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       # taz.de -- Queerfeindlicher Angriff: Nazigeschmiere am queeren Zentrum
       
       > Unbekannte haben „NSDAP“ und „AfD“ an die Eingangstür des Bremer Zentrums
       > für queeres Leben „Rat und Tat“ geschrieben. Der Staatsschutz ermittelt.
       
   IMG Bild: Am Mittwochmorgen entdeckte der Reinigungsdienst die beschmierte Eingangstür des Rat und Tat Zentrums
       
       Bremen taz | Eine mit schwarzgrauem Stein gepflasterte Seitenstraße im
       Bremer Ostertorviertel: Gesäumt von zwei- bis dreigeschossigen
       Reihenhaus-Altbauten, stuckverziert, blühende Rosenbüsche in den
       Vorgärtchen auf der einen Seite, Pflanzschalen auf der anderen Seite auf
       den Eingangstreppen, die teils direkt an den schmalen Gehweg anschließen.
       
       In diesem innerstädtischen Idyll steht Reiner Neumann Donnerstagmittag vor
       einem Eckhaus und zeigt auf die hellgelb gestrichene Fassade im oberen
       Bereich des Hauses. „Da, über dem Fenster kann man noch die Reste sehen.“
       
       An vier, nein fünf, nein sechs Stellen erinnern gräuliche Flecken an die
       letzte Eierwurf-Attacke. „Das ist schon eine Weile her, die halten lange“,
       sagt Reiner Neumann, Vorstandsmitglied des 1982 gegründeten „Rat und
       Tat“-Zentrums für queeres Leben, das seit 1985 hier seine Räume hat. Von
       Anfang an ist das Zentrum Anfeindungen ausgesetzt. Seit Mittwochnacht
       prangt eine neue Botschaft mit Hinweis auf das NS-Regime am Eingang.
       
       Regelmäßig haben Unbekannte die Fassade beschmutzt, [1][Buttersäure in den
       Eingangsbereich gekippt], gammligen Fisch, Kot oder verschimmelte Federn in
       den Fensterschacht. Nicht alles, was passiert ist, haben die Leute von „Rat
       und Tat“ zur Anzeige gebracht. Den jüngsten Vorfall sehr wohl, der
       Staatsschutz ermittelt.
       
       ## Neue Qualität des Angriffs
       
       In 18 Fällen zwischen August 2015 und August 2022 hat die Bremer Polizei
       [2][wegen Sachbeschädigung ermittelt], in zwei wegen Beleidigung. Nicht
       aber wegen Volksverhetzung.
       
       [3][Nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuches ist dieser Tatbestand erfüllt],
       wenn jemand „gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen
       [4][wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu
       einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt]“. Doch dafür war es bisher
       offenbar nicht eindeutig genug – obwohl gezielt ein queeres Zentrum und
       dessen Nutzer:innen betroffen waren.
       
       Insofern hatte das, was die Reinigungsfirma am Mittwochmorgen an der
       Eingangstür des Zentrums entdeckt und anschließend nach Rücksprache mit
       Mitarbeiter:innen des Zentrums entfernt hatte, eine neue Qualität.
       
       „SS“, „NSDAP“, „AFD“ und darunter zwei Herzen hatten Unbekannte mit roter
       Farbe auf die verglaste Eingangstür zum „Café Kweer“ im Erdgeschoss
       geschrieben. Hier treffen sich an regelmäßigen Terminen verschiedene
       Gruppen, trans* Personen, Schwule, Lesben, mit und ohne Kinder, queere
       Werder-Fans, der Stammtisch queerer Lehrer.
       
       Am Dienstagabend war das trans* Café an der Reihe. „Und irgendwann
       danach ist das passiert“, sagt Reiner Neumann und schüttelt den Kopf. „Das
       gab es seit Ewigkeiten nicht mehr.“ Seit 1995 engagiert sich der 73-Jährige
       ehrenamtlich im Vorstand des Vereins, der das Zentrum trägt.
       
       Er sei „fassungslos“, sagt Reiner Neumann, und ja, er finde es auch
       bedrohlich. „Die sind hier bis vor die Tür gekommen.“ Einige
       Nutzer:innen hätten auch schon Mails geschrieben, sie würden sich nicht
       mehr sicher fühlen und haben angekündigt, erst einmal nicht mehr herkommen
       zu wollen. Auf der anderen Seite habe es aber viel Solidaritätsbekundungen
       in sozialen Medien aus ganz Deutschland und verschiedenen Bereichen
       gegeben.
       
       Positiv zur Kenntnis genommen haben sie im „Rat und Tat“ auch, dass die
       Polizei da war, bevor überhaupt jemand Anzeige erstattet hatte. „Die hatten
       das wohl über die sozialen Medien erfahren“, sagt Reiner Neumann. In einer
       Pressemitteilung schreibt die Bremer Polizei, der Staatsschutz ermittle
       wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
       Sie bittet Zeug:innen, sich zu melden.
       
       Am 17. Juni um 18 Uhr findet eine Solidaritäts-Kundgebung auf dem
       Marktplatz in Bremen statt
       
       14 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Anschlag-auf-queeres-Zentrum-in-Bremen/!5791354
   DIR [2] /Getruebter-Blick-der-Staatsmacht/!5356915
   DIR [3] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__130.html
   DIR [4] /Antiziganistische-Gewalt/!6014216
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eiken Bruhn
       
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