Thema
       [3][Bürokratieabbau].
       
       ## War da nicht Krise?
       
       Ansonsten hat auch die CDU verstanden, dass es mit einem weiter so wohl
       nicht getan ist. Mehr Bänke, mehr Grün, mehr Aufenthaltsqualität, mehr
       Trinkwasserspender, mehr Spielplätze und ein bisschen Flächenentsiegelung
       fordert sie nämlich auch. Da muss man schon fast aufpassen, dass nicht aus
       Versehen Schnittmengen mit dem ideologischen Gegner entstehen.
       
       Der Wunderwuzzi der modernen Innenstadt ist aber anscheinend der
       Außengastronom. Egal, wie die Frage lautet, die Antwort ist immer: mehr
       Außengastronomie. Im CDU-Konzept zum Beispiel auf dem Opernplatz, am
       Historischen Museum, am Kestner-Museum und eigentlich auch überall sonst.
       
       Dagegen ist natürlich überhaupt nichts einzuwenden: Essen und Trinken tut
       schließlich jeder, manche sogar gern. Und man weiß ja, dass der normale
       Deutsche sich nicht einfach so auf Plätzen tummelt (im Gegensatz zu
       Italienern, zum Beispiel). Nein, in Deutschland braucht man schon einen
       Anlass, eine Ausrede, eine Möglichkeit, Geld auszugeben, sonst wird das
       nichts.
       
       Aber die Frage bleibt doch: Wo sollen die bloß alle herkommen, diese
       Außengastronomen? War da nicht auch irgendwie Krise? Wird man am Ende die
       ewig gleichen Handelsketten, die jede Fußgängerzone gleich aussehen lassen,
       einfach ersetzen durch überall gleiche Gastro-Ketten? Und wird der
       Klimawandel wirklich dafür sorgen, dass es so viele Tage im Jahr gibt, an
       denen man draußen sitzen mag?
       
       ## Zu Ende denken wäre schön
       
       Meine liebste Floskel in der CDU-Pressekonferenz war aber „neu denken“. Das
       möchte man nämlich mit allen möglichen Plätzen tun. Dem Waterlooplatz, dem
       Ernst-August-Platz, dem Georgsplatz, dem Opernplatz. Alles muss neu gedacht
       werden. Also, hm, ich möchte ja wirklich nicht unhöflich sein, aber … Was
       genau braucht es denn jetzt noch, um mit dem Denken mal anzufangen? Wie
       wäre es mit losdenken oder zu Ende denken?
       
       „Eine Stadt für alle“ ist die zweite Floskel, die sich in jedem einzelnen
       Papier von jeder einzelnen Partei zur Innenstadt findet – nur dass jeder
       damit offenbar etwas anderes meint. Genauso wie sich die seltsame Marotte
       einbürgert, dass jede Partei ihre eigenen Beteiligungsformate organisiert
       und anschließend behauptet, alle anderen hätten mit den falschen Bürgern
       geredet.
       
       So langsam wünschte ich mir wirklich, man könnte einfach mal konkrete
       Entwürfe nebeneinander legen und darüber abstimmen. Apropos abstimmen:
       Trotz aller „ideologischer Bevormundung“ (O-Ton CDU) mit der sie die arme
       Stadtbevölkerung pesten und trotz massiver Verluste landeten die Grünen bei
       der [4][EU-Wahl] in Hannover immer noch knapp auf Platz 1. Dicht gefolgt
       von der CDU.
       
       21 Jun 2024
       
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   DIR Nadine Conti
       
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