# taz.de -- Reaktionen auf veröffentlichte E-Mails: Stark-Watzinger stark in der Kritik
> Die Bildungsministerin wollte prüfen, ob kritischen Hochschullehrern
> Förderung entzogen werden kann. Einige sehen die Wissenschaftsfreiheit in
> Gefahr.
IMG Bild: Bettina Stark-Watzinger (FDP), Bundesministerin für Bildung und Forschung, am Rande des Plenarsaals des Deutschen Bundestags
Berlin taz | Aus E-Mails, die dem NDR vorliegen, geht hervor, dass
Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) das Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) darum gebeten hat, eine Streichung der
Fördermittel für kritische Hochschullehrer:innen zu prüfen. Zudem
sollten straf- und dienstrechtliche Konsequenzen geprüft werden.
Anlass war ein [1][offener Brief], den Professor:innen und Dozierende
verschiedener Einrichtungen zur propalästinensischen Besetzung an der
Freien Universität Berlin verfasst hatten. Die Unterzeichner:innen
forderten, von einem polizeilichen Einsatz und strafrechtlicher Verfolgung
abzusehen.
Kurz nach der Veröffentlichung kritisierte Stark-Watzinger den Brief
gegenüber der Bild-Zeitung und warf den Unterzeichner:innen
Gewaltverharmlosung vor.
Die [2][veröffentlichten Mails] zeigen jedoch, dass eine derartige Prüfung
scheiterte. Es sei kein prüffähiger Sachverhalt zu erkennen, heißt es
darin. „Hochschulpolitik ist Landesangelegenheit. Fast alle Unterzeichner
sind, wenn sie überhaupt angestellt sind, Landesbeamte oder im öffentlichen
Dienst der Länder angestellt“, erklärt der Politikwissenschaftler Ilyas
Saliba.
## Sorge um Zukunft der Forschung
Naika Foroutan, Professorin für Sozialwissenschaften an der
Humboldt-Universität Berlin und Mitunterzeichnerin des offenen Briefs,
macht sich vor allem Sorgen darüber, was das für die Wissenschaftsförderung
bedeutet: „Unsere Forschungstätigkeiten werden vor allem über Drittmittel
finanziert, die oft vom BMBF kommen“, erklärt sie gegenüber der taz. „Ich
frage mich jetzt, ob Projekte, die von meinem Institut oder von
Kolleg:innen, die den Brief unterschrieben haben, anders bewertet oder
gleich aussortiert werden.“
Verwundert sei sie zudem darüber, dass eine solch repressive Linie
ausgerechnet von einer Ministerin der FDP komme, die das Wort „frei“ im
Namen trägt. Etwas, das auch Saliba beschäftigt: „Zu prüfen, ob man straf-,
dienst- und förderrechtlich gegen unliebsame Wissenschaftler vorgehen kann,
ist eine autoritäre Praxis. Das kennen wir aus dem Nahen Osten, Nordafrika
oder Ungarn, wo kritischen Wissenschaftlern eine Zukunftsperspektive der
Wissenschaft verwehrt werden soll.“
Obwohl die Forderung gescheitert sei, könne sie schwerwiegende Folgen für
die Wissenschaftsfreiheit haben, meint Saliba: „Ich denke, es ist an der
Zeit für die Ministerin, einzugestehen, dass sie einen enormen
Vertrauensverlust in der Wissenschaft zu verantworten hat.“
## Kritik auch von Linke und Grüne
Nicht nur von den Unterzeichner:innen wurde Stark-Watzinger
kritisiert. Die wissenschaftspolitische Sprecherin der Linken, Nicole
Gohlke, erklärte gegenüber der taz: „Den Vorstoß, Fördermittel als
Sanktions- und Druckmittel im Kampf gegen unliebsame Meinungen einzusetzen,
finde ich bodenlos.“
Auch Anja Reinalter, bildungspolitische Sprecherin der Grünen, meint: „Wir
müssen entschieden gegen Antisemitismus vorgehen. Allerdings irritiert mich
die Idee von Bettina Stark-Watzinger, die Streichung von Fördermitteln zu
prüfen. Das könnte […] ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte
der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit sein.“
11 Jun 2024
## LINKS
DIR [1] /Besetzungen-von-Hochschulen/!6006389
DIR [2] https://daserste.ndr.de/panorama/emailverlauffoerdermittelstreichung100.pdf
## AUTOREN
DIR Emma Tries
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